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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 1.1884

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Nr. 7 (15. Juli 1884)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29786#0069
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gehörte dagegen ohne Zweifel in das Gebiet des ehemaligen Lvb-
denganes nnd der Cent Schriesheim.
An der Knnzenbacher, früher wie gesagt Matzenbacher Höhe haben
wir nun den Ausgangspunkt des Namens Katesberk zu suchen, mährend
man bisher irrtümlich angenommen hatte, hier wäre die Stelle der
Urkunde von 773, worin es heißt ,.m Onmnosbllcft sruulniwwinN
Diese aber bezieht sich vielmehr auf die Höhe hinter Trösel, auf welcher
der (bei Weinheim in die Weschnitz fallendes Gündelbach oder Gunnel-
bach fauch mit unorganischem Einschub eines r Grundelbach) entspringt,
denn dieser und kein anderer ist jener (llumrssbcroll. Auch das aus-
gegangene, kmno 895 in dieser Gegend genannte Dorf OumienftAcli
weist darauf hin fvgl. Noir. lll. 6. XXI p>. 381).
Vielleicht war es das heutige Gorrheim (früher Gorchsheim, Georgs-
heim), oder auch die noch bestehende Mühlheimer Vorstadt bei Weinheim
lvgl. ib. p. 436 und Widder I, 329), in deren Nähe auf einem nördlichen
Borsprung des Geiersberges eine alte Wallburg, das sogenannte Raub-
schlößchen des fabelhaften Ritters Lindenschmidt liegt svgl. unsere Be-
merkungen in Picks Monatsschrift V, 454). Nicht zu verwechseln mit
Gunnenbach ist der Günzenbacher oder Schafhof bei Hemsbach, welcher
im Lorscker Eoäox III Xr. 3832 Otioonboeft heißt, ft

Htuinen.

Bekanntlich trifft der Wanderer in der schönen Pfalz gar manche
oft sehr umfangreiche Überreste ehemaliger Schlösser nnd Burgen.
Wenden wir zu diesem Zwecke nur einmal den Blick ins Elmsteiner
Thal. Ta erheben sich die Ruinen von Erphenstein, Spangenberg,
Breitenstein und Elmstein. Wir wollen übrigens heute nicht das
ganze waldumrahmte Thal bis Elmstein durchschreiten, sondern in
Breitenstein, am Fuße der gleichnamigen Burg, von welcher einst ein
Rittergeschlecht sich schrieb, Halt machen. Hier wohnt ein Förster, dem
für diesmal unser Besuch gilt. Es genügt ja am Ende, die Burgruine
aus der Ferne zu besichtigen. Beim Glase Wein von St. Martin
oder Burrweiler nnd in Gesellschaft eines kräftigen Käfebrodes — das
nicht gerade viereckig sein muß wie man es in Seebach bei Türkheim
verspeist — werden wir den Anblick der Burgruine nicht wenig lieblich
und interessant finden. Ja, je mehr du des Bacchus Gabe zusprichst,
um so lebendiger wird's für dich auf der Burg. Ter alte Raubritter
mit Gefolge ersteht neu in deiner Phantasie und du mußt sehr zurück-
haltend und vorsichtig sein, wenn er dir nicht am Ende die Besinnung
raubt und, falls Herr Rudolf von Habsburg ihn darob vor sein Ge-
richt zieht, rundweg erklärt, nicht er, sondern der Weingott sei der
Räuber gewesen. Wer will mit Raubrittern zu thun haben!
Doch, was ist das? Da ösfnet sich plötzlich die Seitentüre nnd
herein tritt wankend und schwankend, auf feinen Stock gestützt, ein Greis.
Die Erscheinung verrät einstige herkulische Kraft. Der Mann steht vor
uns wie eine gewaltige Reliquie aus längst entschwundener Zeit. Also
auch hier im Forsthause Ruinen, wandelnde Ruinen? — möchten wir
fragen; doch der Förster erklärt uns die Erscheinung. Der Eingetretene
ist sein Vater. Franz Fischer nennt er sich. Der Alte war napoleon-
ischer Soldat und hat als solcher den russischen Feldzug (Anno 1812)
mitgemacht. Bei Moskau erhielt er einen Lanzenstich und wnrde ge-
fangen, entkam aber schließlich wieder. Fischer erzählt von dem „feu-
rigen" (aber „unfähigen" D. V.) Murat und anderen. Er hat sie
ja mit Augen gesehen, diese Führer der unglückseligen, tollkühnen Ex-
pedition des titanenartigen Korsikaners. Die Polen und die Deutschen
seien die besten Soldaten der französischen Armee gewiesen, meint Fischer.
Derselbe erwähnt auch ein Ereignis, in welchen: er die Kundgebung
höheren Waltens erblickt: „Auf dem Marsche gegen Moskau", so be-
richtet der Greis, hatten wir das schönste Wetter und den klarsten
Himmel. Plötzlich wird das Firmament schwarz und ein gewaltiger
Schlag fahrt polternd durch die Luft. Das war Gottes Gericht über
Napoleon. So mußte es kommen, weil Napoleon unersättlich war, weil
er in seiner Vermessenheit sogar den Papst hatte in die Gefangenschaft
schleppen lassen." Daß somit der alte Husar auch ein alter strammer
Katholik ist, geht aus dem Gesagten hervor. Es darf dies zur Cha-

ft Auch in diesem Namen ist also später Nasalierung eingetreten, wie
oben in Kanzenbach, Kunzenbach aus älterem Kakenbach (lvuts^dsrü).

rakterisierung des Mannes nicht verschwiegen werden. Dem Leser bleibt
natürlich freigestellt, von der Vision des alten Husaren a. D. zu halten
was er will. Mir gilt hier der Satz: lckelwlw rskero.
Fischer erhielt im Jahre 1814 in Metz seinen Abschied und
fungierte später als Waldhüter in seiner Heimatgemeinde St. Martin.
Er ist jetzt 95 Jahre alt nnd kann sich nur mühsam fvrtbewegen. Auf
dem Stuhle sitzend macht er jedoch mit seinem Stocke Lufthiebe, wie
wenn er noch den Husarensäbel von wmio 12 in der Hand hätte.
Daß er, der dreimal verheiratet gewesen nnd mehreren Kindern in's
Grab gesehen, getrennt von seinen längst in den Tod gegangenen Alters-
genossen noch diesseits der Einigkeit sich befindet, kömmt ihm zuweilen
koinisch vor. dicht militärisch meint er jedoch: „Wenn keine andere
Ordre kommt, werden wir halt am Ende anch noch fortmüssen; aber
ich will nur sehen, wie es auf der Welt zugeht, wenn ich einmal nicht
mehr da bin".
Nach diesen Erpektorationen des Alten von: Breitenstein machen
wir nns auf den Heimweg mit dem Bewußtsein, an einem Tage vier
Ruinen gesehen zu haben, nämlich drei Burgruinen (Erphenstein, Span-
genberg und Breitenstein) und eine Ruine von Napoleons I. ft großer
Armee.
L. Kar! Deppisch.
Archäologisches
von Iw. C. Mehlis.
Im Folgenden geben wir eine Reihe von pfälzischen Fund notiz en
und ersuchen alle Freunde der Heimatsgeschichte nns durch freundliche direkte
Mitteilungen über neue Altertumsfunde auf dem Laufenden zu erhalten.
Dies Repertorium soll zugleich eine Ergänzung zu der demnächst erscheinenden
archäologischen Karte der Pfalz und der Nachbargebiete bilden.
Die ausführlichere Darstellung wichtigerer Fnndobjekte wird durch
diese Fundchronik durchaus nicht alteriert.
1.
Beim Kiesgraben stieß man zwischen den Gemeinden Leimersheim
Knhard, Neupfotz, Distrikt Wolfsberg, in einer Tiefe von 0,30 iu auf mehrere
Flachgräber. Dieselben ziehen in der Richtung von NW.—SO. und haben
eine Länge von circa 2 m bei einer Breite von 0,55 ur. Die Skelette lagen
im bloßen Boden. Im ersten Grabe lagen neben dem Skelett 5 Bronzeringe.
EinTorques von einem Durchmesser am Lichten von 0,14 m, ist in der Hinteren
Hälfte glatt gearbeitet mit eingeschlagenen Ornamenten (Winkellinien mit
Kreisen dazwischen), die andere ist geknöpft und endet die Schließe in zwei
pufferartigen Knöpfen, deren Platten mit rotem Email ausgefüllt sind. In
ähnlicher Knopfmanier sind die Arm- und Fußringe (Durchmesser 0,08 m und
0,06 in) gehalten: mehrere derselben sind auf einer Seite stark abgeschliffen
(vom Tragen). In den drei anderen Grübern lagen je zwei Paar Arm-
resp. Fußringe und zwei Fibeln. Letztere bilden einen Bogen mit einfacher
Rolle und nach hinten horizontal autzgezogener Nadelscheide; einen zum Bügel
zurückgedrehten Knopf haben sie nicht. Der Bügel ist gerippt. — Bon den
Knochen waren nur in der Nähe der Bronzen Fragmente erhalten, die durch
den Einfluß des Mettalles konsternirt und patinirt waren.—Diese Flachgräber
gehören nach allen Indizien der vor römisch en In-Dene-Periode an und haben
Analogien in den Grabsetzungen derselben Periode, welche Iw. Köhl im
unteren Pfrimmthale blosgelegt hat. Der Typus der Fibel bildet das
Mittelglied zwischen der spezifischen iu-Tsnk-Frbel mit znrückgeschlagenem End-
knopfe und den älteren Formen der römischen Provinzialfibet. Ein ähnliches
doch vorher vergessenes Stück rührt von der Limburg her (vergl. Mehlis
„Studien" VII. Abt. I. Tafel Fig. 3). Ob sich, wie Direktor Lindenschinit
vermutet, über diesen gälischen Reihengräbern ursprünglich Tumuli befanden,
ist nach dem Fundbestande nicht unmöglich. Bon Särgen oder Steinsetzung
fand sich jedoch keine Spur vor. — Die Gegenstände kamen in das Pro-
vinzialmuseum nach Speyer nnd bilden einen hervorragenden Schmuck desselben.
2. Brunholdisstuhl.
Der Altertums-Verein in Dürkheim läßt zur Zeit am Fuße des
Brunholdisstnhles an der südostseise der Ringmauer bei Dürkheim
Ausgrabungen machen. Der südöstliche Flügel diewc? seltsamen Menschen-
werkes bildet mit seinen an 50 Fuß Hohen Felsenstürzen einen rechten Winkel,
in dessen Scheitel ein etwa 2 Meter hoher Felsenstuhl sich befindet. Die
senkrechten Wände sind zum Zwecke, Steine zu gewinnen, ursprünglich ge-
brochen. Doch sind die Bänke zwischen den einzelnen L-teinlagen absichtlich
weggespitzt worden. Unter der jetzigen Oberfläche des an: Fuße der Fels-
maffen gelegenen Plateaus fanden sich in 1 Meter Tiefe Hohlziegel, ein stark

Noch im Jahre 1878 lebte in Forst bei Deidesheim ein in meiner
„Geschichte von Forst" verewigter Veteran, der die Schlacht bei Leipzig (1813)
mitgemacht hatte. Der Mann hieß Eiswirth nnd fungierte zuletzt als Feld-
schütze. Wenn ich nicht irre, erzählte er mir eines Tages, Napoleon sei ein-
mal vor die Fronte geritten, habe sich nach dem Befinden der Mannschaft er-
kundigt nnd das Commisbrod versucht, um zu sehen, ob die Soldaten gut
verpflegt würden. Die Erinnerung an diese klug berechnete Herablassung des
französischen Imperators that dem Greise noch in seinen, letzten Lebensjahren
sichtlich wohl.
 
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