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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 2 (15. Februar 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0010
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Ackerfeld führte mich der Weg in den buschigen Schloßbezirk,
und bald stand ich vor dem noch guterhaltenen Thorbogen, von
welchem noch unversehrt ein altes Wappen dem Ankommenden
entgegen lächelt. In Ermangelung heraldischer Kenntnisse blieb
mir des Schildes Inhalt unklar. Gleich rechter Hand erhebt
sich der riesige, gerade aufsteigende Burgfelsen, der für sich schon
einen großen Bestandteil des Schlosses bildete. Derselbe ist
fast gänzlich ausgehöhlt, zeigt allerlei Räumlichkeiten, Trep-
pen und Gänge, vom Grund bis zur Höhe. Den tiefsten Raum
bildet ein Saal, der von einem natürlichen Pfeiler getragen,
Zeugnis einer gewaltigen Arbeit darbietet. Lange, dunkle und
kühle Gänge durchkreuzen den ganzen Untergrund des gewaltigen
Felsens nach allen Seiten. Es ist dieses die eigentümliche,
Staunen erregende Beschaffenheit aller Burgen des Dahner
Gebietes. Die Aussicht von der Burg gegen Osten in ein
Waldthal mit ausgedehnten Fischweihern, wie nach den um-
liegenden Bergen und Felspartien, ist ungemein reizend, wenn
auch nicht so ausgiebig, wie auf dem „ Liud elbro nn ". Doch
liegt kindlich und vertraut das Dorf am Fuße des Burgberges,
welches Bild anderswo im Wasgaue schon seltener anzutreffen ist.
Die älteste Nachricht vom „Berwartsteine" stammt aus dem
12. Jahrhundert. Kaiser Friedrich I. schenkte an: 20. Oktober
1152 die Burg mit allem Zubehör dem Hochstifte Speyer. Als
im Jahre 1314 ein gewisser Eberhard v. Berwartstein sich
Feindseligkeiten gegen die Städte Hagenau und Straßburg
erlaubte, (nach der „Königshovener Chronik" geschah dieses wegen
Straßenräuberei) so traten am 19. April die beiden Städte zu
einem Fehdezuge zusammen und eroberten die Burg nach einer
bwöchentlichen Belagerung. Ein großer Vorrat an Lebensmitteln
und Waffen wurde darin erbeutet, die Burg selbst zerstört und
25 Mann der Besatzung nach Straßburg abgeführt. Da mit
deu Belageruugswerkzeugen feuer Zeit gegen das Schloß nichts
auszurichtcn war, ein Sturm auf dasselbe keinen Erfolg ver-
sprach, auch hinlänglicher Proviant die Gewölbe füllte, so kann
nur Trenbruch die Pforte dem Feinde geöffnet haben. Im Jahre
1347 kam die nahe Abtei Weißenburg um 800 Heller in den
freien Besitz der Burg, welche nun, wieder hergestellt, durch einen
adeligen Burgvogt gehütet und verwaltet wurde. Diese Um-
wandlung gefiel jedoch deu Herreu Heinrich und Peter-
Eck eb recht von Dürkheim, welche mit dem nahen Schlosse
Drachenfels bei dem Dorfe Busenberg begütert waren,
in keiner Weise. Beeinträchtigungen und Unbilden der manich-
fachsten Weise begannen jetzt gegen den Berwartstein. Bald
waren die Gerechtsamen der Wälder verletzt, bald gab es Streit
wegen Jagd und Fischerei, bald war die Flößerei ans der
Lauter seitens der gestrengen Herren untersagt. Es war dieses
eben die alte, ewige Reiberei gegen die begüterten, schutzlosen
Stifte und Abteien, der wir in der Geschichte jener Zeit so oft
begegnen und die immer nur durch das rohe Faustrecht Erledi-
gung erfuhr. Als die ökonomischen Verhältnisse der Weißen-
burger Abtei sich mehr und mehr verschlimmerten, so ward der
Berwartstein an einen gewissen Erhard Wyler um eine
größere Summe Geldes verpfändet, der nebenbei die Amtmann-
stelle daselbst bekleidete. Aber die Streitigkeiten danerten fort,
und der angeblich gänzliche Verfall der geistigen Zucht in der
Abtei nötigte den Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz, als
Schirmherr und kaiserlicher Landvogt im Elsaß, eine Verbesserung
vorzunehmen. Hierüber entspann sich der sogenannte „Weißen-
burger Krieg", den der Kurfürst durch die Absetzung des Abtes
begann. Weißenburgs Bürger aber stauben fest zu ihrem Abte

und verjagten die von dem Kurfürsten oktroyierten Mönche.
Zürnend belagerte Friedrich die Stadt, ohne ihr jedoch sonder-
lichen Schaden Zuzufügen. Endlich wurde über „den bösen Fritz"
von Kaiser und Papst der Bann ausgesprochen, in Folge dessen
sich Straßburg uud die auderen elsässischeu Reichsstädte auf Seite
des Kurfürsteu schlugeu. Nur Weißenburg hatte sich tapfer gegen
denselben verteidigt, so daß der damalige Kaiser Friedrich III.
ausgeruseu haben soll: „So hab' ich doch noch eine Stadt am
Rheine, die mir treu blieb!"
Dieser Weißenburger Krieg kam den Herren von Dürk-
heim auf dem nahen Dracheufelse erwünscht. Sie warteten
ja schon längst auf eine Gelegenheit, ihren Zorn an dem „Ber-
wartsteine" auszulassen. Gleich vereinigten sie sich mit dem
Kurfürsten und erstiegen, weil Kurpfalz ein Oeffnuugsrecht daran
besaß, die Burg. Der Amtmann Wyler wurde nach dem Drachen-
felse geschleppt und die Dürkheimer besetzten das bischöfliche
gebiet. Abermals entbrannte der Hader Zwischen der Abtei und
den Dürkheimern, uud pfiffig überlieferten letztere im Jahre 1472
den: Kurfürsteu, der mittlerweile des Schirmvogtamtes über die
Abtei verlustig ging, die Burg. Derselbe gab die Beute nicht
wieder aus der Hand; er setzte sich fest darin uud entschuldigte
dieses Vorgehen mit dem Hinweis, daß die beabsichtigte Ver-
besserung der Klosterzucht vorerst inkraft treten müsse. Trotz
der ausgeführten Reformation blieb er aber doch bis zu seinem
Tode in unrechtmäßigem Besitze des Schlosses, was auch noch
bei seinem Nachfolger, Kurfürst Philipp, der Fall war.
Dieser Philipp belehnte abermals widerrechtlicher Weise
im Jahr 1480 seinen Hofmarschall, Hans von Tratt, Trott,
Trapp, Tradt, auch Drat, Drot, mit dem Schlosse, unbekümmert
um die Beschwerden der Abtei. Selbst die zwei Dörfer
Schlettenbach und Bobenthal wurden dem Lehen ein-
verleibt. Fünf Jahre später verkaufte der Kurfürst das Schloß
au den Marschall für 1000 Goldgulden. Nun aber begannen
erst recht die Gewalttätigkeiten gegen Weißenburg und das
Stift, wie sie ränkevoller nicht gedacht werden können. So z. B.
legte Hans nicht weit von dem Berwartsteine im Lautertal einen
Damm an, und sperrte zu einem großen See das Wasser der
Lauter. Hoch das Tal hinauf stand das fürchterliche Element.
Plötzlich ließ er den Damm eiureißen, und die Wogen wälzten
sich das Tal gegen Weißenburg hinab, alles verheerend und zer-
störend. Von schweren Schäden heimgesucht ergriffen die Bürger
die Waffen uud belagerten deu Uebeltäter, leider vergebens, in
seiner Burg. Mittlerweile schleuderte der Papst seinen Bann-
fluch auf deu Kurfürsten und seinen Marschall, doch erst dem
Kaiser Maximilian gelang eine Versöhnung der Parteien. Nach
Uebereinkunft mußte der Sohn von Hans Tratt, welcher letzterer
inzwischen mit Tod abgegangen war, an das Kloster eine hohe
Entschädigungssumme bezahlen, die auch erfolgte. Kurpfalz er-
hielt jetzt den Berwartstein als rechtliches Eigentum, jedoch
ohne die zwei obengenannten Dörfer, die mit den Waldungen
wieder dem Kloster anheimfielen. Als weitere Lehensträger sind
bekannt: die Grafen von Sayn im Jahre 1618, und von 1641
an die Schenke von Waldenburg, welche die Burg bis zur
französischen Revolution besaßen. Ihre gänzliche Zerstörung fällt
aller Wahrscheinlichkeit nach in die Zeit des dreißigjährigen Kriegs.
Der gewalttätige Hans von Tratt fand eine Stunde südlich
seiner Burg iu der St. Annakapelle bei Niederschletten-
bach seine Ruhestätte. Der Grabstein, noch ziemlich gut er-
halten, zeigt die Jahreszahl 1503. Schade, daß das schöne
 
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