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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 11 (15. November 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0081
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Monatsschrift


für heimatliche Litteratur und Kunst, Geschichte und Volkskunde.

Nr. 11.

Neustadt a/khart^ HZ. November.

1885.

Inhalt: Dichter und Vogel, Gedicht von Johannes Hüll. — Des Schulmeisters Töchterlein, Erzählung von I. Cordins (Schluß). — Die Wappen
der pfälzischen Rittcrgeschlcchlcr, von Th. Gümbel (IV.). — Vorspiel zur Tyearer-Ausführung in Kaiserslautern zu Ehren Sr. königl. Hoheit des
Prinzen Luitpold von Bayern, von Th. K. —Stanislaus Lesczynski n Zweibrücken, von Prof. I. Rathgcber. — Aus der pfälzischen Geschichte, I., von
Johannes Hüll. — Pfälzische Litteratur, von Ur. Schmitt. — Einladung. — Briefkasten.

Singt der Vogel just im Käfig
Lebt das Haus mit ihm verträglich,
Seinem Trillern und Gezwitscher
Lauscht man gern' auf's Neue täglich.

Dichter und Vogel.

Und man wird es niemals leidig
Anerkennung ihm zu spenden,
Zuckerwerk ihm darznreichen,
Schwermut von ihm abzuwenden.

Doch den Dichter übersieht man,
Singt er auch gewählte Lieder,
Und nicht schaut nach ihm der Zeitmensch,
Ob er hungernd liegt darnieder.

Mag er sehen, wie er durchschlägt
Sich im Leben. Unbekümmert
Um sein Lied, das er geschrieben,
Kaltsinn Dichters Glück zertrümmert.

Des Schulmeisters Töchterleim
Erzählung von I. CordttlS.
Nachdruck verboten.
(Schluß.)

Damit war Lisbeth entlassen. Sie kam wohlbehalten'in
die Heimat zurück. Niemand erfuhr etwas von ihrem Schritte,
außer der Mutter und der Patin, welchen sie alles bis ins
Einzelne mitteilte. An erstere richtete sie die Bitte, dein Vater
ja nichts davon zu sagen und ihren ganzen Verdienst zur
Führung der Haushaltung von ihr anzunehmen. Mit neuem
Mute und Eifer arbeitete jetzt Lisbeth Tag und Nacht. Der
Schulmeister fragte feine Frau nicht, woher sie das Gelo nahm,
um die Haushaltung in derselben Weise wie früher fortzuführen:
er wurde immer verschlossener und düsterer, und wechselte oft

Herr des Himmels! Schenke künftig
Sangesgabe keinem Armen,
Oder mach' ihn gleich zum Vogel,
Herr, aus Mitleid und Erbarmen!
Johannes Hüll.

Tage lang kein Wort mit den Seinen. Der Name Lisbeths
wurde nicht von ihnen genannt, und auch die kleinen Geschwister
durften ihn nicht in den Mund nehmen.
So schwanden wieder einige Wochen dahin. Lisbeth und
ihre Mutter warteten mit fast fieberhafter Ungeduld und
Spannung auf eine Entscheidung von der fürstlichen Verwaltung.
Da trat ein Ereignis ein, welches durch seine tragische Be-
deutsamkeit alles andere in den Hintergrund drängte.
Eines Abends, als Karl Bolz von dem Hause der Patin
Lisbeths, vor welchem er noch regelmäßig abends auf- und ab-
zugehen pflegte, nach seiner Wohnung znrückkehrte und gegen
das reformierte Schulhaus kam, merkte er schon aus ziemlicher
Entfernung in den Schnlzimmern einen auffallend Hellen Glanz.
Sobald er näher kam, drängte sich ihm die Ueberzeugung auf,
daß dort Feuer ansgebrocheu sei. Mit dem Rufe „Feuer,
 
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