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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 4 (15. April 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0025
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Monatsschrift
für heimatliche Litteratur und Kunst, Geschichte nnd DotksKunde.


Nr, 4.
Neustadt a/L)art, f5. April.
1885.
Inhalt: Tie Samariterin, Gedicht von Emil Walther. — Der rote Handschuh, von Th. Winkler. — Die Stadt Worms, Vortrag von vr. Weckerling
(Fortsetzung). — Archäologische Notizen. — Vom Nathans zn Worms, von A. L- —Frida mit dem Humpen. — Statistik. — Eine untergcgangene
Kirche im Westrich, von F. W. Wüllenweber. — Sinnsprüche. — Brieskasten. — Pfälzischer Schriftstellerverein.
!
Die Samariterin.
Ein kleines Bild ans großer Zeit.
Vorüber ist des Kampfes Toben;
Gewonnen ist die blut'ge Schlacht;
Und um die Walstatt hat gewoben
Ihr Dämmerlicht die Moudennacht.
Wachtfeuer loh'n, und Bajonette
Und Helme blinken ohne Zahl,
Und Lagerstätt' an Lagerstätte
Zieh'n sich durch's mondbeglänzte Thal.
Doch sich, mit emsigem Beginnen
Und Walten schreiten dnrch die Reih'n
Die braven Samariterinnen,
Zu lindern sorglich Leid und Pein;
Zu spenden treu in banger Stunde
Labung und Trost mit Hand und Mund;
Und froh grüßt selbst der Todeswunde
Das rote Kreuz auf weißem Grund.
Da hallt es leise aus dem Munde
Des Sterbenden: „O Vaterland! —
O Mutter! — In der Todesstunde
Ist noch mein Herz Euch zugewandt! ....
Dir aber, die Du mich gepfleget
Und mir versüßt den letzten Schmerz,
Dir leg' ich, was mich heiß beweget
Beim Scheiden noch an's treue Herz:
Es braust ein Tosen, Lärmen, Singen,
Verworren in die Nacht hinein;
Dazwischen auf Gedankenschwingen
Fliegt wohl ein Gruß fern über'n Rhein.
Vergessen sind des Tages Grauen
Im Siegesglück; und mutig drein
Die Krieger all' und Sieger schauen. —
Lieb Vaterland, magst ruhig sein! ....
Und wieder abseits von den Armen,
Im Dämmerlicht der Mondcnnacht,
Da halten Liebe und Erbarmen
An einem Sterbelager Wacht.
Da liegt ein Krieger, fest die Hände
Aus die durchschoss'ne Brust gepreßt,
Der sich die letzte Labespende
Von einer Pfleg'rin reichen läßt.
„Grüß' mir die Heimat, grüß' vor Allen
Die Mntter mir; sag' ihr, ich sei
Im Kampf für's Vaterland gefallen;
Doch bitte, tröste sie dabei! ....
Ich war ihr alles.Sag' ihr weiter.
Daß Du bei aller Todesqual
Mich sterben sahst — getrost und heiter; ....
Du selbst, — hab' Dank, — viel tausendmal!"
Dort aber, fern von all den Gruppen,
— Dumpf dringt der Lärm des Lagers hin —
Dort steht ein halb zerschoss'ner Schuppen,
Da seufzt's und stöhnt's und wimmert's drin;
Da liegen rauh und hart gebettet
Die Helden, die mit Todesmut
Des Vaterlandes Ehr' gerettet.
Mit ihres cig'nen Herzens Blut.
CH emnitz.
Sie sorgt, als gält' es abzuringeu
Dem Tod ein Opfer, — engelmild;
Dem Tod, der schon mit leisen Schwingen
Heranzieht über's Schlachtgefild. —
Es ist so still.Nur dort, wo trüber
Noch loht des Lagers Feuerschein,
Dort tönt's, und leise klingt's herüber:
„Lieb Vaterland, magst ruhig sein!"
Es ist vorbei; — er hat vollendet.
Sie drückt ihm still die Augen zu,
Und spricht, den Blick emporgewendet:
„Gieb Du ihni, Gott, die ew'ge Ruh!"-
Uud milde Schimmer sieht man spinnen
Um's bleiche Haupt das Mondenlicht; —
Sie aber wendet sich von hinnen
Zu neuer Samariterpflicht.
Emil Walther.
 
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