Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 6.1889

DOI Heft:
Nr. 9 (1. September 1889)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29791#0067
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 6 V —

So war ich also in das St. Quirinthal*) verschlagen worden,
das nordwestlich zieht und einen Bach zur roten Saar entsendet.
Diese und ihre Schwester, die Weiße Saar, entspringen etwas
weiter westlich, unweit des kleinen Donon. Von meinem Weg-
ziel war ich jetzt noch 15 Kilometer entfernt, doch konnte ich
nicht mehr irre gehen, da ich nur umzukehren und der Straße
zu folgeu brauchte, die in entgegengesetzter Richtung nach dem
Donon führt. Dann kam ich an einigen Sagemühlen vorüber
und erhielt von den dort beschäftigten Leuten auf meine deutsche
Frage Antworten in französischer Sprache. Da merkte ich, daß
ich die Sprachgrenze überschritten hatte. Hieraus kam das Forst-
haus Markarie in Sicht; der Name (mareällm maroairw) be-
deutet „Käsehütte". Dort begegnete mir der Oberförster von
Alberschweiler, der mich auf einen Fußweg aufmerksam machte;
indem ich diesem folgte, stieg ich eine Anhöhe hinauf und ge-
langte oben wieder auf die Straße, von der ich ein größeres
Stück auf diese Weise abgeschnitten hatte. Langsam windet sich
die Straße zur Höhe des waldbedeckten Großen Donon hinauf,
um etwa 100 Meter unterhalb des Gipfels sich mit der Straße
zu vereinen, die von Schirmcck durch das Thal von Grand-
Fontaine heraufzieht. Soweit das Auge sah — nichts als
Himmel und Wald, kein Haus, keine Hütte, keine Spur von
Menschen nah und fern! Endlich um 8 Uhr abends kam ich
unter Dach und Fach und erzählte den: Förster Herrn Heyer
meine Kreuz- und Quergünge. So hatte ich an diesem herr-
lichen Septembertage die Waldeinsamkeit mit all ihrem Zauber,
mit ihren romantischen Reizen in vollen Zügen genossen. Aus
dem langen Marsche hatte ich nur 2 Sügemühlen und zwei
Forsthäuser berührt, soust war mir keine Menschenseele begegnet.
Wehe aber dem einsamen Wandersmann, der etwa unterwegs
von einer Schwäche angesallen wird oder gar im Schnee des
Winters in diesen düsteren, schier endlosen Forsten sich verirrt
— nur durch ein Wunder kann er sich retten! Für einen
richtigen Weidmann sind dies Gehege, die sein Herz erfreuen
müssen, da Wald und Wildstand nichts zu wünschen übrig lassen.
Doch fehlt es auch nicht an Wilderern in der Gegend, mit denen
die Förster in den einsam gelegenen Forsteten, wie Hengst,
Gros-Mann — letztere lag auf meinem Wege, und ich sah dort
in ein Gemach hinein, das wie eine wahre Hundinghütte mit
unterschiedlicher Wildschur und allerhand Bälgen und Geweihen
ausstasfiert war — schon manchen Strauß zu bestehen hatten.
Ein erquickender Schlaf nach vorhergegangenem Abendimbiß ließ
mich die bestandenen Strapazen leicht vergessen. Am anderen
Morgen in der Frühe hörte ich den Förster in französischer
Sprache seinen Arbeitern Weisungen erteilen und erfuhr auf
Befragen, daß dieselben von jenseits der Grenze aus den nahen
Dörfern Raon-sur-Plaine und Raon-les-Leau seien. Diese Dörfer
seien nach dem Friedensschluß zuerst an Deutschland gefallen,
aber nach einem Jahre gegen Deutsch-Avricourt umgetauscht
worden, die umliegenden Waldungen aber habe das deutsche
Reich behalten. Daher seien die Leute genötigt, herüben ihren
Erwerb zu suchen. In der Thal beschreibt die Landesgrenze
östlich dieser beiden Dörfer einen von ihrer Hauptlinie auffällig
abweichenden Zickzackbogen. Von einem Besuch des französischen
Gebietes, wozu ich große Lust hatte, riet mir Herr Heyer ent-
) Die Grenzsteine im DWGuirinforste tragen ein bestimmte- Zeichen:
in einem Dreieck befinden sich 9 kleine Kreise in dieser Anordnung x o o c /
Ähnliche Zeichen fanden sich auf den Nlarksteinen der früherenFo o o/
Laingeraidewaldungen in der Pfalz vor. — St. (Üuirin galt al-Ho/
Patron gegen Gicht. H/

schieden ab, da ein deutscher Tourist infolge des neuen Boulan-
gerschen Spionengesetzes leicht behelligt werden könne. Ich folgte
dem Rat und stieg dann auf den Gipfel des Donon, (ursprüng-
lich deutsch bcnaunt „Donnen") welcher beständig ein Lieblings-
ziel vieler Ausflügler bildet, uud zwar sind darunter viele
Franzosen, die in den Städten an der Grenze wohnen oder in
den Vogesen ihre Sommerfrische halten. Die Rundschau vom
Donongipfel gewährt im Ganzen dasselbe Landschaftsbild, welches
man vom Schneeberge vor sich ausgebreitet sieht. Nur nach
Westen trägt der Blick weiter über die lothringische Ebene.
Über den sogenannten „Tempel" und die auf dem Donon aus-
gefundenen, römischen Altertümer ist seit Schoepfflins Tlsatin
illaÄratu schon viel geschrieben worden.
(Fortsetzung folgt.)

Reste allen Maukens, alter Zillen und Zagen
in der Pfalz.
Ein Beitrag von Dr. Grünen wald.
iZortsetzungk
en vierten Festtag des Sonnengottes Balder, seine Wie-
dergeburt, feierten einst unsere Altvorderen am Tage der
^^ Wintersonnenwende, am 21. Dezember. Wenn auch un-
bewußt, hat sich die Erinnerung an diese Feier bis heute in
unserem Volke sortgeerbt. Die Nacht des 21. Dezember, „die
lang Nacht" gilt auch heute noch für eine ganz besondere und
heilige. Solange noch fleißiger gesponnen wurde, galt es für
erwachsene Mädchen als Schande die lange Nacht zu durchschlafen,
sich da „buckelig zu schlafen". Es war Ehrensache, dieselbe bis
znm Tagesgrauen, bis zum ersten Hahnschrei zu durchwachen.
Zu diesem Zwecke versammelten sich dieselben Wohl gekleidet
und geputzt in dem Hause einer angesehenen Freundin zur
Kunkelstube. Aber mit den Erfrischungen der gewöhnlichen
Spinnstube, mit Obst, Brod und Nüssen, gab man sich an diesem
Abende nicht zufrieden. Die Hausfrau mußte gegen Mitter-
nacht ein volles Mahl bereiten, zu dem die einzelnen ihre Bei-
steuer mitbrachten. Diese bestand nach dem Übereinkommen in
Fleisch, Mehl Butter, Eiern, Milch oder sonst nötigen Dingen.
Nm 8 Uhr wurde wie gewöhnlich eine Pause gemacht „um Luft
zu schnappen". Doch durste sich dieses, (auch „achte schnurre"
genannt), nicht über O4 Stunde ausdehnen Nachher wurde
wieder fleißig gesponnen, doch erhielten von jetzt an bekannte
und beliebte Burschen. Einlaß in die Kunketstube, um durch
Lieder, heitere Gespräche oder Mährchen ihren Bekannten und
Geliebten die Zeit zu vertreiben und am Mahle teil zu nehmen.
Die nicht eingelassenen Burschen suchten bisweilen heimlich einen
Speisetopf aus der Küche wegzustehlen zu allgemeiner Belustigung.
Die schlaue Hausfrau aber stellte das nächstemal dafür an den
Herd zuvörderst einen Tops, in den eine Schürze und Asche ein-
gefüllt war, und alle freuten sich über den etwaigen Raub. Nach Tisch
gab es, abgesehen von den Volksgesängen auch Spiele und sonst
anständige Kurzweil. Wer mit einem Mädchen vertrauter stand,
durste als Ehrendienst ihr „die Fase schütteln", d. h. die Hanf-
fasen, die beim Spinnen abfielen, von der Schürze Wegstreichen
und sie beim allgemeinen Aufbruch gegen morgen Heimbegleiten.
Seitdem das Spinnen selten geworden, hat auch die Feier der
langen Nacht ausgehört.
Vier Tage nach der langen Nacht folgt das erhabenste
 
Annotationen