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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 15.1898

DOI issue:
Nr. 2 (1.Februar 1898)
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pfaelzisches_museum1898/0026
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einsichtsvolle Mann, der fähige Verwaltungsbeamte, der er durchaus war, ließ sich
in seiner Habgier von einem alten Weibe bestärken, dem er in sonderbarer Schwäche
die Herrschaft über sich und sein Haus eingeräumt hatte.
Das Geld, das der Bürgermeister auf diese Weise zusammenbrachte,' genügte
seinem Geiz noch nicht. Es zu vermehren, lieh er es zu Wucherzinsen aus und mit
unerbitterlicher Strenge ließ er seinen Schuldnern die letzte Habe Wegnehmen, wenn
seine Forderung nicht pünktlich am Verfalltag beglichen wurde.
Es blieb natürlich nicht aus, daß Schönlaub wegen solcher Gewaltthätigkeiten,
die er in amtlicher Verwaltung von Vermögensbestandteilen sowohl, als auch bei
seinen Privaten Geldgeschäften beging, mitunter in Prozeßhändel verwickelt wurde,
aber er wußte die Entscheidungen des Gerichtshofes so zu beeinflussen, daß sie stets
zu seinem Vorteil ausfielen.
Das Bild, das so der Stadt dargeboten war, wurde immer häßlicher; aber
endlich mußte es sich doch einmal ereignen, daß dem Bürgermeister trotz seiner be-
trügerischen Rechenkünste ein Gegner erstand, der sich mit solcher Willkür nicht zu-
frieden gab.
Schönlaub hatte das Vermögen der beiden verwaisten Kinder des verstorbenen
Landauer Bürgers Varnhagen zu verwalten gehabt und sich gewohnter Weise ein
gut Teil davon angeeignet. Der Oheim und Vormund der Kinder, Bürger und
Metzgermeister Johannes Zweibrücker, in der ganzen Stadt der Ochsenhannes genannnt,
weil er nur Großvieh schlachtete, verstand aber keinen Spaß und forderte vom
Bürgermeister in derber Weise eine genaue Rechnungsablage. Schönlaub hatte seine
Gründe, diesem Verlangen eine Weigerung entgegenzusetzen, aber Ochsenhannes gab
nicht nach und verklagte schließlich den Bürgermeister vor Gericht. Wie immer
blieb dieser vor den französischen Richtern Sieger.
Zorn und Unmut standen dem Wackern Vormund auf der Stirn, als er nach
Anhörung des ungerechten Spruches die Gerichtsstube verließ. Unten auf der Straße
blieb er stehen, um sich das unfaßbare Urteil nochmals selbst vorzusagen, damit er
auch wirklich daran glauben könne. Aber mit dürren Worten war die Abweisung
seiner Klage ausgesprochen worden, nur zu deutlich hatte er den Spruch des Richters
vernommen; es blieb kein Zweifel übrig. Bürger Zweibrücker zermarterte sein
Gehirn, was nun zu beginnen wäre, um seinen Mündeln zu ihrem Recht und ihrem
Gut zu verhelfen.
Da klopfte ihm Jemand auf die Schulter. Erstaunt wandte er sich um und
blickte in die listig funkelnden Augen des königlichen Steuerkommissärs Lejeune.
Nun was habt ihr. Maitre Zweibrücker, Hub dieser an, ihr scheint mit dem
Spruch, der da oben gefällt worden ist, nicht recht zufrieden zu sein; ihr denkt Wohl,
daß der Bürgermeister eure Mündel doch bestohlen habe!
Ja, das ist meine Ueberzeugung; ihr müßt es wohl selbst glauben, Herr
Kommissär, da ihr den Spruch vernommen zu haben scheint und nun so richtig
meine Gedanken erratet!
Kommt mit mir, erwiderte dieser geheimnisvoll flüsternd, hier ist nicht der
Ort, darüber zu sprechen; ich will euch sogar die Beweise in die Hände liefern, um
wieviel der Bürgermeister eure Mündel, und nicht nur sie, sondern auch viele andere
Leute betrogen und bestohlen hat.
Damit zog der Kommissär den freudig aufhorchenden Mann fort und führte
ihn schließlich in seine Schreibstube. Bevor sie in diese eintraten verriegelte Lejeune
die Thüre des leeren Vorraumes sorgfältig von innen, um vor jedem Lauscher sicher
zu sein, denn was Lejeune jetzt mit dem Ochsenhannes zu verhandeln hatte, vertrug
keine Zeugen.
Nachdem der Kommissär in der Schreibstube selbst noch die Vorhänge znge-
zogen hatte, schloß er einen verborgenen Wandschrank auf und holte ein Bündel
Papiere heraus, die er mit wichtiger Miene aus den Tisch legte.
 
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