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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 15.1898

DOI issue:
[Nr. 1] [1. Januar 1898]
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pfaelzisches_museum1898/0007
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Aufgabe in Landau war aber ganz besonders geartet: Die französische Regierung
bedurfte eines Bürgermeisters, der ortskundig und dabei den eigenartigen Verhältnissen,
wie sie in Landau bestanden, gewachsen war; denn diese erforderten wegen der
Festungseigenschaft der Stadt und der vereinzelten Lage Landaus innerhalb reichs-
deutschen Gebiete?, einen Mann, der unbedingt zuverlässig, der deutschen ebensogut
wie der französischen Sprache mächtig war und womöglich der einheimischen Bürger-
schaft selbst entstammte; dabei sollte er den Landauern ein Vorbild echt französischer
Gesinnung sein. Endlich hatte man im Gerichtsschöffen Schönlaub den Mann
gesunden, der all diesen Anforderungen zu entsprechen schien. Er wurde, ohne von
den Bürgern gewählt zu sein, von der Regierung an die Spitze der städtischen Ver-
waltung berufen und überdies räumte man ihm noch außergewöhnliche Befugnisse ein.
In Ansehung seiner juristischen Bildung wurde dem Bürgermeister zugleich
das Amt eines Syndikus übertragen, obschon damals allgemein in den Städten
diese beiden Aemter getrennt blieben; denn in der Regel war ein rechtskundiger
Syndikus neben einem nicht gelehrten Bürgermeister im Amte. Bürgermeister Schön-
laub übte also zugleich das Richteramt in der Stadt aus, indem er sowohl als
Strafrichter thätig war, wie auch die erste Entscheidung in bürgerlichen Streitig-
keiten zu fällen hatte. Diese eigens für ihn mit so großen Machtvollkommenheiten
ausgestattete Stellung erhob Schönlaub zum fast unumschränkten Beherrscher der Stadt.
Des Bürgermeisters ausdrucksvolle, geistbekundende Züge und seine hohe ernste
Gestalt, die schon von selbst Achtung und Furcht kinflößte, ließen das Uebergewicht,
das er über andere Menschen so leicht zu gewinnen wußte, ob sie nun neben ihm
oder über ihm standen, sehr begreiflich erscheinen, und man brauchte dabei die Macht,
die ihm durch sein Doppelamt gegeben war, nicht einmal anzuschlagen. Seine
Arbcitsgewandtheit und sein Ueberblick, sein unermüdlicher Fleiß, wie besonders sein
Verwaltungstalent hätten ihn für seine Aemter auch wirklich sehr geeignet gemacht,
wenn der Glanz seiner Begabung nicht durch schlimme Charaktereigenschaften ver-
dunkelt worden wäre. Obgleich mit Glücksgütern reichlich gesegnet, war Schönlaub
von Geiz und Habgier ei füllt und er benützte die geistige Überlegenheit und die
Macht, die er über seine Mitbürger hatte, dazu, um immer mehr Geld und Gut
zusammenzuscharren. Es konnte daher nicht fehlen, daß Schönlaub bei Verfolgung
seiner persönlichen Zwecke auch das Recht so drehte und wandte, wie es ihm gerade
nützlich schien. Er durfte dies ungestraft wagen, weil er es ja verstanden hatte, sich
mit den französischen Machthabern auf besten Fuß zu stellen. Schon wenige Jahre,
nachdem Schönlaub sein Amt als Bürgermeister angetreten hatte, verbanden ihn
freundschaftliche Beziehungen mit hohen Regierungsbeamten, in Landau sowohl, wie
in Straßburg, wo der Sitz der Provinzialregierung war. Selbst bei den Macht-
habern in Paris und Versailles vermochte er sich von Zeit zu Zeit angenehm be-
merkbar zu machen.
Allerdings war es weder das würdevolle Auftreten, dessen sich der Bürgermeister
im Umgang mit den französischen Herren befleißigte, noch seine Gelehrsamkeit, die
ihm diese wertvollen Stützen verschafft hatten, sondern er verdankte sie den großen
Diensten, die er mehr noch als von den Franzosen erwartet worden war, dem Staat
durch sein politisches Wirken erwies. Er sah es als seine Hauptaufgabe an, das
Deutschtum in der von ihm verwalteten Stadt mit allen Mitteln niederzudrücken
und hatte damit auch wirklich Erfolg. Seit Schönlaub in Landau gebot, traten
reichsstädtische Gelüste der Landauer Bürgerschaft selten mehr zu Tage und des
Bürgermeisters Amtsführung brachte es nach und nach dahin, der deutschen Stadt
ein französisches Gepräge aufzudrücken; denn frei von jeder Schwäche Ivar er in Ver-
folgung dieses Ziels. Unerbittlich schwang der strenge Gebieter seine Geißel über
denen, die noch nicht recht an den Bestand der französischen Herrschaft glauben wollten
Es war daher nicht ausgeblieben, daß die Bürgerschaft, wenn sie auch im
Herzen noch deutsch fühlte, doch äußerlich Sitten und Gebräuche der französischen
 
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