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Das Frühjahr war jetzt da. Traumann machte alltäglich Geh-Übungen in der
freien Luft/ wobei ihn seine Verlobte führte und stützte. Mehrere Wochen hatte
es damals gedauert/ bis sie von dem Unfall erfuhr. Seitdem war sie trotz des
weiten Wegs täglich aus einige Stunden ins Spital gekommen/ um Traumann
pflegen zu helfen. Sie teilte die Zeit/ die von Arbeit frei war/ zwischen ihrem
alten hilflosen Vater und ihrem Verlobten. Da Tranmann wegen seiner verletzten
Brust in den ersten Monaten nicht viel sprechen durfte/ so saß sie oft stundenlang
neben dem Leidenden, nur hie und da einen Händedruck mit ihm tauschend. Es
war Traumanns Seligkeit, wenn er Marie bei sich wußte, wenn er ihre Stimme
vernahm, den Laut, der ihm Mut und Hoffnung einflößte. Die Heilung war
jetzt vollendet. Nach dem Rat des Arztes sollte sich Traumann zwar immer noch
eine oder zwei Wochen gedulden, bis er die Reise nach Landau unternehme, aber-
beständig war der Genesende mit seinen Gedanken dort. Während der letzten Zeit
hatte er unbestimmte Nachrichten von der Verurteilung und Verbannung Schönlaubs
erhalten. Wo sich der verbannte Bürgermeister anfhielt, vermutete der Goldschmied
gauz richtig und gedachte, ihm nötigenfalls auf dem Landgut in Rhodt einen Besuch
abzustatten. Es schauderte Traumann bei dem Gedanken, daß er vielleicht schon
in vierzehn Tagen seinen! Widersacher abermals feindlich gegenüberstehen werde,
doch schreckte er nicht vor einem solchen Unternehmen zurück. Zugleich mit seiner
Kraft hatte er auch seinen Mut und die alte Hartnäckigkeit wiedergewonnen.
Heute, wie Marie ins Hospital kam, konnte sie ihrem Verlobten eine wunder-
same Neuigkeit mitteileu, die ein Straßburger Händler von Landau mirgebracht
und kürzlich auf dem Markt erzählt haben sollte: Bürgermeister Schönlaub wäre
begnadigt worden!
Traumann glaubte zwar nicht an die Wahrheit dieser Nachricht, doch niußte
er immerhin eine solche Möglichkeit ins Auge fassen. Darum hielt es ihn jetzt
keinen Tag länger in Straßburg. Wollte er seine Ansprüche beim Bürgermeister
durchsetzen, so durste dieser nicht wieder im Besitze von Macht und Ansehen sein.
Tranmanns Entschluß war bald gefaßt. Trotzdem sein kaum geheiltes Bein noch
sehr der Schonung bedurfte, rüstete er sich jetzt zum sofortigen Aufbruch nach
Landau. (Schluß folgt.)
Verträge zrrr pfälzischen Ortsnamenkunde.
I. Die vvrderpfälzischen Ortsnamen auf „Weiler."
(Fortsetzung.)
Was nun den Ortsnamen „Burrweiler" betrifft, so haben entweder die an-
geführten urkundlichen Formen Lullsruvüre und Lalleunnlrs keinen Bezug aus das
heutige Burrweiler oder sie sind als Entstellungen des eigentlichen Namens durch unwill-
kürliche Anlehnung au den Personennamen Luollo oder Lullo anzusehen (vgl. die voraus-
gegangenen Ausführungen 2.)- in beiden Fällen haben wir uns nicht weiter mit
ihnen zu beschäftigen. Ist Luireuwilrs nur ein Schreibfehler für Bulenwilre, so
füllt diese Form mit dem erwähnten urkundlichen Lolon^vilrs zusammen. Lui, Lolch
bedeutet „Hügel", „Anhöhe",- für das auf prächtiger Höhe gelegene Burrweiler
würde dieser Name trefflich passen,- aber doch erheben sich gewichtige Bedenken.
Um.zur jetzigen Form zu gelangen, müßte man Uebergang von l in r annehmen.
Es ist ja wohl richtig, daß in der pfälzischen Mundart der Wechsel von r und l
eine häufige Erscheinung istch,- er tritt jedoch nur unter gewissen Bedingungen ein, und
5) Vgl. Liiräebol, der alte Name für Lindelbrunn: ferner die Ortsnamen Böhl, alth.
IZuUilo; Hatzenbühel — Jagdhügel: Standenbühl, früher Lteiirtenllüllel und Lteinotten-
bollel — steiniger Hügel.
b) Vgl. meine Schrift, „Der Dialekt für die Südpfalz" § 47.
Das Frühjahr war jetzt da. Traumann machte alltäglich Geh-Übungen in der
freien Luft/ wobei ihn seine Verlobte führte und stützte. Mehrere Wochen hatte
es damals gedauert/ bis sie von dem Unfall erfuhr. Seitdem war sie trotz des
weiten Wegs täglich aus einige Stunden ins Spital gekommen/ um Traumann
pflegen zu helfen. Sie teilte die Zeit/ die von Arbeit frei war/ zwischen ihrem
alten hilflosen Vater und ihrem Verlobten. Da Tranmann wegen seiner verletzten
Brust in den ersten Monaten nicht viel sprechen durfte/ so saß sie oft stundenlang
neben dem Leidenden, nur hie und da einen Händedruck mit ihm tauschend. Es
war Traumanns Seligkeit, wenn er Marie bei sich wußte, wenn er ihre Stimme
vernahm, den Laut, der ihm Mut und Hoffnung einflößte. Die Heilung war
jetzt vollendet. Nach dem Rat des Arztes sollte sich Traumann zwar immer noch
eine oder zwei Wochen gedulden, bis er die Reise nach Landau unternehme, aber-
beständig war der Genesende mit seinen Gedanken dort. Während der letzten Zeit
hatte er unbestimmte Nachrichten von der Verurteilung und Verbannung Schönlaubs
erhalten. Wo sich der verbannte Bürgermeister anfhielt, vermutete der Goldschmied
gauz richtig und gedachte, ihm nötigenfalls auf dem Landgut in Rhodt einen Besuch
abzustatten. Es schauderte Traumann bei dem Gedanken, daß er vielleicht schon
in vierzehn Tagen seinen! Widersacher abermals feindlich gegenüberstehen werde,
doch schreckte er nicht vor einem solchen Unternehmen zurück. Zugleich mit seiner
Kraft hatte er auch seinen Mut und die alte Hartnäckigkeit wiedergewonnen.
Heute, wie Marie ins Hospital kam, konnte sie ihrem Verlobten eine wunder-
same Neuigkeit mitteileu, die ein Straßburger Händler von Landau mirgebracht
und kürzlich auf dem Markt erzählt haben sollte: Bürgermeister Schönlaub wäre
begnadigt worden!
Traumann glaubte zwar nicht an die Wahrheit dieser Nachricht, doch niußte
er immerhin eine solche Möglichkeit ins Auge fassen. Darum hielt es ihn jetzt
keinen Tag länger in Straßburg. Wollte er seine Ansprüche beim Bürgermeister
durchsetzen, so durste dieser nicht wieder im Besitze von Macht und Ansehen sein.
Tranmanns Entschluß war bald gefaßt. Trotzdem sein kaum geheiltes Bein noch
sehr der Schonung bedurfte, rüstete er sich jetzt zum sofortigen Aufbruch nach
Landau. (Schluß folgt.)
Verträge zrrr pfälzischen Ortsnamenkunde.
I. Die vvrderpfälzischen Ortsnamen auf „Weiler."
(Fortsetzung.)
Was nun den Ortsnamen „Burrweiler" betrifft, so haben entweder die an-
geführten urkundlichen Formen Lullsruvüre und Lalleunnlrs keinen Bezug aus das
heutige Burrweiler oder sie sind als Entstellungen des eigentlichen Namens durch unwill-
kürliche Anlehnung au den Personennamen Luollo oder Lullo anzusehen (vgl. die voraus-
gegangenen Ausführungen 2.)- in beiden Fällen haben wir uns nicht weiter mit
ihnen zu beschäftigen. Ist Luireuwilrs nur ein Schreibfehler für Bulenwilre, so
füllt diese Form mit dem erwähnten urkundlichen Lolon^vilrs zusammen. Lui, Lolch
bedeutet „Hügel", „Anhöhe",- für das auf prächtiger Höhe gelegene Burrweiler
würde dieser Name trefflich passen,- aber doch erheben sich gewichtige Bedenken.
Um.zur jetzigen Form zu gelangen, müßte man Uebergang von l in r annehmen.
Es ist ja wohl richtig, daß in der pfälzischen Mundart der Wechsel von r und l
eine häufige Erscheinung istch,- er tritt jedoch nur unter gewissen Bedingungen ein, und
5) Vgl. Liiräebol, der alte Name für Lindelbrunn: ferner die Ortsnamen Böhl, alth.
IZuUilo; Hatzenbühel — Jagdhügel: Standenbühl, früher Lteiirtenllüllel und Lteinotten-
bollel — steiniger Hügel.
b) Vgl. meine Schrift, „Der Dialekt für die Südpfalz" § 47.