Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 15.1898

DOI issue:
Nr. 12 (1. Dezember 1898)
Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pfaelzisches_museum1898/0190
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
180

1795- denn schwerlich hat der Pächter van Recnm in diesen wenigen Monaten,
(den, ersten Abschnitt seiner Frankenthaler Thätigkeit) als die unbändigen Republikaner
und ihre Ausleerungskommission in der Stadt hausten, die Fabrik emsig weiter-
betrieben. Ohnehin hatte er ein reichhaltiges Lager übernommen nnd war dem-
nach für den Verkauf von Porzellanwaren aller Art mehr als genügend versehen.
An die Herstellung von feinem Porzellan mit sorgfältig ausgeführter Malerei mag
sich der Pächter schou im Hinblick auf sein unsicheres Vertrngsverhältnis kaum
gewagt habeu, uud fein bemalte Service, wie das hier besprochene, dürften darum
damals schwerlich entstanden sein. Aus den aktenmäßigen Darstellungen von Zais
und von Schwarz geht hervor, daß van Recnm nur bewegliches Eigentum der
Fabrik, also Warenvorräte und Inventar (auch die Formen), aber keine Gebäude
oder Thoulager iu seiueu Besitz gebracht hat, daß er sich also nur vorübergehend
als Herrn der Fabrik ansehen durfte, zumal eiue jeden Tag mögliche Veränderung
der politischen Lage seinem Schalten und Walten in der Fabrik ein jähes Ende
bereiten konnte. Anders später, als nach dem Friedcnsschluß von Campo Formiv
<19. Oktober 1797) die Franzosen als rechtmäßige Herren in der Pfalz auftreteu
konnten nnd die kurfürstliche Porzellanfabrik in Frankenthal für die französische
Ration beschlagnahmt war. Schwarz schreibt darüber:
„Als im Jahr 1797 das linke Rheinufer dauernd mit Frankreich vereinigt
wurde, wurde die Porzellaufabrik als französisches Nationalgut erklärt. Der
französische Friedensrichter Griebel von Grünstadt verkaufte die Waren uud die
Formen wiederholt an den genannten van Recnm und verpachtete die Gebäude au
diesen. Van Recnm betrieb die Fabrik noch einige Zeit fort, verlegte sie aber
spätestens im Jahre IX (1800/1801) nach Grünstadt, wo er das Schloß des Fürsten
Leiuingen gemietet hatte."
In diesem zweiten Abschnitt seines Gebietens über die Frankenthaler Porzellan-
Fabrik konnte van Recum also eher die Herstellung feinerer Waren betreiben uud
tue Entstehung unseres Services dürfte darum in die Zeit von 1797 bis 1800 zu
setzen sem.
Die Vermutung Zais' über den Ursprung der Marke VU/k' erhielt eiue Be-
stärkung durch den Umstand, daß in Frankenthal selbst mehrere Porzellanscherben
ansgegraben wurden, auf deneu diese Marke erkennbar war, auf dem eiuen davon
mit der Abweichung, daß der Kopsstrich des U auch über den Aufangsstrich des V
hinweggcht. Uebrigens traf es sich, daß noch ein anderer Keramiker, der nun ver-
storbene Sir A. Wollaston Franks, Konservator am britischen Museum iu Loudon,
selbständig auf den Gedanken kam, daß die fragliche Marke van Recnm zuzuschreiben
wäre. Er spricht dies in einer 1896 erschienenen Broschüre, betitelt: Oataloguo
ol a eolleetion ol eontinentale Uoreelain folgendermaßen aus: „Wenn die Tasse
in Frankenthal hergestellt ist, so darf die Marke van Recum zugeschriebeu werden,
der die Fabrik im Jahr 1800 kaufte."
Franks, der sich, wie man sieht, sehr vorsichtig äußert, irrt sich in der Jahr-
zahl. Es kannte wahrscheinlich die Entschließung, womit Maximilian Joser im Frühjahr
1800 aussprach, er werde seine Frankenthaler Fabrik nicht wieder in Betrieb setzen,
und glaubte darum, daß die Fabrik vorher nicht in fremden Händen gewesen sein könne.
Franks hat eben nicht daran gedacht, daß die Herren Franzosen, wenn sie bei uns
die Gewalt hatten, mit fremden Besitz umgingen, wie es ihnen beliebte.
Die übereinstimmenden Urteile von Zais und Franks im Zusammenhalt mit
den Frankenthaler Scherbensunden und den übrigen Anzeichen liefern wohl die
Gewißheit, daß die Marke VUU wirklich Frankenthaler Porzellan bezeichnet uud
zwar solches aus der Zeit der französischen Herrschaft, als die kurfürstliche Fabrik
iu den Händen Peter van Recums war.
Hiezu kommt nun aber noch eine weitere Bekräftigung durch die Geschichte
unseres Services. Dieses entstammt nämlich der Familie Bordollo. (Ich erwarb
 
Annotationen