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Pfisterer, Ulrich; Donatello
Donatello und die Entdeckung der Stile: 1430-1445 — München: Hirmer Verlag, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.57354#0324

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del principe verdankt seine Entstehung der Tatsache, daß eine ähnliche sati-
rische Lehrschrift aus der Antike nicht überkommen ist. Hier expliziert
Alberti im Prooemium ausführlich seine Theorie, daß die Behandlung von
»res novas, inauditas« nur den außerordentlichen ingenia zukomme.146 De
Pictura mit seiner materiae novitas steht also zumindest in dieser Hinsicht
in einer Reihe von Schriften des Humanisten Alberti, der durch Bearbeitun-
gen diverser neuer Stoffe sein Ingenium zu demonstrieren und literarischen
Ruhm zu erringen sucht.147 148
Dazu kommt sicherlich der große - für die spezifische Form der Nieder-
schrift des Traktats jedoch keinesfalls allein hinreichende - Eindruck, den
die neue Kunst eines Masaccio, Donatello und Brunelleschi hinterließ und
der sicherlich mit ausschlaggebend war für die eigenen Versuche Albertis in
Malerei und Skulptur: die Porträts seiner Freunde, die Selbstbildnisse und
die in Rom wegen ihrer Perspektivwirkung bestaunten miracula picturaed^
Doch muß sein Interesse für die Bildenden Künste jüngsten Datums gewe-
sen sein. Es dürfte nach den zurückhaltenden Äußerungen in der Abhand-
lung De commodis litterarum atque incommodis (1428) anzusetzen sein
und resultierte sehr wahrscheinlich unmittelbar aus Albertis erstem Flo-
renzbesuch im selben Jahr. In den De commodis erscheint die Beschäftigung
mit Malerei noch an marginaler Stelle nach Pferde- und Hundezucht, Sport,
Kleidung, Jagd und ähnlichen Ablenkungen des Gelehrten von den eigent-
lichen Studien.149
Alberti schreibt also weder 1435 De Pictura noch Jahre später De re
aedificatoria nach langer Kenntnis der Praxis, sondern - soweit nachzu-
vollziehen - relativ zu Beginn seiner jeweiligen Beschäftigung mit Malerei
146 Alberti, Momus, 2-9.
I4/ Bereits Vitruv nennt als eines seiner Motive für die Niederschrift von De arcbitec-
tura den Nachruhm (VI, praef. 5): »Sed tarnen bis voluminibus editis, ut spero, etiam
posteris ero notus.«
148 Nach Albertis eigener Aussage in De Pictura, I, §11,26-27; I, § 19, 36-39, und
Vita, 72f.; von den miracula picturae oder auch demonstrationes gab es Tag- und Nacht-
ansichten. - Dazu Ulrich Middeldorf, »On the dilettante sculptor«, in: Apollo, 107 (1978),
310-322 (nach Middeldorf 1979-1981, Bd. 3,173-202); zuvor hatte Schlosser 1929
in extremer Einseitigkeit diesen Standpunkt vertreten; vgl. auch Katz 1977; Pfisterer
1998.
149 Alberti, De commodis, § 25-30 sprechen die Wissenschaften zum Gelehrten: »Si
ingenia, picturam, formas exquiras, inquient discipline: - Hac tu nos occupatione defrau-
das, te nos maximarum rerum cognitione privabimus -? |... ] Itaque si amena omnia valent
animurn studiosorum distrahere a studiis, sive (ut videre licet) amenissima studiis litterarum
nocent, sive ab illis omnibus litterati se abstineant oportet, que idcirco hominum vita quam
istorum litteratorum asperior poterit comperiri?« Albertis Zusammenstellung würdiger und
angenehmer Freizeitbeschäftigungen folgt dabei antiken Vorgaben. Die Aufnahme der Bil-
denden Künste in die Auflistung verrät daher noch kein besonderes Interesse an diesen.

324 V. Leon Battista Albertis De Pictura
 
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