Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Monatsblätter für christliche Kunst II. Jahrgang, 1. Heft, Oktober 1909
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang inkl. Frankozustellung M 3.—

ÜBER DIE
KOSTEN ARCHITEKTONISCHER
ENTWÜRFE
Man hat sich in neuerer Zeit mehr und
mehr daran gewöhnt, nicht nur bei
grösseren Aufgaben der Baukunst, sondern
auch bei bescheideneren Arbeiten auf dem
Gebiete des bürgerlichen Bauwesens den Rat
künstlerisch und technisch gebildeter Archi-
tekten in Anspruch zu nehmen. Während
man sich früher in der Regel — namentlich
auf dem Lande zeugen nicht wenige Denk-
mäler in Gestalt von Schulen, Rathäusern und
Kirchen von diesem Zustand — irgend einem
Maurermeister, bei Kirchenbauten vielleicht
einer „Kunstanstalt“ an vertraute, wenn sich
die Baulust regte, sehen wir jetzt allenthalben
Gebäude entstehen, die uns durch ihr Äusseres
schon bekunden, dass sie ihr Dasein einem
Architekten verdanken. Mit diesem Fortschritt
hat leider die Erkenntnis von dem materiellen
Wert geistiger Arbeit nicht gleichen Schritt
gehalten, und man begegnet oft noch Begrif-
fen über die Höhe der Honorierung architek-
tonischer Arbeiten, die als absonderlich be-
zeichnet werden müssen. Viel mag hierzu aller-
dings das Gebahren jener Baugeschäfte bei-
tragen, die jederzeit erbötig sind, Entwürfe
und Baupläne „umsonst“ anzufertigen, natürlich
wenn ihnen die Ausführung übertragen wird
und sie auf diese Weise durch entsprechende
Zuschläge wieder auf ihre Rechnung kommen.

Der Architekt, d. h. derjenige, der gestützt
auf eine entsprechende Vorbildung und Er-
fahrung sich ausschliesslich mit der Anferti-
gung von Entwürfen und Plänen sowie der
Beaufsichtigung der Ausführungsarbeiten be-
fasst, kann natürlich die von ihm produzierte
geistige Arbeit nicht „umsonst“ abgeben, son-
dern wird sich für seine Tätigkeit von dem
Bauherrn, dessen wirtschaftliche Interessen er
zugleich bei Abschluss der Verträge usw.
wahrt, entsprechend honorieren lassen. Für
die Höhe dieses Honorars werden in der
Regel die sogenannten Normen (Gebühren-
ordnung der Architekten und Ingenieure, auf-
gestellt vom Verein deutscher Architekten und
Ingenieurvereine, Verband deutscher Zentral-
heizungsindustrieller usw.), massgebend sein.
Diese Normen enthalten zunächst allgemeine
Bestimmungen, welche die Grundsätze für die
Bemessung der Gebühren, ferner den Zahlungs-
modus usw. festlegen, als zweiten Teil genaue
Angaben über die Höhe der Gebühren.
Die letzteren werden im allgemeinen nach
der Höhe der Bausumme berechnet, und zwar
für Vorarbeiten und Ausführungsarbeiten ge-
trennt. Sie drücken sich aus in Prozenten der
Bausumme und werden bestimmt nach zwei
Momenten, der Qualität der Arbeit und der
Höhe der Bausumme.
Bezüglich der Qualität der Arbeit unter-
scheidet man fünf Gruppen von Bauten. Die
erste Gruppe enthält alle Bauten, welche zunächst
keinen Anspruch auf künstlerische Durchbildung
 
Annotationen