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Monatsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandwerk
II. Jahrgang, 9. Heft, Juni 1910
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des Jahrgangs inkl. Frankozusteliung M3.—

KÜNSTLERWETTBEWERBE
(Schluss)
Schwieriger in einer Beziehung, in anderer
Hinsicht leichter zu lösen war die Aufgabe
für Achdorf, einen Vorort von Landshut;
schwieriger, weil es sich uni ein minder ein-
faches Projekt als das vorhin besprochene han-
delte, leichter, weil bei der Grösse des Pro-
jekts und der Höhe der bereitstehenden Mittel
der freien Betätigung der künstlerischen Phan-
tasie ein grösseres Feld geboten war.
Das Preisausschreiben gestattete den Bewer-
bern für den Neubau die Wahl von Renais-
sance-, Barock- oder auch von neueren Formen.
Für den Rohbau einschliesslich Verputz und
Tünchung waren JL 140,000 verfügbar. Hin-
sichtlich des Gesamtbildes war eine vorüber-
führende Eisenbahnlinie zu berücksichtigen.
Das Schiff der Kirche sollte möglichst pfeiler-
frei sein, also einen einheitlichen Raum bilden
und 1000 Personen Sitzplätze gewähren; die
Plätze für die Kinder sollten in die Nähe des
Hochaltars kommen. Auch war ein Oratorium
für etwa 12 Ordensschwestern vorzusehen und
auf reichliche Lichtzuführung zum Presbyterium
Bedacht zu nehmen. Eine Beichtkammer für
Schwerhörige und eine Paramentenkammer
sollten von der Sakristei zugänglich sein. Die
Skizzen waren im Massstab 1 : 200 zu halten.
Für Preise standen Jt 1300 zur Verfügung.
Äusser der Jury der Deutschen Gesellschaft
für christliche Kunst und zwei kooptierten

Architekten gehörten dem Preisgericht drei
Vertreter des Kirchenbauvereins Achdorf an.
Von 26 eingesandten Entwürfen schieden
beim ersten Rundgang neun, beim zweiten eben-
soviele, beim dritten nochmals zwei aus. Für
die sechs noch bleibenden Entwürfe sollten
nach einstimmigem Beschluss drei Preise und
drei Belobungen erteilt werden. Da man nach
eingehenden Untersuchungen zu der Über-
zeugung gekommen war, dass die zwei besten
Entwürfe, nämlich die mit dem „Monogramm
Mariä“ und mit „Altbayrisch“ bezeichneten,
an praktischem und künstlerischem Werte ein-
ander gleichstanden, beschloss man einstimmig,
den angesetzten ersten und zweiten Preis für
die genannten Entwürfe zu vereinigen und den-
selben zu gleichen Teilen zuzuerkennen. Der
dritte Preis entfiel auf den Entwurf „Achdorf“.
Das Projekt „Monogramm Mariä“ (Abb.
Seite 66) berücksichtigt recht gut die ge-
gebenen Vorschriften. Der Raum ist, soweit
es sich aus den Zeichnungen erkennen lässt,
praktisch und schön und erfüllt damit die
Hauptbedingungen, die immer an einen Raum
zu stellen sind: Zweckmässigkeit und Schön-
heit.1) Das Äussere des Entwurfes gibt, be-
sonders von der Chorseite betrachtet, einen
würdigen und recht gefälligen Eindruck. Die
Paramentenkammer und das Schwesternora-
In einer der folgenden Nummern soll in einem be-
sonderen Aufsatze das Thema Raumschönheit und Raum-
sehen behandelt werden
 
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