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Monatsblätter für christliche Kunst II. Jahrgang, 2. Heft, Nouember 1909
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang inkl. Frankozustellung M 3.—

ÜBER AKUSTIK DER KIRCHEN
Von Hugo STEFFEN, Architekt
(Schluss)
ass Holzbalkendecken, desgleichen Rabitz -
wände eine bessere Akustik gewährleisten
als gewölbte Steindecken, ist leicht einzusehen.
Merkwürdig erscheint dagegen die gute aku-
stische Wirkung der Eisenbetondecken.
Durch den neuzeitlichen Eisenbetonbau wird
ja auch in keiner Weise die Würde eines
Gotteshauses geschädigt. Die altberechtigten
Konstruktionsweisen dürfen hiernichtals Hemm-
schuh auftreten und ersterem entgegengestellt
werden. So ist z. B. die Rupertuskirche in
München eine vortreffliche Leistung des
modernen Eisenbetonbaues in kirchlicher Be-
ziehung. Gurlitt ist der Ansicht, dass im all-
gemeinen eine noch bessere Akustik durch
Aufbringung einer Strohlehmschüttung auf die
Betongewölbe erzielt werden kann.
Manche amerikanische Kirchen zeigen sogar
offene eiserne Dachstühle; dieselben sind künst-
lerisch durchgeführt und mit allen Mitteln der
Technik akustisch gut ausgeprobt. In Deutsch-
land ist mir eine solche Anordnung nicht be-
kannt und wird wohl auch kaum zur Einfüh-
rung kommen.
Nicht zuletzt möchte ich noch auf eine aus-
gezeichnete, gutbewährte deutsche Erfindung
zur Abhilfe der Echoerscheinungen hinweisen.
Es ist der Korküberzug „ Auris “, der an zahl-
reichen gewölbten Kirchen durch den inzwischen
verstorbenen Erfinder, Oberbaurat H. Dol-

metsch in Stuttgart, zur Ausführung gebracht
wurde. Unter anderem bewährte sich dieses
Mittel bei der neuerbauten Markuskirche in
Stuttgart glänzend. Deren Mittelschiff hat eine
Breite von 14,7 m und eine Höhe von 13,35 m.
Es ist mit einem korbbogenförmigen Tonnen-
gewölbe und daran anschliessenden Kreuzge-
wölben in Eisenbeton überdeckt, eine Form,
die sich in akustischer Beziehung als sehr ver-
werflich erwiesen hat. Durch den an Decken
und Wänden angebrachten Korküberzug wurde
die Echowirkung vollständig aufgehoben und
hört man sogar noch den Geistlichen in der
36 m von der Kanzel entfernten letzten Kirchen-
bank ganz vorzüglich.
Baumaterial, Wand und Fussboden, deko-
rativer Schmuck, Bilder usw. spielen eben in
akustischer Hinsicht eine grosse Rolle, ja,
letztere sind, wie schon gesagt, oft ausschlag-
gebend.
Wo ist aber vor allem die Predigtkanzel
am besten aufzustellen? Die Angaben und
Meinungen, wie weit eigentlich unter normalen
Verhältnissen in einem Gotteshause die Pre-
digt gut verstanden werden kann, gehen, wie
bei vielem anderen, sehr auseinander. Der
kunstwissenschaftlich hochgebildete Architekt
Baurat Dr. Mothes gibt die Hörsamkeit eines
Kirchenraumes in Form einer Ellipse bis 25 m,
nach der Seite 10 m und nach rückwärts 7 m
an. C. W. Haase, Schäfer, selbst Viollet-le-
Duc hielten von allen derartigen Aufstellungen
wenig; es hängt auch besonders bei der Aku-
 
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