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Monatsblätfer für christliche Kunst II. Jahrgang, 5. Heft, Februar 1910
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang inkl. Frankozustellung M 3.—

ÜBER DIE ENTWICKLUNG DES
KIRCHENGRUNDRISSES.
Von II. BOGNER-Regensburg.
(Schluss.)
Hierzu die Abb. S. 34 — 38.
Im Beginn des 2. Jahrtausends hatte man
sich auf das vorher festgelegte Bauschema der
Basilika beschränkt. Kein Wunder, dass man
in verhältnismässig kurzer Zeit in Grundriss
wie Aufbau zu prächtigen Gestaltungen ge-
langte. Das Kreuzgewölbe beeinflusste jetzt
wesentlich die Form des Grundplanes, denn
dasselbe übt Druck nur auf vier Punkte aus, ver-
langt hier kräftige Stützen und bedingt, weil
rundbogig, gleiche Länge und Breite des über-
deckten Raumteils, fesselt also die Grundriss-
einteilung an das Quadrat. Deshalb mussten
im Rundbogen- oder romanischen Stil (1000
bis 1250) die Seitenschiffe entweder genau so
breit oder halb so breit sein wie das Mittel-
schiff. Über die Flucht der Seitenschiffmauern
sprang ein Querschiff von gleicher Breite wie
das Mittelschiff vor. Im ganzen blieb diese un-
wandelbare Einheit ein Jahrhundert lang be-
stehen. (Vgl. Abb. S. 36 unten u. S. 37.)
Das Raumbedürfnis für die wachsende Zahl
der Geistlichkeit veranlasste nun, dass allge-
mein die Apsis nach Osten hinausgerückt
wurde, also nicht mehr unmittelbar an das
Querhaus anstiess. So entstand hier an Stelle
der kleinen halbrunden Chornische ein geräu-
miger Chor und die Kreuzform wurde zum

Grundschema des christlichen Kirchenbaues.
Zugleich erhielt die quadratische Vierung, in
welcher sich Lang- und Querschiff überschnei-
den, eine besondere architektonische Bedeutung,
die sich nach aussen durch einen stattlichen
Vierungsturm kund gibt. Das Schiff ist in der
Regel länger als drei Vierungsquadrate. Häufig
setzen sich auch die Abseiten (Seitenschiffe)
über das Querschiff hinaus als Nebenchöre
fort. Letztere wurden in der sächsischen Bau-
schule zur allgemeinen Übung. Grosse Abteien
und Kathedralen haben oft zwei Chöre, nämlich
einen an der Ost- und einen an der Westseite.
Doppelchörige Anlagen bildeten ein Lieblings-
motiv der Benediktiner von Fulda. Auch ein
doppeltes Querschiff kommt vor.
Die Zisterzienser haben das Schema ihrer
Kirchen so festgestellt: kreuzförmige Basilika
mit rechteckigem, also gerade abschliessendem
Altarhaus, dem rechts und links je zwei Kapellen
sich anfügen.
Das Auftreten mehrerer Bogen von ver-
schiedenen Seiten her auf einen Träger führte
schon frühzeitig (775 Krypta von S. Fermo
maggiore zu Verona) zu kreuzförmigen und
in romanischer Zeit zu den gegliederten
Pfeilern. (Abb. S. 34.)
Nicht wenige romanische Kirchen sind mit
einer Krypta versehen. In diesem Falle ist
der Fussboden des Chores um einige Stufen
erhöht.
Vielfache Versuche zur Befreiung von der
erwähnten Quadrateinteilung erzeugten meist
 
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