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Der Pionier — Band 4.1911/​1912

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6. Heft, März 1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.56250#0045
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Monatsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandwerk
IV. Jahrgang, 6. Heft, März 1912
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des Jahrgangs inkl. Frankozustellung M3.—

BRIEF AUS ÖSTERREICH
(Schluss)
An der genannten Stelle weist das Wiener
Diözesanblatt noch auf einige andere Punkte
hin, die bezeugen, dass die Kirche den Schutz
der kirchlichen Denkmäler als wichtige eigene
Angelegenheit betrachtete. So legt der Bischof
dem Priesteramtskandidaten während der Weihe
zum Ostiarius bei der Zeremonie der Schlüssel-
übergabe ans Herz: „Handle so als einer,
der Gott Rechenschaft ablegen muss für jene
Gegenstände, welche mit diesen Schlüsseln
verwahrt werden.“ Und an anderer Stelle sagt
der Bischof bei gleichem Anlass zu den Kan-
didaten: „Sorget also dafür, dass nicht durch
eure Nachlässigkeit etwas von den Dingen,
die innerhalb der Kirche sind, zugrunde
gehe. “
Dazu kommen die strengen Erlasse der
einzelnen Diözesanbehörden. Ich kann mir
nicht versagen, den weisen und von warmer
Liebe zur kirchlichen Kunst eingegebenen Erlass
des Hochwürdigsten Herrn Bischofs von Linz
vom Jahre 1905 als ein Beispiel anzuführen:
Ich sehe mich veranlasst . . . allen ehrwürdigen
Kirch en Vorstellungen .... nachstehende Punkte
unter strengster per sö nli cher II af tbarmachun g
der einzelnen Kirchenvorsteher zur genauen Beachtung
einzuschärfen:
1. Es darf ohne Erlaubnis des bischöflichen Ordinariates
kein Altar oder Altaraufsatz, Kanzel, Kreuzweg,
Taufstein usw. abgetragen und aus der Kirche ent-
fernt werden.

2. Es darf ohne solche Erlaubnis kein Stück eines
bereits abgetragenen Altares, also Bild, Statue, Schnitz-
werk und dergleichen verkauft werden.
3. Desgleichen ist ohne eingeholte Erlaubnis strengstens
verboten der Verkauf oder die Vertauschung alter
Paramente, Stickereien, Spitzen und dergleichen,
ebenso der Verkauf von heiligen Gefässen, Reliquia-
rien usw. Bezüglich aller dieser vorgenannten
Objekte gilt das Verkaufsverbot in ganz gleichem
Grade, ob dieselben in der Kirche noch Verwendung
haben oder nicht, ob sie Kunstwert zu haben scheinen
oder nicht.
Wo vernünftige und wichtige Gründe zur Ver-
äusserung einzelner Objekte vorhanden sind, wird
die Erlaubnis vom bischöflichen Ordinariate ohnedies
in legaler Weise servatis servandis erteilt werden, e i g en-
mächtig aber darf sie in keine m Falle geschehen.
Um diese Bestimmungen zur gründlichen Durch-
führung zu bringen, ist es notwendig:
1. Dass in jeder Kirche ein sorgfältig angelegtes In-
ventar aller zur Kirche gehörigen beweglichen und
unbeweglichen Objekte geführt werde;
2. dass dieses Inventar, sowie die ganze Kirche und
alle zugehörigen Lokale, Sakristei, Paramentenkammer
usw. jährlich von den II er ren D e c h a n te n einer
gründlichen Visitation unterzogen werde;
3. dass auch die Mesner und Kirchendiener strenge
überwacht und ihnen jewede Veräusserung wenn
auch scheinbar noch so geringfügiger Objekte
strengstens verboten werde.
Altertumshändler, welche etwa vorsprechen und die
Kirchengegenstände zu sehen wünschen, sind a limine
abzuweisen. Besondere Aufmerksamkeit ist in dieser
Hinsicht zur Zeit der Erkrankung eines Herrn Pfarrers
und der Vakatur einer Pfarre erforderlich.
Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass in meiner
Diözese ein Fall von Übertretung vorstehender Bestim-
mungen nicht vorkommen werde.
 
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