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Aktion statt Komposition?

»Ab einem bestimmten Zeitpunkt erschien
einem amerikanisehen Künstler nach dem ande-
ren die Leinwand als Arena des Handelns und
weniger als ein Raurn, in dem ein wirklicher
oder imaginierter Gegenstand abgebildet, ge-
staltet, analysiert oder >ausgedrückt< werden
sollte.«1 Mit diesen Worten prägte der Kunstkri-
tiker Harold Rosenberg 1952 den Begriff >Ac-
tion Painting<, der heute vor allem mit dem Werk
Jackson Pollocks verbunden wird. Als >Action
Painter< ist Pollock zur Leitfigur der ersten ame-
rikanischen Avantgarde geworden, die eine
zweihundertjährige französische Vorherrschaft
auf dem Gebiet der modernen Kunst beendete.
Zwiespältig allerdings klingen die zeitgenössi-
schen Kommentare, welche den frühen Erfolg
einer Malerei begleiteten, die mit allen Normen
klinstlerischer Komposition zu brechen schien.
In Rosenbergs Artikel findet sich auch das böse
Wort von der »apokalyptischen Tapete«2; im Wo-
chenmagazin Life machte Pollocks Kunst zwi-
schen bunten Reklametafeln schon im August
1949 Schlagzeilen, allein wegen ihrer unge-
wöhnliehen und somit skandalträchtigen Her-
stellungsweise, und daß Pollocks wilde Bilder
angeblich einem permanenten Alkohol-Deli-
rium ihre Entstehung verdanken, gehört zu den
Gemeinplätzen der Literatur.3
Auch für heutige Sehgewohnheiten stellt das
Düsseldorfer Bild >Number 32, 1950< (Falttafel)
noch immer eine Herausforderung dar, die mit
eben jenen Verdachtsmomenten gegen eine
bloß dekorative oder provokatorische Bedeu-
tung zusammenhängt. Vielfach verschlungene,
teils ineinander verwobene, teils locker ge-
streute schwarze Farbformen lassen sogleich er-
kennen, daß sie nicht im herkömmlichen Sinne
gemalt sind. Pollock hat weder an einer Staffelei

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