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Flachheit als Theorie?

Hinter dem Bild des Künstlers in den Medien
trat das Werk zurück. Aus dem Blickfeld geriet
der kunsthistorische Kontext des Drip Painting.
Erst in diesem Zusammenhang aber zeigt sich,
daß >Number 32< ein Entwicklungsgesetz der
modernen Malerei zu einem radikalen End-
punkt führt und einem grundlegend gewandel-
ten Bildverständnis den Weg bereitet, das noch
die Kunst unserer Gegenwart bestimmt.

Bobert Rosenblum sah Pollocks Drip Painting
als Höhepunkt einer romantischen >Nordroute<
der Malerei an und folgte somit der metaphysi-
schen Prämisse des Action Painting und seiner
antifranzösischen Tendenz.92 Kein Zweifel be-
steht jedoch, daß Pollocks künstlerische Lei-
stung auf sämtlichen Traditionen der klassischen
Moderne aufbaut und sornit auch die französi-
sche Linie nicht außer acht zu lassen ist. Auf
Pollocks Beziehung zum Surrealismus ist schon
hingewiesen worden. Mindestens ebenso wich-
tig ist das Erbe des KubismusL Braque und Pi-
casso hatten zwischen f910 und 1912 anders als
der >abstrakte Expressionist< Kandinsky die ho-
mogene Bildräumlichkeit systematisch destm-
iert. Die Fragmentiemng des Sujets in zahlrei-
che geometrische Fagetten ließ Reminiszenzen
an den natürlichen Raum - Boden, Horizont
und Himmelsbereich - nur noch eingeschränkt
zu, so daß das Bildfeld als gestaltete Ebene ins
Bewußtsein rücken konnte. Greenberg hat hier
den historischen Ansatz zum All over entdeckt
und zugleich die konsei'vative Tendenz des Ku-
bismus betont, welche erst die amerikanische
Nachkriegsmalerei abgeschtittelt habe.93 Jenes
traditionelle Moment besteht im HelldunkeP,
mit dessen Hilfe die akademische Malerei Figu-
ren und Gegenstände modellierte und räum-
liche Illusion herstellte. Picassos Akt von 1910

28 Pablo Picasso, Kubisti-
scherAkt (>Nu<), Federin
Schwarz auf weißgrauem
Zeichenpapier, 1910,

31,5 x 20,9 cm, Staats-
galerie Stuttgart.

Das Sujet wirdfragmen-
tiert, Figur und Grund
verschränkt, das Bild als
Fläche deutlich.

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