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hätten einen figiirlichen, symbolischen Inhalt,
der im Bilde nur nicht mehr in Erscheinung
trete.77

Diese Strategien, das Bild zugunsten einer in-
haltlichen Deutung transparent zu machen, zei-
gen, auf welche Weise das Drip Painting ein
tiefeingewurzeltes Bildverständnis aus den An-
geln gehoben hat. Die für das Alltagsverstehen
selbstverständliche Trennung von Form und In-
halt, Zeichen und Bezeichnetem läßt sich an
>Number 32< in keiner Weise mehr vollziehen,
ohne daß entscheidende Qualitäten des Bildes
vemachlässigt werden. Neben der Abstraktion
trägt die verwandelte Bildräumlichkeit zum Ver-
sagen herkömmlicher Erklämngsansätze bei.
Die Farbformen sind weder voneinander abzu-
grenzen noch heben sie sich als Figuren vor
einem Hintergmnd ab, wie etwa Schriftzeichen
sich als Bedeutungsträger gegenliber dem Pa-
piergmnd behaupten. Auch die oftmals bemüh-
ten Korrespondenzen zur Kalligraphie und der
gerade für >Number 32< reklamierte graphi-
sche Charakter reflektieren nur den Wunsch,
Pollocks Werk >lesen< zu können. Die für einen
solchen literarischen Charakter des Bildes uner-
läßliche eindeutig räumliche Wirkung ist in
Wahrheit nicht vorhanden. Wie oben beschrie-
ben verändert sie sich je nach Position und Ab-
stand, setzt also keine vom Betrachter unabhän-
gigen Kategorien und Maßstäbe der Wertung in
Kraft.

High and Low oder: Verlust der Mitte

Wie ihre Verfechter machten auch erklärte Geg-
ner der Moderne die Natur zum Maßstab der
Kunst, beklagten allerdings das Übermaß an
>wirklicher<, d. h. durch keine übergeordneten

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