Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Ornament als postmodernes Erbe

Das gängige Mißverständnis von Polloeks Drip
Painting als dekorativer Meterware entsprach
dem schon der klassischen Moderne geltenden
Urteil Sedlmayrs, abstrakte Malerei regrediere
zum leeren Muster.110 Je nach Standpunkt
konnte dieser Vorwurf der Integration von
Pollocks Werken in die Modewelt oder aber als
Pointe nach dem Motto >Kinderhände be-
schmieren Tisch und Wände< (Abb. 34) karikie-
rend eingesetzt werden. Die Verachtung des
>bloß< Dekorativen ist aber wiederum nur die
Kehrseite der utopischen Aufwertung des Orna-
ments durch die frühe Modeme. Das in zahlrei-
chen Pollock-Witzen und -Kommentaren wie-
derkehrende Verdikt gegen die Abstraktion als
leeres Muster geht historisch zurück auf die Er-
fahrang der imitierten Ornamente, mit denen
die Fabrikproduktion seit der Mitte des 19. Jahr-
hunderts massenhaft und in beliebiger Stilart
und Technik die Gebrauchsgegenstände über-
zog. Das Bemißtsein der Avantgarde konstitu-

34 »Ah! Come in - we’re
decorating.« Karikatur
aus: Punch, 5. Juli, 1961.

66
 
Annotationen