Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 6.1883

DOI issue:
Litteraturbericht
Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/repertorium_kunstwissenschaft1883/0289

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Litteraturbericht.

203

akademie (Abb. zu p. 94) dadurch näher zu bestimmen, dass letztere als das
Bildniss eines der beiden, damals doch bereits gegen 40 Jahre alten Brüder
Baumgartner betrachtet wird, erscheint als ein etwas gewaltsamer und wenig
befriedigender.
Die Aufschrift über dem Bildniss des dicken Mannes im Turban, von
1508, im Britischen Museum (Sloane Collection Nr. 27; Ephrussi p. 158, Anm.)
habe ich abweichend von Ephrussi gelesen: hye conrat verkeil altag. — Auf der
Kreuzabnahme in Bremen (p. 172) ist das Datum 1512 statt 1513 zu lesen;
desgleichen auf dem Brustbild eines Mannes in reichem Barett, im Britischen
Museum (Sloane 44; Ephrussi p. 180) 1516 statt 1515.
Merkwürdig ist, dass Dürer im Jahre 1514 mehrfach italienische Re-
miniscenzen wieder auftauchen lässt. Auf einer Federzeichnung des Berliner
Gabinets, die einen Narren, einen Bauern und anderes durchaus nicht Zu-
sammengehörendes zeigt (Ephrussi p. 187), kehrt in der Gestalt eines Jünglings,
der einen Pfeil empor hält, dasselbe Mantegneske Motiv wieder, welches wir
bereits auf dem Florentiner Skizzenblatt constatirten. Die Figuren dreier
Türken (bei Mr. Malcolm), die er einst nach Gentile Bellini’s von 1496 datirter
Procession der Kreuzreliquie gezeichnet, colorirt er nun, und zwar im Wesent-
lichen treu, aus dem Gedächtniss und übergeht sie mit der Feder (s. Janitsch
im Jahrb. d. k. pr. K.-S. 1883). In durchaus gleicher Weise behandelt er in
demselben Jahr jene Halbfigur einer buckligen Frau in fürstlicher Tracht, in
Bremen (Abb. p. 206), welche augenscheinlich dem Gemälde eines Italieners
des 15. Jahrhunderts entnommen ist. Aus diesem fremdartigen Charakter mag
es zu erklären sein, dass Wickhoff das Blatt dem Meister abspricht und die
Bezeichnungen für gefälscht erklärt.
Bereits Thausing (p. 431) betonte die Zusammengehörigkeit einer nicht
unbeträchtlichen Reihe sehr sorgfältig ausgeführter, sämmtlich im Jahre 1521
entstandener gehöhter Zeichnungen, welche Ephrussi theils auf Seite 296, theils
auf Seite 312 unten erwähnt. Die Gegenstände derselben: Gesicht und Hände
eines Greises, ein aufgeschlagenes Buch, ein Todtenschädel u. a. lassen von
vornherein auf die Darstellung einer Versuchung des. hl. Antonius schliessen;
und wirklich befindet sich unter den Zeichnungen dieses Jahres ein vielver-
sprechender Entwurf zu einer Composition dieses Inhalts in der Albertina.
Rechts steht die Versucherin, ein Weib von classisch edeln Formen; links
kniet der um seine Seelenruhe besorgte, augenscheinlich von keinem zu starken
Selbstvertrauen erfüllte Heilige. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir in den
vorerwähnten Zeichnungen Vorstudien zu diesem geplanten Gemälde erblicken.
Ephrussi (p. 324) hat in dem weiblichen Kopf von 1522 des Britischen
Museums (Sloane 49), welchen er für denjenigen einer beliebigen Nürnbergerin
hält, Dürer’s Frau nicht erkannt; doch geht letzteres klar aus der Beischrift
von Dürer’s Hand hervor: . . . Albrecht Dürer nach | (sein)er hawsfrawen
conterfett. Die schöne grosse Zeichnung ist arg verrieben, aber immerhin
eines der charakteristischsten Bildnisse dieser Frau, die hier wie gewöhnlich
niederblickend dargestellt ist, voll überlegener kaltblütiger Ruhe. Gegenüber
dem unsympathischen Eindruck, den sämmtliche den verschiedensten Alters-
 
Annotationen