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VI.

ORIENTALISCHE EINFLÜSSE.

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YZANZ und die Kunst, die im Schatten des Hofes bei verhältnismäßig zähem Festhalten
an den überlieferten antiken Formen stets eine gewisse Zierlichkeit bewahrte, war
jedoch nicht der einzige Faktor im Kunstschaffen der östlichen Reichshälfte. Vor allem
müssen wir das Kunstgewerbe der vorderasiatischen Handelsemporien und des kleinasiatischen
Hinterlandes demgegenüber stets als einen wenn auch im Grunde stilverwandten, so doch lokal
differenzierten und für anderen Konsum berechneten Zweig in Rechnung ziehen, dessen Wirkung
auf das Abendland in jener Zeit kaum geringer anzuschlagen ist. Noch bleibt hier vieles Hypo-
these, da der vorderasiatische Boden nach kunstgewerblichen Objekten noch nicht durch-
forscht wurde, anderseits können wir bei den spärlichen Grabbeigaben im Orient auf ähnlich
reiche Funde, wie sie das Abendland aus dieser Zeit schon jetzt besitzt, auch für die Zukunft
kaum hoffen.
Sicher in diese Gegend gehören die beiden Schnallen mit Greifendarstellung im Kunsthisto-
rischen Hofmuseum zu Wien (Taf. XVI, i, 3), die in Makri in Kleinasien gefunden wurden. Es sind
derbe Arbeiten, offensichtlich ein Massenartikel für die minderbemittelte Klasse, ohne besonderen
Reiz in der Form und, wenn man von den leichten Ritzungen am Rande absieht, ohne weitere Zutaten
an Ornament. Ein analoges Stück, das aus Knidos stammt, befindet sich im British Museum zu
London. Dieselbe Form zeigt auch eine Schnalle aus Smyrna im Louvre (Don Paul Gaudin) mit
einer Kampfszene zwischen Löwen und Vierfüßlern, sowie ein zweites Stück ebendort mit einem
Löwen, dessen Kopf in Vorderansicht gegeben ist. Dieses Stück leitet zu den Schnallen über,
von denen Taf. XVI, 4 ein Exemplar im Budapester Museum aus den Grabfunden von Kassa1
wiedergibt. Wir sehen hier einen ähnlich stilisierten Löwen in durchbrochener Arbeit und der
Schnallenform angepaßt zwei Vögel, deren Konturen eine reiche Profilierung ergeben und von
sicherem Geschick des entwerfenden Künstlers zeugen. Im Umriß verwandt sind mehrere in
Keszthely gefundene Schnallen.2 Während die kleinasiatischen Stücke dem 7. Jahrhundert ange-
hören, werden diese nach 700 entstanden sein.
In diesen Kreis gehört auch eine Schnalle im Ashmolean-Museum in Oxford aus Selinos
auf Kreta mit mandelförmigen Ornamenten und byzantinischem Monogramm im Zwickelfelde.
Eine okzidentale Nachbildung ähnlicher Schnallenformen kam in Compiegne zutage (Nr. 17703
1 Joseph Hampel, Altertümer des frühen Mittelalters in Ungarn, 3 Bde., Braunschweig 1905. Bd. III., Taf. 276, 17a.
2 Hampel, III, 160.
 
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