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IX.

DER KOLINER FUND.

f|Ö^SJM?cheidet im vorausgehenden Kapitel für die Behandlung der karolingischen Zeit ein wich-
’ tiges Denkmal aus, so bietet hierfür einen gewissen Ersatz der in Kolin gemachte Fund1,
dessen Bedeutung für das karolingische Kunstgewerbe bisher kaum beachtet wurde.
(Taf. XXVII.) Es handelt sich um das Einzelgrab eines Reiters, der nach den reichen Beigaben
zu schließen der herrschenden Klasse angehört haben muß.
Ein Schwert vom Wikingertypus, karolingische Sporen und eine späte Axt geben gute

Anhaltspunkte zur Datierung. Auch die Formen der Kleeblatt-
fibel (Taf. XXVII, 4), der Beschläge (Taf. XXVII, 1, 3) sowie des
Schnallenringes (Taf. XXVII, 8) beweisen, daß der Fund frühe-
stens dem ausgehenden 8. Jahrhundert angehört. Denn diese
Gürtelzieraten zeigen die typischen Formen der Ausrüstung in
karolingischer Zeit, wie die Dedikationsbilder in den karolin-
gischen Prachthandschriften der zweiten Hälfte des 9. Jahrhun-
derts beweisen. Es seien hier nur die Blätter im Cod. Aureus
in München (Clm. 14000; Cim. 55), in der Bibel in S. Paolo fuori
le mura in Rom sowie in der Pariser Bibel Karls des Kahlen (lat. 1)
erwähnt, aus welch letzterer wir die Figur des Kriegers mit dem
Schwert abbilden. Selbst die Stellen der filigrangeränderten
Nägel sind hier deutlich zu erkennen und auch die Ornamentik
der Stücke ist im groben angedeutet (Fig. 43).
In diese Epoche paßt auch der mitgefundene Kelch,2 der
jedoch einer so durchgreifenden Restaurierung unterzogen
wurde, daß er für eine stilistische Untersuchung ganz ausscheidet.
Die interessantesten Stücke: die Kleeblattfibel, die Be-
schläge und der Schnallenring bestehen aus massivem Silber,
das vergoldet wurde; hiervon unberührt sind nur die gestielten
1 Pamatky XV, Taf. LI—LIII u. S. 715 f. Besser die Abb. in J. S. Pic, Cechy za Doby
knfzeci (Prag 1909), Taf. XVIII—XX. Verh. d. Berl. anthrop. Ges. 1884, Taf. IV u. S. 207.
Topographie der hist. u. Kunstdenkmale im Königreiche Böhmen. Prag 1898. Bd. I, Taf. I.
2 Pamatky XV, Taf. LIII, gibt eine Zeichnung des Kelches, die angeblich von einem
Augenzeugen vor der Restaurierung angefertigt wurde.


Fig- 43- Karolingischer Kriegeraus derBibelKarls
des Kahlen in der Pariser Nationalbibliothek.
 
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