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VIII.

DIE KREMSMÜNSTERER LEUCHTER.

1 In Lehnerts Geschichte des Kunstgewerbes. Berlin, Martin Oldenburg. B. i, S. 214. Vgl. ferner den Aufsatz von F. Bock in den Mitt,
d. Zentr.-Komm., Bd. IV (Wien 1859), S. 44—47.
2 Die Leuchter trotzdem in die Publikation aufzunehmen, deren zeitlichen Rahmen sie überschreiten, empfahl sich aus zwei Gründen:
erstens weil über die Datierung bisher keine Übereinstimmung erzielt wurde und sie stets mit dem Kelche zusammen genannt werden, ferner
weil dem Bearbeiter die fertigen Tafeln vorlagen und die Gegenstände bisher außer im Original nur in den schlechten Abbildungen des
Aufsatzes von Beißel zu studieren waren.
3 An der Unterseite sind noch mehrere Zapfen vorhanden, die nach dem Boden zu roh abgebrochen sind; sie dienten als Luftlöcher
beim Gießen und zum Teil als Gußzapfen beim Eingusse.
4 Bei dem (auf Taf. XXVI) rechten Leuchter ist die Naht geborsten und der eiserne Kern bloflgelegt.

ußer dem im vorausgehenden Kapitel besprochenen Kelche werden im Schatze zu Krems-
münster zwei Leuchter verwahrt, die ebenfalls als Geschenke Tassilos gelten. So sicher
die Grundlage für die Zeitbestimmung des Kelches ist, so wenig überzeugend ist die
Tradition, die diese Leuchter mit dem Namen Tassilos verbindet. Falke1, der sich zuletzt mit
ihnen beschäftigte, ist zwar geneigt, sie wegen der dem Kelche verwandten Technik so früh
anzusetzen, aber gewichtige Bedenken scheinen mir dagegen zu sprechen2.
In den beiden weiter oben genauer bezeichneten Verzeichnissen der Kremsmünsterer Schatz-
kammer unter Abt Sigmar werden „duo candelabra auro et argento parata“ und in dem spätem
„duo candelabra de auro et argento“ aufgeführt; irgend einen Hinweis auf eine Schenkung
Tassilos enthalten diese alten Inventare nicht. Obgleich die Möglichkeit besteht, daß die Leuchter
erst später nach Kremsmünster gekommen sind, so möchte ich bei der relativen Seltenheit
derartiger Stücke in so früher Zeit doch annehmen, daß die noch jetzt im Schatz befindlichen
Leuchter mit den erwähnten identisch sind. Dies würde also ihre Existenz im 11. Jahrhundert
bezeugen. Die Leuchter (Taf. XXVI) ruhen auf einem breiten Fuß aus gegossenem Kupfer3. Der um
einen eisernen Dorn geschmiedete Ständer aus vergoldeter Bronze, der in der Naht zusammen-
gelötet ist4, wird von einer Kugel aus gegossener Bronze mit eingeschnittenen Verzierungen in
zwei Teile zerlegt und von zwei analogen Kugeln oben und unten abgefaßt. Oben liegt ein bronzener
Teller auf mit steilem, schwach ausladendem Rande. Der eiserne Dorn rührt wohl von einer späteren
Erneuerung her. Die Verbindung der einzelnen Teile geschah durch Verzapfung und Lötung. Die
dicke schwarze Lötmasse hat sich zum Teil nicht nur über die randeinfassenden Perlen der Bronze-
knöpfe, sondern auch über die silbernen Verzierungen ergossen, woraus klar hervorgeht, daß die
Zusammensetzung der einzelnen Teile zuletzt erfolgte. Die Verbindung mit dem Fuße geschah
mittels Durchsteckens des eisernen Dornes, Vierspaltung desselben und Umlegen der vier Teile;
beim rechten Exemplar ist der Dorn nur dreigeteilt.


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