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XI.

DER SCHATZ VON NAGY-SZENT-MIKLÖS.

HWISCHEN antiken und frühmittelalterlichen Gold- und Silberarbeiten fehlten noch bis
vor nicht allzulanger Zeit die verbindenden Mittelglieder, so daß der Eindruck entstehen
konnte, als ob ein direkter Zusammenhang hier nicht existierte; so groß schienen die
Unterschiede sowohl in der stilistischen Auffassung wie in der technischen Behandlung.
Funde der letzten Jahrzehnte haben diese Lücke für gewisse Gebiete und Stilgruppen ge-
schlossen. So haben wir in die Weiterentwicklung der hellenistischen Silberarbeiten durch die
Funde von Zypern und auf dem Esquilin einen gründlicheren Einblick gewonnen, und ein vor
einigen Jahren in Stuma in Syrien gemachter Fund1 (jetzt im Kais. Ottom. Museum zu
Konstantinopel) bildet die Fortsetzung dieses Stiles in die byzantinische Zeit und zugleich die
Überleitung zu Arbeiten wie die silbernen Kreuzbehälter2 im Schatz der Capella Sancta
Sanctorum in Rom, die bereits in karolingische Zeit gehören.
Dieser Kulturkreis, den wir so einigermaßen zu überblicken in der Lage sind, umfaßt Syrien,
Zypern, voraussichtlich auch die kleinasiatische Küste, ferner Byzanz und greift von dort nach
Rom über.
Wichtig für diese Stilgruppe ist ferner der kürzlich von Strzygowski publizierte Schatz aus
Albanien, von dem einzelne Stücke schon im vorausgehenden Kapitel herangezogen wurden.
Hier haben wir es zweifellos mit einem Depotfunde zu tun. Bei einem solchen nimmt es nicht
weiter wunder, Älteres mit Jüngerem vermischt zu finden, doch ist ein gemeinsames Ursprungs-
land so lange anzunehmen, als keine sicheren Hinweise das Gegenteil bezeugen.
In diesem Falle setzt sich nun der Fund zusammen aus hellenistischen Arbeiten verschiedenster

Zeiten und in sehr verschiedener Ornamentik, aus Nachzüglern spätrömischer Zeit, einer byzan-
tinischen Kanne (der Silberkrug Nr. 12 besitzt byzantinische Stempel) und schließlich aus Gegen-
ständen der entwickelteren Phase des Keszthely-Stiles.
Was läßt sich hieraus folgern? Können die letztgenannten Objekte ohne Zusammenhang
mit den älteren byzantinischen und hellenistischen gedacht werden? Und ist es denkbar, daß sie
aus Werkstätten hervorgingen, die sehr weit voneinander ablagen? Ich glaube kaum. Nun besitzt
ein Becher des Schatzes deutliche Hinweise auf Zypern. Was liegt da näher, als die für Metall-
arbeiten berühmte Insel als Ursprungsland anzunehmen? Silberschätze von Zypern aus

1 Publ. in der Revue archeol. IV. Serie, t. XVII (1911), S. 407—419 u. pl. VIII.
2 Publ. in der Fondation Piot., Bd. XV (Paris 1906), pl. VII u. IX.
 
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