DAS SCHLOSS 1BEKG.
---
Weit in die Ebene schaut von der waldigen Höhe der veste Thurm, von schweren
enge gefügten Steinmassen erbaut. Er ist beinahe der einzige bedeutende Ueberrest
eines alten Berghauses, dessen Umfang kaum mehr unter den hohen Tannen erkannt
werden kann. Ein zweiter, gleichfalls vierseitiger Thurm, stand einst diesem gegen-
über; vor einem halben Jahrhundert haben ihn die Blitze aus einander geworfen.
In dem noch erhaltenen führen jetzt Treppen bis auf die überwölbte Zinne, auf
welche den Wanderer die unendliche Aussicht lockt.
Seit dem Aufstande des Landvolkes (i5s5) liegen diese Trümmer unbewohnt. Die
frühere Geschichte der Burg und ihrer Besitzer ist in Dunkel gehüllt. Von einem
alten Geschlecht der Yberge in dem dreizehnten Jahrhundert scheint sie an das Haus
der Markgrafen übergegangen zu seyn; vielleicht stammt sie schon aus sehr alter Zeit,
und war dann eine Besitzung der Grafen, die dem Gau vorstanden. Der Markgraf
Rudolph der Dritte kaufte sie von seinem Vetter dem Markgrafen Friedrich (1328),
der sie einem seiner Ritter verlieh, wodurch wieder ein Yberger Stamm seinen
Namen erhielt. Bernhard der Erste hatte sie als Reichslehen von dem Kaiser Wenzel
empfangen (1382), denn auch jenes zweite Geschlecht der Yberge ist wieder erloschen,
und die Burg erscheint als Eigenthum Karls bei der Theilung Jakobs des Ersten.
In der Sage des Volks bewegt sich hier ein wundervolles Geisterleben: in mitter-
nächtlicher Stunde sammeln sich in den öden Trümmern die Schaaren der
Kobolde um den unheimlichen Dienst zu feiern. Erst die frommen Väter von dem
Fremersberg haben durch Gesang und Gebet der Umgegend wieder Sicherheit
gegeben, und die unseligen Geister an verborgene Orte gebannt. Auch der letzte
Besitzer soll, von Begierde nach Reichthum getrieben, die Gebeine seiner Ahnen in
der furchtbaren Stunde der Nacht in das ungewisse Mondlicht hinausgetragen haben,
um ungehindert der in den Särgen verborgenen Schätze sich zu bemächtigen. Doch
eine grauenvolle Erscheinung schreckte den Frevler, und die Zerstörung der Burg
war die Folge seines kühnen Beginnens : er selbst büfste mit langem frommem
Leben für die Unthat. Noch leuchten oft von dem Thurme hernieder unheimliche
Flammen, oder es ziehen durch den Forst die Geister mit wildem Gerassel; dann
stören jedoch die Unholde die Glockentöne von der nahen Klosterkirche, oder eines
---
Weit in die Ebene schaut von der waldigen Höhe der veste Thurm, von schweren
enge gefügten Steinmassen erbaut. Er ist beinahe der einzige bedeutende Ueberrest
eines alten Berghauses, dessen Umfang kaum mehr unter den hohen Tannen erkannt
werden kann. Ein zweiter, gleichfalls vierseitiger Thurm, stand einst diesem gegen-
über; vor einem halben Jahrhundert haben ihn die Blitze aus einander geworfen.
In dem noch erhaltenen führen jetzt Treppen bis auf die überwölbte Zinne, auf
welche den Wanderer die unendliche Aussicht lockt.
Seit dem Aufstande des Landvolkes (i5s5) liegen diese Trümmer unbewohnt. Die
frühere Geschichte der Burg und ihrer Besitzer ist in Dunkel gehüllt. Von einem
alten Geschlecht der Yberge in dem dreizehnten Jahrhundert scheint sie an das Haus
der Markgrafen übergegangen zu seyn; vielleicht stammt sie schon aus sehr alter Zeit,
und war dann eine Besitzung der Grafen, die dem Gau vorstanden. Der Markgraf
Rudolph der Dritte kaufte sie von seinem Vetter dem Markgrafen Friedrich (1328),
der sie einem seiner Ritter verlieh, wodurch wieder ein Yberger Stamm seinen
Namen erhielt. Bernhard der Erste hatte sie als Reichslehen von dem Kaiser Wenzel
empfangen (1382), denn auch jenes zweite Geschlecht der Yberge ist wieder erloschen,
und die Burg erscheint als Eigenthum Karls bei der Theilung Jakobs des Ersten.
In der Sage des Volks bewegt sich hier ein wundervolles Geisterleben: in mitter-
nächtlicher Stunde sammeln sich in den öden Trümmern die Schaaren der
Kobolde um den unheimlichen Dienst zu feiern. Erst die frommen Väter von dem
Fremersberg haben durch Gesang und Gebet der Umgegend wieder Sicherheit
gegeben, und die unseligen Geister an verborgene Orte gebannt. Auch der letzte
Besitzer soll, von Begierde nach Reichthum getrieben, die Gebeine seiner Ahnen in
der furchtbaren Stunde der Nacht in das ungewisse Mondlicht hinausgetragen haben,
um ungehindert der in den Särgen verborgenen Schätze sich zu bemächtigen. Doch
eine grauenvolle Erscheinung schreckte den Frevler, und die Zerstörung der Burg
war die Folge seines kühnen Beginnens : er selbst büfste mit langem frommem
Leben für die Unthat. Noch leuchten oft von dem Thurme hernieder unheimliche
Flammen, oder es ziehen durch den Forst die Geister mit wildem Gerassel; dann
stören jedoch die Unholde die Glockentöne von der nahen Klosterkirche, oder eines