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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0024
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20

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

13, 2 Beil. 1). Diese beiden kurzen, rechtwinklig zueinander
sitzenden Mauern bilden vor dem Eingang zum südlichen
Raumtrakt einen etwa 1,60 m tiefen Vorbau. Dieser hatte of-
fenkundig die Funktion, den Zugang zu den nunmehr, nach
der Anlage des Hofbodens tiefergelegenen Räumen zu beda-
chen und diese gegen Witterungsunbilden abzuschirmen.
Eine ganz ähnliche Baustruktur fand sich auf der gegenüber-
liegenden Nordseite des Hofes. Diese Struktur wurde zwar
bei der Fundamentierung der kaiserzeitlichen Mauer 8 durch-
schlagen, ist aber noch in Resten beiderseits derselben fassbar.
Hierzu gehört zum einen im Süden, vor der späteren Mauer
8, der noch in geringer Höhe erhaltene Mauerzug 214, der
parallel zur nördlichen Außenmauer 238 des Hofes verläuft
(Taf. 11,2; 16, 1; 19, 1 Beil. 1). Die hier noch auf einer Länge
von fast 2 m erhaltene Mauer besteht aus Kalksteinen und en-
det im Osten in einem großen Lehmziegel 213. Zum anderen
kam nördlich der späteren Mauer 8 der Ansatz einer schma-
len Kalksteinmauer 258 zutage, deren nördliche Schmalseite
gegen die breite Hofmauer 238 gesetzt ist und die im Süden
auf das nicht erhaltene westliche Ende der Mauer 214 zulief
(Beil. 1).
Der Lehmboden des Hofes zieht sowohl im Norden (236)
als auch im Süden (217) der späteren Mauer 8 gegen die bei-
den Binnenmauern 258 bzw. 214, wurde also nach diesen
angelegt. Die beiden Mauern grenzten in der Nordost-Ecke
des Hofes ein schmales langgestrecktes Räumchen ab, das im
Westen nur ca. 1 m breit war, sich nach Osten hin aber etwas
verbreiterte und eine Länge von etwa 4,50 m besaß. Der Zu-
gang vom Hof her muss sich im Osten befunden haben, wo
die Mauer 214 von einem Lehmziegel abgeschlossen wird; der
Abstand Von diesem bis zu der - hier nicht erhaltenen, aber
zweifellos nach Norden hin weiterlaufenden - Westmauer 83
des Hofes beträgt etwa 1,50 m.
Das Räumchen ähnelt, abgesehen von der ebenfalls ca.
60 cm betragenden Mauerstärke, in seiner Struktur dem von
den Mauern 324 und 327 eingefassten kleinen Raum, welcher
auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes den Eingang zu
dem Raumtrakt abschirmte. Diese Ähnlichkeit deutet darauf,
dass auch der schmale Raum in der Nordost-Ecke des Hofes
die Funktion hatte, einen Durchgang abzuschirmen. Falls dies
der Fall war, läge die Vermutung nahe, dass sich hier, ganz im
Osten der nördlichen Hofmauer 238, der Eingang zu diesem
Haus befand. Dies ist einstweilen freilich nicht zu klären, da
genau in diesem Bereich die tief fundamentierte kaiserzeitliche
Mauer 8 verläuft. Wenn sich der Eingang zum Haus tatsäch-
lich an dieser Stelle befand, würde seine dezentrale Lage den
Gepflogenheiten im punischen Hausbau entsprechen - und
der schmale Durchgangsraum hätte, wie bei punischen Häu-
sern üblich, verhindert, dass man von außen Einblick in den
Hof bekam54.

54 Hierzu s. etwa die Wohnhäuser in Kerkouan: Fantar 1985, passim.

Der Ofen
Im Westen des westlichen Grabungsareals, also in der Mitte des
Hofes, kam eine monumentalere Struktur zutage: eine große,
markant von ihrer Umgebung abgesetzte Grube (Taf. 2, 1; 14,
1. 2 Beil. 1).
Die bauchige Grube hat einen Durchmesser von ca. 1,40 m
und war an ihrer tiefsten Stelle ebenfalls ca. 1,40 m tief. Sie
ist von einer 3-4 cm starken, dunkelrot verfärbten Lehmwan-
dung 339 ausgekleidet. Diese Wandung ist dicht mit Kalkstei-
nen hintersetzt, die, in die umgebende Lehmschicht eingebet-
tet (352, 262), ebenfalls stark rot verfärbt waren.
Der obere Teil der Anlage besteht aus trapezförmigen, plat-
tenartigen Kompartimenten aus stark kalkhaltigem Lehm 260,
die eine Kantenlänge von bis zu 36 cm besitzen und in dun-
kelrotbraunen Lehm 261 gebettet sind (Taf. 14, 1. 2). Die-
se Kalkkompartimente sind, in mehreren Lagen geschichtet,
kreisförmig um die Grube gesetzt und neigen sich im oberen
Teil leicht nach innen. Der obere Teil dieser Anlage wurde spä-
ter völlig zerstört, als man das Gelände großflächig mit Schutt
verfüllte und an dieser Stelle, nur höher gelegen, eine ganz ähn-
lich beschaffene Nachfolge-Anlage installierte^. Daher ist zwar
unklar, wie der oberirdische Bereich gestaltet war. Doch der
Umstand, dass sich die Kalkplatten 260, soweit erhalten, leicht
nach innen neigen, deutet, in Analogie zu der besser erhaltenen
Nachfolge-Anlage, auf eine kuppelartige Konstruktion, die, da
keine Teile ins Innere verstürzt gefunden wurden, oben offen
gewesen sein muss. Die unmittelbar im Süden erhaltene Partie
des Lehmbodens 155 des Hofes läuft gegen den oberen Teil der
Grube, sodass diese von diesem Laufniveau aus benutzt wurde.
Wie die starke Rotfärbung der Wandung 339 und der dahin-
terliegenden Kalksteine 352 erweist, war das Innere der Grube
stärkerer Hitze ausgesetzt. Dass hier mit Feuer hantiert wurde,
zeigt sich auch darin, dass die unterste Verfüllschicht 351 im
Innern aus schwarzgrauer, mit Holzkohlestückchen versetzter
Asche bestand.
Die genauere Deutung dieser Anlage, die offenkundig als
irgendeine Art Ofen fungierte, bereitet Schwierigkeiten, weil
bislang keine in allen Details unmittelbar vergleichbare In-
stallationen bekannt sind. Um einen Töpferofen kann es sich
kaum handeln, da die konstitutiven Bestandtteile eines solchen
fehlen: ein Feuerungskanal, eine Heizkammer und vor allem
Stützen für eine Lochtenne als der notwendigen Trennung zwi-
schen Heiz- und Brennkammer56. Für einen Metallschmelz-
ofen wiederum ist die Anlage viel zu groß. Bei einer derartigen
Verwendung hätten sich vor allem auch Spuren einer wesent-
lich stärkeren Hitzeeinwirkung finden müssen.
Die zylindrische Gestalt und die Konstruktionsweise - mit
einer verstärkten, mit Steinen hintersetzten Lehmwandung
und einem kuppelartigen, oben sehr wahrscheinlich offenen
Abschluss - deuten am ehesten auf einen Backofen zur Zube-
reitung von Fladenbrot, wie sie heute noch in der arabischen
Welt gebräuchlich sind und im Mahgreb als tabouna bezeich-

55 s. Kap. II. 3.
56 Zu Töpferöfen in Nordafrika: Stirling — Ben Lazreg 2001, 220—235 bes.
231 (mit weiteren Beispielen).
 
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