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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0025
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Numidische Zeit

21

net werden57. Hierbei wird der Teigfladen an die aufgeheizte
Innenwand des Ofens geklatscht und, wenn sich eine Kruste
gebildet hat, wieder herausgenommen. Dieser Ofentyp ist be-
reits aus dem phönizischen Kernland im Nahen Osten bekannt
und wurde offenbar von den Phöniziern im 1. Jt. v. Chr. in
Nordafrika eingeführt58. Einige, allerdings kleinere, nur etwa
75 cm Durchmesser aulweisende und schlecht erhaltene Ex-
emplare wurden etwa in Kerkouan gefunden^. Die aus der
Antike bekannten unterirdischen Ofen dieses Typs besitzen
zumeist einen Durchmesser von 70 cm bis 1 m und eine Höhe
bis zu 1 m. Auch wenn die von uns Vorgefundene Anlage grö-
ßer dimensioniert ist, besitzt die Deutung als Brotbackofen die
größte Wahrscheinlichkeit60.
Die Situation östlich des numiderzeitlichen Hauses
Das im Osten an dieses Hofhaus angrenzende, also jenseits der
Hofmauer 83 liegende Gebiet blieb zu dieser Zeit offenkundig
noch unbebaut.
Der dort freigelegte Raumtrakt (Taf. 22, 1; 23, 1 Beil. 1) ent-
stand erst in der Kaiserzeit, als das Hoflhaus im Westen teilweise
abgerissen und durch einen stattlichen, nach Osten hin erweiter-
ten Neubau ersetzt wurde61. Innerhalb dieses Erweiterungsbaues
stießen wir auf keine Anhaltspunkte für eine frühere Bebauung;
bei einer größeren Sondage im Süden des Traktes trafen wir zwi-
schen der tiefsten Humusschicht 320 und dem gut erhaltenen
Laufniveau 281 des Hofes weder Mauern noch Laufhorizonte
an (Taf. 4, 1). Dasselbe gilt für die Sondage nördlich außerhalb
des Neubaues, im Bereich der prähistorischen Bestattung 334,
wo wir über der tiefsten Humusschicht 373 (Taf. 5, 1.2) eben-
falls keine Hinweise auf Bautätigkeiten fanden.
Die einzigen Baubefunde, die in die Zeit vor der Errichtung
des kaiserzeitlichen Erweiterungsbaues weisen, fanden sich öst-
lich außerhalb desselben. Hier, ganz im Osten des östlichen
Grabungsareals, traten - unter den späteren Mauern 75 und 9
- zwei rechtwinklig aufeinandertreffende Mauerzüge 370 und
74 zutage, die offenbar die Nordwest-Ecke eines älteren, sich
nach Osten fortsetzenden Gebäudes bildeten (Taf. 25, 3 Beil. 1).
Wegen des Fehlens eines zugehörigen Bodens und datierender
Funde kann die Bauzeit nicht genauer bestimmt werden62.
57 Zu diesem Backofen-Typ s. Dalman 1935, 88-110 Abb. 17-20; Forbes
1958, 61—65 mit Abb. 9.
58 Solche Backöfen aus dem späten 9.1 frühen 8. Jh. v. Chr. wurden etwa in
Sarepta/Libanon gefunden: Pritchard 1978, 82 f. 88 mit Abb. 74. - Aus dem
punischen Karthago ist die Handhabung eines solchen, allerdings oberirdischen
Backofens in einem kleinen, zwischen dem 6. und 4. Jh. v. Chr. entstandenen
Terrakotta-Modell (Karthago, Musee National de Carthage) bezeugt, das aus
der Nekropole von Borj Jedid stammt und eine Frau, assistiert von einem Kind,
beim Backen zeigt: s. Fantar 1985, 157. 288 Taf. 118; Hannibal 2004, 221
Kat. 2 mit Abb. (C. Hattier, mit weiterer Lit.).
59 Fantar 1985, 156—160. 270 Taf. 101 (Haus no. 1, rue du Verrier); 285 f.
Taf. 116 a. b (Haus no. 1, rue du Sphinx).
60 In den Dimensionen vergleichbar, aber anders konstruiert ist ein großes
Terrakotta-Behältnis mit einem maximalen Durchmesser von 1,25 m, welches
im östlichen Annexbau der Maison du Trifolium zutage kam und von den Be-
arbeitern ebenfalls als Backofen gedeutet wurde: s. Hiesel — Strocka 2002, 77;
Stutz 2002, 122 Taf. 25 e.
61 s. Kap. II. 4.
62 Lediglich einen vagen Hinweis auf die frühe Kaiserzeit gibt der Umstand,
dass sich in der wahrscheinlich zugehörenden Füllschicht 69 eine in auguste-
isch-tiberische Zeit datierende italische Sigillata (Kat. C 18) fand.

Die numiderzeitlichen Funde
In die früheste vorrömische Nutzungsphase des Hauses gehö-
ren folgende Befunde mitsamt ihrem Fundmaterial: die Auf-
füllschichten 215=216, 264, 311 und 312; die Feuerstellen
230 und 265; der Lehmboden 349=371 des Raumtraktes im
Süden mit den zugehörigen Füllschichten 338, 345, 346, 372.
Mit der nachfolgenden Phase zu verbinden sind die Reste des
— in den Bef. 155_=^157, 217=218, 236 und 326 erhaltenen -
Stampflehmbodens im Hof mit den jeweils zugehörenden Auf-
füllschichten 221, 237, 256, 257, 323, 325 und 328, dazu
die Feuerstellenverfüllungen 220 und 266 und schließlich
die Ofenstrukturen 260, 262, 352, 339 und 261, wobei of-
fenkundig auch die unterste Ascheschicht 351 innerhalb des
Ofens dessen früherer Nutzungszeit zuzuweisen ist.
Unter der zahlreichen Fundkeramik aus diesen Befunden wa-
ren zwar nur wenige Fragmente, die eine genauere Datierung
erlauben, doch weisen die betreffenden Exemplare einheitlich
in die Zeit des 2. und 1. Jhs. v. Chr.
Dies betrifft zunächst schwarzgefirnisstes Tafelgeschirr des
Fabrikats Campana A, das seit dem Ende des zweiten Puni-
schen Krieges in großem Umfang in Nordafrika importiert
wurde. Zwar waren die allermeisten Fragmente aus den vor-
römischen Befunden zu klein, um bestimmten Gefäßformen
zugewiesen werden zu können, aber immerhin kam in dem
zum Ofen gehörenden Bef. 262 das Randfragment einer fla-
chen Schale vom Typ Lamboglia 5 (Kat. B 2) zutage, deren
Produktion in das 2. Jh. v. Chr. gesetzt wird63.
Für die Frühzeit Thuggas besonders wichtig sind sodann Ge-
fäße, deren Formen aus dem spätpunischen Karthago bekannt
sind. Dies ist der Fall bei einem (aus der Lehmschicht 215
stammenden) mitsamt Henkelansatz erhaltenen Randfragment
eines einhenkligen Topfes der Form Cintas 61 (Kat. F 46), die
in Karthago und dessen Umland in Gräbern des 3. und 2. Jhs.
v. Chr. anzutreffen ist und nach der Zerstörung der Metropole
146 v. Chr. in anderen Werkstätten weiterproduziert wurde64.
Die Amphorenfragmente aus den frühen Schichtenbefunden
gehören offenbar fast ausschließlich zu Gefäßen, die in Nord-
afrika selbst produziert wurden65. Die meisten Fragmente er-
lauben indes keine Klassifizierung. Unter den Fragmenten aus
den vorrömischen Befunden ließ sich lediglich das Randstück
einer italischen Weinamphore vom Typ Dressei 1 (Kat. K 115)
identifizieren, einer Form, die im 2. und frühen 1. Jh. v. Chr.
produziert wurde66.
Genauere Anhaltspunkte für die Datierung der vorrömischen
Befunde liefern zahlreiche Funde aus den darüberliegenden
massigen Auffüllschichten, die sich im Zuge einer Neugestal-
tung und Aufhöhung des Hofareals in der frühen Kaiserzeit auf
dem älteren Hofboden (155=157, 217=218, 236, 326) abla-
gerten und in großem Umfang älteren Siedlungsabfall enthiel-
ten67. Dieses Altmaterial ist nicht nur in seiner Zeitstellung,
63 Hierzu s. Kap. IV. 2. 1.
64 Hierzu s. Kap. IV. 2. 6.
65 Hierzu s. Kap. IV. 2. 10.
66 Hinzu kommt noch das Randstück einer lokalen Amphore unbestimm-
ten Typs (Kat. K 104).
67 Hierzu s. Kap. II. 3.
 
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