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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0026
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22

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

sondern auch in seiner Zusammensetzung eng mit den Funden
aus den vorrömischen Schichten verwandt, vermag allerdings
wegen der größeren Zahl an klassifizierbaren Fragmenten das
vage Bild, welches diese bieten, schärfer zu konturieren.
Dies gilt zunächst für das Typenspektrum der Amphoren.
Diejenigen typologisch bestimmbaren Amphorenfragmente,
die deutlich älter sind als die spätesten Funde aus den frühkai-
serzeitlichen Schuttschichten, stammen größtenteils aus nord-
afrikanischer Produktion. Vertreten sind vor allem punische
Amphoren des Typs Mafia D sowie punische bzw. in punischer
Tradition stehende Amphoren des Typs Mafia C2. In Karthago
fanden sich letztgenannte Amphorentypen vor allem in Schich-
ten aus den Jahrzehnten unmittelbar vor der Katastrophe von
146 v. Chr.68, doch wurden sie danach in lokalen Werkstätten
weiterproduziert69. In diesen Behältnissen wurden einheimi-
sche Produkte verhandelt: Wein, Fischsaucen oder Öl70. Hinzu
kommen in den frühkaiserzeitlichen Befunden vereinzelt auch
ältere italische Weinamphoren, die der Zeit zwischen dem 2.
und dem 1. Jh. v. Chr. angehören '.
Dieser Datierungsrahmen wird durch die schwarzgefirnissten
Importgefäße bestätigt und präzisiert, die ebenfalls erst in den
frühkaiserzeitlichen Schichten in größerer Zahl zutage kamen.
Die als umgelagertes Altmaterial angetroffenen, den Fabrikaten
Campana A und C angehörenden Gefäße datieren einheitlich
in die Zeit zwischen dem mittleren 2. und dem mittleren 1. Jh.
v. Chr.72.
Von besonderem Wert sind in diesem Zusammenhang drei
Münzen, die sich zwar ebenfalls erst in einer frühkaiserzeitli-
chen Auffüllschichte fanden, die aber von allen vorrömischen
Funden die einzigen sind, die sich präzise auf das Jahr genau
datieren lassen.
Es handelt sich um drei römische Bronze-Asse (Kat. A 8, 9,
10), die, eng beieinander liegend, unmittelbar vor der Nord-
Mauer 238 des Hofes zutage kamen. Sie lagen, zuunterst in der
frühkaiserzeitlichen Auffüllschicht 175 und von dieser bedeckt,
direkt auf dem Stampflehmboden 236 des Hofes (Taf. 13, 1).
Die drei Asse zeigen auf der Vorderseite den Doppelkopf des
Ianus mit Lorbeerkranz, dazu das Wertzeichen I (für 1 As), und
auf der Rückseite eine Prora, wieder mit dem Zeichen I und
unten den Buchstaben ROMA (Taf. 31, 2 a. b). Sie gehören
derselben Prägeserie an und wurden in Rom 157/156 v. Chr.
geprägt73. Es handelt sich um die weitaus frühesten römischen
Münzen, die bislang aus Thugga bekannt sind.
Römisch-republikanische Asse sind in nordafrikanischen
Münzhorten ausgesprochen selten und scheinen im dortigen
Münzumlauf nur eine geringe Rolle gespielt zu haben74. In
Anbetracht der politischen Verhältnisse ist anzunehmen, dass
die drei Asse erst nach Nordafrika kamen, nachdem die Römer
im Jahre 146 v. Chr. ihre Provinz Africa eingerichtet hatten.
Der abgeriebene Zustand der drei Asse deutet darauf, dass sie,
bevor sie unter die Erde gerieten, geraume Zeit in Umlauf wa-
68 Vegas 1999b, 199-209 bes. 206-209.
69 Hierzu s. Kap. IV. 2. 10.
70 Ebenda.
71 Hierzu s. Kap. II. 3.
72 Ebenda.
73 Hierzu s. Kap. IV. 1.
74 Alexandropoulos 1982, 96-98.

ren. In Anbetracht der intensiven Handelskontakte, die das
numidische Königreich mit Rom pflegte, ist gut vorstellbar,
dass diese Münzen nach Thugga gelangten, bevor die Stadt 46
v. Chr. unter römische Herrschaft kam; in diesem Fall kamen
sie wahrscheinlich auf kommerziellem Wege über die nahege-
legene Provinzgrenze hierher. Die zeitliche Zusammengehörig-
keit der drei Asse und die Fundsituation - nah beieinander,
unmittelbar auf dem Hofboden 236 und direkt an der Mauer
238 - deuten darauf, dass sie an ihrer Fundstelle nicht einfach
verloren, sondern absichtlich niedergelegt wurden75.
Die wenigen datierbaren Funde aus den vorrömischen Bau-
und Nutzungsphasen deuten also, zusammen mit den erwähn-
ten Altfunden aus den frühkaiserzeitlichen Schuttschichten,
darauf, dass das Hofhaus in der Zeit zwischen dem mittleren
2. und dem mittleren 1. Jh. v. Chr. errichtet wurde. Eine ge-
nauere Datierung ist beim gegenwärtigen Forschungsstand
nicht möglich; das Fundmaterial gibt keine datierungsrelevan-
ten Unterschiede zu erkennen und erlaubt es daher nicht, die
stratigraphisch nachweisbaren Siedlungsphasen innerhalb des
vorrömischen Hauses voneinander abzugrenzen und historisch
zu fixieren.
Angesichts der Zeitstellung der Siedlungsaktivitäten zwi-
schen dem mittleren 2. Jh. und dem mittleren 1. Jh. v. Chr.
sind die frühen Funde von beträchtlichem übergreifenden In-
teresse, denn sie betreffen eine Epoche, die in anderen nord-
afrikanischen Städten archäologisch noch wenig bekannt ist,
zumal die vergleichsweise gut erforschte Metropole Karthago
nach ihrer Zerstörung 146 v. Chr. für mehr als ein Jahrhundert
brachlag.
Von Bedeutung ist die - wenn auch grobe - chronologische
Fixierung insbesondere für einfache, nicht verzierte Gefäße des
täglichen Gebrauchs, die bei der Keramikbearbeitung traditio-
nell eine nachrangige Rolle spielen.
Dies betrifft vor allem Gefäße, die der Zubereitung von
Speisen über offenem Feuer dienten. Unter den klassifizierten
Kochkeramik-Fragmenten, die aus den besprochenen vorkai-
serzeitlichen Befunden stammen, sind vor allem tiefe Kasse-
rollen mit horizontal ausgezogenem Rand zu nennen: Die-
ser, in Nordafrika andernorts seit dem 1. Jh. v. Chr. bezeugte
Kasserollen-Typ ist zwar vor allem in unseren kaiserzeitlichen
Befunden in großer Zahl vertreten, doch kamen in den numi-
derzeitlichen Befunden immerhin neun Randfragmente zutage
(s. zu Kat. H 47-51)76.
In diesen Schichten fanden sich ferner freigeformte Haus-
haltsgefäße" . Die Zahl der Randfragmente, die die Zuweisung
zu einer bestimmten Form erlauben, ist zwar gering, doch sind
hierbei dieselben Formen vertreten, die dann in den späteren
Schichtenbefunden in deutlich größerer Zahl angetroffen wur-
den. In einzelnen Randfragmenten gefunden wurden zum ei-
nen flache Schalen/Teller mit unterschiedlich geformten Rän-
75 Hierzu s. Kap. II. 3.
76 Hierzu s. Kap. IV. 2. 8 (Hayes: Carthage I, Typ B). Hiervon stammen
acht Fragmente aus der als Laufhorizont dienenden Lehmschicht 215=216 und
eines aus der untersten Ascheschicht (351) des vorkaiserzeitlichen Ofens. Zu
den Fragmenten aus den frühkaiserzeitlichen Befunden s. Kap. II. 3.
77 Hierzu s. Kap. IV. 2. 9.
 
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