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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0030
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26

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

Zeit den Markt eroberten und in den Schichtenbefunden aller
nachfolgenden Phasen überaus zahlreich zutage kamen104.
Auf das Ende dieser Phase im mittleren 1. Jh. n. Chr. deutet
ferner auch, dass sich unter den Sigillaten aus den hier bespro-
chenen Befunden nur eine einzige gallische Sigillata befand:
ein Napf der Form Dragendorff 27, der, wie die chemische
Analyse zeigte, aus den Werkstätten von La Graufesenque
stammt (Kat. C 140, aus Bef. 132)10\ Gallisches Tafelgeschirr
wurde in Nordafrika, wie vor allem die Funde aus Karthago
erweisen, offenkundig nicht über das zweite Drittel des 1. Jhs.
n. Chr. hinaus importiert, sondern in flavischer Zeit durch die
nordafrikanischen Sigillaten abgelöst106.
An Feingeschirr kamen in diesen Befunden sodann erstmals
und in größerer Zahl dünnwandige Schalen und Becher zuta-
ge, die offenbar überwiegend aus lokaler/regionaler Produkti-
on stammen107.
Hierbei handelt es sich zum einen um kleine Schalen unter-
schiedlicher Gestalt, deren Formen in hellenistischer Tradition
stehen (Kat. E 13, 17, 25, 27, 30); diese Gefäße gehen zwar auf
Vorläufer des 2. und 1. Jhs. v. Chr. zurück, doch deutet, wie I.
Godbillon plausibel vermutet, der Umstand, dass die betreffen-
den Fragmente erstmals in unseren frühkaiserzeitlichen Befun-
den zutage kamen, auf eine Entstehung erst zu dieser Zeit108.
Die zweite, zahlreicher vertretene Gruppe bilden Becher und
Schalen, deren Formen der römischen Dünnwandkeramik der
späten Republik und frühen Kaiserzeit entsprechen. Hierunter
fallen zum einen ungefirnisste Gefäße, die bis in das mittlere
1. Jh. n. Chr. produziert wurden (Kat. E 31, 32, 33, 34, 35, 38),
zum anderen gefirnisste Gefäße, die zum Teil Barbotine-Dekor
aufweisen und bei denen es sich wahrscheinlich um Importe aus
der Baetica (Kat. E 46, 47, 48, 51, 54, 56, 58) handelt109. Hinzu
kommen noch einige Bodenfragmente (Kat. E 74, 75, 77, 79).
Diese Schichtenbefunde enthielten in beträchtlicher Zahl
Funde, bei denen es sich um umgelagertes Altmaterial handelt.
Dies betrifft neben den bereits oben besprochenen republika-
nischen Münzen aus Bef. 175"" sowie älteren Amphorenty-
pen111 auch die Feinkeramik. Zu erwähnen sind hierbei vor
allem zahlreiche Fragmente schwarzgefirnissten Tafelgeschirrs.
Unter den Importen dominieren wieder die Campana A-Wa-
ren, wobei es sich durchweg um Schalen handelt, die einigen
wenigen Formen angehören: den Typen Lamboglia 5 (Kat. B
3, 4, 7), Lamboglia 28 (Kat. B 14, 17, 18, 21) und Lamboglia
31b (Kat. B 34) "2. Ebenso begrenzt ist das Formenspektrum
der sizilischen Campana C-Keramik, die durch Teller der Form
Lamboglia 7 vertreten ist (Kat. B 41, 42). Hinzu kommen
noch einige Teller der Form Lamboglia 7, die indes aus lokaler

104 Hierzu s. Kap. II. 4 und IV. 2. 4.
105 Hierzu s. Kap. IV. 2. 3.
106 Hierzu s. Kap. IV. 2. 2.
107 Hierzu s. Kap. IV. 2. 5.
108 Ebenda.
109 Wobei das Wandfragment Kat. E 46 und der Boden Kat. E 48, die bei-
de in der Füllschicht 210 zutage kamen, vermutlich von demselben Becher
stammen.
110 s. Kap. II. 2.
111 Hierzu s. weiter unten.
112 Hierzu und zum Folgenden s. Kap. IV. 2. 1.

Produktion stammen (Gruppe Thugga E: Kat. B 52, 53, 55)113.
Alle diese Gefäße datieren einheitlich in die Zeit zwischen dem
mittleren 2. Jh. und dem mittleren 1. Jh. v. Chr., sodass sie in
die frühkaiserzeitlichen Schichtenbefunde als Altmaterial ge-
langten. Um älteres Material handelt es sich offenbar auch bei
dem Randfragment einer in punischer Tradition stehenden tie-
fen Knickrandschale (Kat. F 21)114.
Der zeitliche Ansatz dieser Schichtenbefunde in das mittlere
1. Jh. n. Chr. wird durch das Formenspektrum der Amphoren
bestätigt.
Hier kamen erstmals in signifikanter Zahl Amphoren aus Ita-
lien und Spanien zutage. In der materialreichen Auffüllschicht
113=142 fanden sich zwei Randstücken italischer Weinam-
phoren der frühkaiserzeitlichen Form Lamboglia 2/Dressel 6
(Kat. K 117, 118, 119)115. In demselben Bef. 113=142 kamen
sodann auch erstmals Weinamphoren des Typs Dressei 2—4 zu-
tage, die seit dem späten 1. Jh. v. Chr. in Italien und Spanien
produziert wurden; bei einigen unserer Fragmente ließ sich
eine Herkunft aus Italien (Kat. K 123, 125), bei anderen aus
Spanien (Kat. K 129, 130, 131, 139) feststellen116. Daneben
fanden sich auch Fragmente älterer Import-Amphoren aus Ita-
lien: Weinamphoren des Typs Dressei 1 C (Kat. K 113), der
vom 2. Jh. v. Chr. bis in das ausgehende 1. Jh. v. Chr. herge-
stellt wurde, sowie des sog. graeco-italischen Typs (Kat. K 112)
aus dem 2. Jh. v. Chr.
Den weitaus größten Teil der Amphoren aus diesen Befun-
den machen indes solche aus nordafrikanischer Produktion
aus. Unter den klassifizierbaren Fragmenten befanden sich, wie
bereits in den vorrömischen Schichten, Amphoren des Typs
Manä D (Kat. K 2) und insbesondere solche des vor allem im
2. und 1. Jh. v. Chr. produzierten Typs Manä C2 (Kat. K 13,
14, 20, 21, 22, 23, 24, 27, 28, 29, 31). Hinzu kommen noch
weitere, in Nordafrika selbst hergestellte und dabei teils in pu-
nischer Tradition stehende Amphorenformen (Kat. K 50, 51,
52, 53, 54, 55, 87, 88, 89, 90, 91, 98, 109); dazu finden sich
vereinzelt auch Deckel (Kat. K 110). Die Orientierung loka-
ler Werkstätten wiederum an italischen Vorbildern tritt in der
afrikanischen Imitation einer Amphora des ,graeco-italischen
Typs (Kat. K 81) zutage.
Neben älteren, in einer langen Tradition stehenden Gefäßfor-
men treten nun vor allem in der lokal produzierten Gebrauchs-
keramik erstmals auch neue, erst in der Kaiserzeit aufkom-
mende Formen auf. Dies gilt für Schalen mit einem S-förmig
geschwungenen Rand (Kat. G 9, 10) sowie mit einem als Zier-
leiste gebildeten Rand (Kat. G 17, 18)117. An geschlossenen
Gefäßen fanden sich diverse Krüge (Kat. G 23; s. a. zu Kat. G
26). Einzigartig ist ein Räuchergefäß (Kat. G 31), welches in
der untersten Verfüllschicht 340 der Ofengrube zutage kam.

113 Ebenda.
114 Hierzu s. Kap. IV. 2. 6.
115 Hierzu s. Kap. IV. 2. 10.
116 Ebenda.
117 Hierzu s. Kap. IV. 2. 7.
 
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