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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 3.1910

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Nr. 2 (März u. April)
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Kr.; Carlier, Jules: Fraillicourt (Ardennen): bemalter römischer Glasbecher
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Kopenhagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24880#0034

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22

[ Äuf dem Boden des Bechers ist gleiehfalls ein Vogel mit gelbem, weissem,
rotem und blauem Gefieder gemalt, der etwa an einen Distelfink erinnert.

Diese Bemalung ist von aussen mit dem Pinsel auf das Gefäss auf-
getragen ; sie ist dick und von mattem Ton, aber wenn man innen in das
Glas hineinsieht, so erscheinen die Farben durch das dicke Glas hindurch
recht leuchtend.

Herr Pilloy, der bekannte Archäologe, schreibt uns, dass die frän-
kischen Glasfabrikanten sich einer mehr oder weniger flüssigen Farbe be-
dienten, die sie in kaltem Zustand mit dem Pinsel auf das Glas auftrugen,
und dass ein einmaliges Brennen der bemalten Gefässe genügte, um die Ver-
zierung fest haften zu lassen. Zuweilen war die Farbe sehr dünn; der Auf-
trag ist dann fast unmerklich und die Linien fein wie Haare. Aber man
kann auch mit dickflüssiger Farbe dick vortretende Streifen erzielen oder
ganz feines und ganz breites Laubwerk iti reizender Abwechslung. Dieses
ist wohl dieselbe Art Malerei, mit der die Becher von Fraillicourt verziert sind.“

Bray-Hannogne. JulesCarlier.

Die Parallelstücke, mit denen das neue bemalte Glas von Fraillicourt
zusammengehört, findet man jetzt zusammengestellt bei Kisa, „Das Glas im
Altertum“ III S. 807 ff. Die am nächsten verwandten Gefässe sind: Ein grüner
Becher mit Pygmäenkampf aus Nimes im Louvre, Abb. 339 u. 339a auf S. 840,
Text S. 815 und ein blauer Becher mit Vögeln zwischen Weinranken aus
Khamissa in Algier, später im Besitz von Gustav Rothschild in Paris, Abb. 340
auf S. 843, Text S. 814 1).”

Soweit sich die in Fraillicourt mit dem Glase zusammengefundenen Stücke
nach der gegebenen Beschreibung bestimmen lassen, scheint es sich um Ware
des 1. Jahrhunderts zu handeln. Für die Mitte des 1. Jahrhunderts ist die nach
oben sich etwas verjüngende Form des Bechers durch den Typus „Hofheim“
S. 60 und Nachtrag S. 422festgelegt. Der Becher von Fraillicourt ist
etwas niedriger, die Verjüngung nach oben etwas geringer, aber später als in
die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts wird der Grabfund von Fraillicourt
nicht anzusetzen sein. Kr.

17. Kopenhagen. Ein römischer Grä-
berfund in Dänemark. Ein interes-
santer Gräberfund aus der römischen
Periode der nordischen Eisenzeit wurde
im vergangenen Sommer auf dem Besitztum
der'Baronin Jullinge auf der Insel Lolland
gemacht. Die bedeutungsvollen Fundgegen-
stärtde sind nach Kopenhagen in das
dänische Nationalmuseum gelangt. Ueber
den Fund hat (nach einem Bericht in der
„Frankf. Zeitung“) der Museumsdirektor
Sophus Müller in einer Versammlung der
dänischen Gesellschaft für Altertumsfor-
schung u. a. ausgeführt:

Fremde Arbeiter, die bei einer Zucker-
fabrik auf Lolland beschäftigt waren, sties-
sen im Jahre 1908 zufällig auf ein Grab,
dessen Inhalt sie rücksichtslos durchein-
ander warfen. Zufällig aber erhielt das
Museum von Maribo (Lolland) von der
Sache Kenntnis, und mit Erlaubnis des

Grundstücksbesitzers Grafen Friis wurden
nun die folgenden Ausgrabungen durch das
dänische Nationalmuseum geleitet. Im vo-
rigen Jahre gelang es dem Konservator des
Museums, Herrn Rosenberg, drei unbe-
schädigte Gräber blosszulegen, von denen
das . eine mit dem darunter befindlichen
Lehm herausgehoben wurde. Dieses Grab
wurde in unverändertem Zustande dem
Museum zugeführt, wo es in diesem Zu-
stande ausgestellt wird, nachdem die im
Grabe gefundenen Gegenstände präpariert
worden sind. Dies Grab lag etwa zwei
Meter unter der Erdoberfläche und enthält
die Leiche einer etwa dreissigjährigen weib-
lichen Person; die Frau ist ziemlich gross
gewesen: 1.68 Meter. Eine reiche „Aus-
steuer“ von, Schmucksac hen war ihr ins
Grab mitgegeben worden ; an jeder Schulter
hatte sie eine Bügelnadel aüs Silber, an
der Brust zwei solche; die Nadeln sind sö

x) E. Ri tter 1 ing, Das frührömische Lager bei Hofheim i; T. Nassauer Annalen
34. Band 1904.
 
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