29
Ansiedelung gestanden hat, die nach der Ausdehnung des Gebietes, auf dem sich Eeste
aus der Mittel- und Spät-Latene-Periode gefunden haben, bereits ziemlich ausgedehnt
gewesen zu sein scheint.
Frankfurt a. M. Georg Wolff.
Borma.
19. E. Kornemann scheint mir im Anfang seines Aufsatzes in „Klio“ (IX 342)
mit trefflichen Gründen nachgewiesen zu haben, dass das in der von ihm
zum ersten Mal publizierten Inschrift genannte Bononia in Boulogne-sur-
mer zu suchen sei, wo es wahrscheinlich die alte Ortschaft gewesen ist, neben
welcher Drusus schon den römischen Kriegshafen Gesoriacum gestiftet hat.
Die Schlüsse, die er aber nachher aus der Florusstelle (II 30, 26) ziehen
zu dürfen meint, und welche ihn zu so weitgehenden Folgerungen auch über
die Frage der römischen Besiedlung von Holland führen, scheinen mir nicht
nur verfehlt zu sein, sondern auch unser Land mit einem Römerhafen zu
beschenken, welcher nicht nur nicht bei uns, sondern iiberhaupt nirgendwo
bestanden hat. An dieser Florusstelle lesen wir wie Drusus „in tutelam pro-
vinciarum praesidia atque custodias ubique disposuit, per Mosam flumen, per Albim,
per Visurgim. Nam per Elieni quidem ripam quinquaginta amplius casteüa direxit.
Bormani (a. L. Bonam) et Gresoriacum (a. L. G-esoniam) pontibus junxit, classibusque
firmavit. Invisum atque inaccessum in id tempus Hercynium saltum patefecit 11. Wir
wollen es jetzt nicht betonen, dass die Verbindung, in der die Worte ,,B. et
G-, pontibus junxit“ stehen, immerhin auch die mit diesen Namen angedeuteten
Orte in der Rheingegend anzusetzen zu nötigen scheint; auch auf die unsichere
Lesung dieser Namen sei hier voriäufig nicht hingewiesen. Nehmen wir mit
K. an, es sei hier von der Nordseeküste die Rede und letzterer Namen be-
deute wirklich das oben genannte Gesoriacum, Boulogne-sur-mer. Nun be-
hauptet K. weiter, die frühere Annahme, Borma und Gesoriacum seien zwei
neben einander gelegene Orte gewesen, welche durch eine Brücke verbunden
wurden, sei unrichtig, die von Florus genannten 'pontes’ seien, wie es schon
Becker glaubte, eine „Brückendammstrasse“ gewesen und die beiden Orte
lägen hingegen weit auseinander. Ja K. weiss uns die Lage von Borma sogar
näher anzudeuten, es muss im Gebiete der Marsaci gelegen haben, d. h. im
Norden von Holland. Ob nun hier wirklich die Marsaci gewohnt haben,
scheint mir fraglich und wird jedenfalls auch von den von K. zitierten Stellen
nicht erwiesen. Aber auch das wollen wir Kornemann hier glauben. Wie
kommt er nun aber dazu, „Borma“ im Lande der Marsaci zu suchen? Bei
Florus steht „B. et G. pontibus junxit“ und Plinius (Hist. Nat. IV 106) erzählt:
„a Scaldi incolunt Taxuandri pluribus nominibus, dein Menapi Morini ora Marsacis
juncti pago qui Gesoriacus vocatur.“ Dass diese Lesart nur aus einer nicht sehr
glücklichen Conjectur entstanden scheint, auch das sei hier übergangen. Weil
nun aber Gesoriacus (m) im Lande der Morini liegt und mit ,,Borma“ pontibus
junctum est, und weil weiter die Morini Marsacis juncti sunt, muss nach K.
B. im Lande der Marsaci liegen! Die Worte ,,Morini Marsacis juncti“ be-
deuten aber doch nicht, dass sie durch einen Weg mit einander verbun-
den waren, sondern ,Junctus“ ist hier, wie so oft „angrenzend“ (vgl. z. B.
Italia Dalmatis juncta): ,,die Morini grenzen an den Marsaci“, das ist die
einfache Bedeutung dieser Worte des Plinius und mehr lässt sich auch nicht
in dieselben hineininterpretieren. Die Lage von „Borma“ im Lande der
Marsaci ist daher eine vollkommen grundlose Hypothese.
Aber wie denkt Kornemann sich Boulogne-sur-mer und die Nordspitze
Hollands durch eine „Brückendammstrasse“ oder Brücken mit einander ver-
Ansiedelung gestanden hat, die nach der Ausdehnung des Gebietes, auf dem sich Eeste
aus der Mittel- und Spät-Latene-Periode gefunden haben, bereits ziemlich ausgedehnt
gewesen zu sein scheint.
Frankfurt a. M. Georg Wolff.
Borma.
19. E. Kornemann scheint mir im Anfang seines Aufsatzes in „Klio“ (IX 342)
mit trefflichen Gründen nachgewiesen zu haben, dass das in der von ihm
zum ersten Mal publizierten Inschrift genannte Bononia in Boulogne-sur-
mer zu suchen sei, wo es wahrscheinlich die alte Ortschaft gewesen ist, neben
welcher Drusus schon den römischen Kriegshafen Gesoriacum gestiftet hat.
Die Schlüsse, die er aber nachher aus der Florusstelle (II 30, 26) ziehen
zu dürfen meint, und welche ihn zu so weitgehenden Folgerungen auch über
die Frage der römischen Besiedlung von Holland führen, scheinen mir nicht
nur verfehlt zu sein, sondern auch unser Land mit einem Römerhafen zu
beschenken, welcher nicht nur nicht bei uns, sondern iiberhaupt nirgendwo
bestanden hat. An dieser Florusstelle lesen wir wie Drusus „in tutelam pro-
vinciarum praesidia atque custodias ubique disposuit, per Mosam flumen, per Albim,
per Visurgim. Nam per Elieni quidem ripam quinquaginta amplius casteüa direxit.
Bormani (a. L. Bonam) et Gresoriacum (a. L. G-esoniam) pontibus junxit, classibusque
firmavit. Invisum atque inaccessum in id tempus Hercynium saltum patefecit 11. Wir
wollen es jetzt nicht betonen, dass die Verbindung, in der die Worte ,,B. et
G-, pontibus junxit“ stehen, immerhin auch die mit diesen Namen angedeuteten
Orte in der Rheingegend anzusetzen zu nötigen scheint; auch auf die unsichere
Lesung dieser Namen sei hier voriäufig nicht hingewiesen. Nehmen wir mit
K. an, es sei hier von der Nordseeküste die Rede und letzterer Namen be-
deute wirklich das oben genannte Gesoriacum, Boulogne-sur-mer. Nun be-
hauptet K. weiter, die frühere Annahme, Borma und Gesoriacum seien zwei
neben einander gelegene Orte gewesen, welche durch eine Brücke verbunden
wurden, sei unrichtig, die von Florus genannten 'pontes’ seien, wie es schon
Becker glaubte, eine „Brückendammstrasse“ gewesen und die beiden Orte
lägen hingegen weit auseinander. Ja K. weiss uns die Lage von Borma sogar
näher anzudeuten, es muss im Gebiete der Marsaci gelegen haben, d. h. im
Norden von Holland. Ob nun hier wirklich die Marsaci gewohnt haben,
scheint mir fraglich und wird jedenfalls auch von den von K. zitierten Stellen
nicht erwiesen. Aber auch das wollen wir Kornemann hier glauben. Wie
kommt er nun aber dazu, „Borma“ im Lande der Marsaci zu suchen? Bei
Florus steht „B. et G. pontibus junxit“ und Plinius (Hist. Nat. IV 106) erzählt:
„a Scaldi incolunt Taxuandri pluribus nominibus, dein Menapi Morini ora Marsacis
juncti pago qui Gesoriacus vocatur.“ Dass diese Lesart nur aus einer nicht sehr
glücklichen Conjectur entstanden scheint, auch das sei hier übergangen. Weil
nun aber Gesoriacus (m) im Lande der Morini liegt und mit ,,Borma“ pontibus
junctum est, und weil weiter die Morini Marsacis juncti sunt, muss nach K.
B. im Lande der Marsaci liegen! Die Worte ,,Morini Marsacis juncti“ be-
deuten aber doch nicht, dass sie durch einen Weg mit einander verbun-
den waren, sondern ,Junctus“ ist hier, wie so oft „angrenzend“ (vgl. z. B.
Italia Dalmatis juncta): ,,die Morini grenzen an den Marsaci“, das ist die
einfache Bedeutung dieser Worte des Plinius und mehr lässt sich auch nicht
in dieselben hineininterpretieren. Die Lage von „Borma“ im Lande der
Marsaci ist daher eine vollkommen grundlose Hypothese.
Aber wie denkt Kornemann sich Boulogne-sur-mer und die Nordspitze
Hollands durch eine „Brückendammstrasse“ oder Brücken mit einander ver-