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Rooses, Max
Geschichte der Malerschule Antwerpens: von Q. Massijs bis zu den letzten Ausläufern der Schule P. P. Rubens — München, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.20661#0284
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Rubens’ Hinterlaffenfchaft.

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lehrter Philologe, der feinem Vater als Secretarius von S. Majeftät geheimem
Rathe nachfolgte und 1657 43 Jahre alt ftarb, und Niklas, der fclion 1655 im
37. Jahre feines Alters verfchied. Von Helena Fourment waren Rubens fünf
Kinder gefchenkt worden: Clara Joanna, getauft den 18. Januar 1632, die
Philips van Parijs heiratete; Frans, getauft am 12. Juli 1633, der Rathsherr
des Hofes von Brabant wurde; Ifabella Helena, getauft am 3. Mai 1635 und
fiebzehnjährig verftorben; Petrus Paulus, getauft den 1. März 1637, der in den
geiftlichen Stand trat, und Conftantia Albertina, die erft acht Monate nach
ihres Vaters Tod zur Welt kam, den 3. Februar 1641 getauft wurde und als
Nonne ftarb. Helena Fourment, die bei Rubens’ Tode erft 26 Jahre alt war,
vermählte fich 1645 mit Joannes Baptifta van Broeckhoven, Herrn von Bergh-
eyck, Ritter des St. Jacobordens, Schöff von Antwerpen, Rathsherr am
höheren Hofe und beim Staats- und Finanzrath zu Brüffel.* Das diefer
Familie hinterlaffene Vermögen war fehr anfehnlich und betrug nach Abzug
aller Koften 244,426 Gulden, ungerechnet das Haus am Wapper nebft ver-
fchiedenen anderen angrenzenden Gebäuden, das Silberzeug und die zahl-
reichen Werthfachen, die feiner Frau oder dem einen oder anderen feiner
Kinder zugefallen waren. Nehmen wir an, dafs der Geldwerth jetzt um das
dritthalbfache gegen 1640 gefunken ift, fo beläuft fich der fämmtliche Befitz
auf mehr denn anderthalb Millionen Franken unteres Geldes.

Die nachgelaffenen Kunftfachen des Meifters, worunter bei hundert-
fünfzig Gemälde von feiner Hand waren, wurden theils öffentlich verfteigert,
theils gelegentlich verkauft. Verfchiedene Perfonen erwarben Gemälde vor der
Auction; fo der König von Spanien 32 Stück, worunter 10 Originalarbeiten
von Rubens und 5 Copien von ihm nach Titian waren. Der in franzöfifcher
und englifcher Sprache herausgegebene Auctionskatalog ** hatte den Verkauf
gegen den Mai 1641 angekündigt, aber er wurde erft am 17. März 1642 be-
gonnen, und im April, Mai und Juni fortgefetzt mit einem Gefammtertrag von
52,804 Gulden 12V2 Stüber. Die Stücke, welche Rubens und feinen erften
Kindern gemeinfchaftlich gehörten, warfen 16,649 Gulden 15 Stüber ab.
Einige Werke wurden durch die Hinterbliebenen zurückgekauft und fpäter
neuerdings veräufsert.

Da fich unter Rubens’ Söhnen und Schwiegerföhnen bis zu dem Zeit-
punkt, in welchem der jüngfte Spröfsling achtzehn Jahre alt war, kein
Künftler befand, fo wurden feine Zeichnungen (wahrfcheinlich 1659) auch an
den Mann gebracht.

Sie find gegenwärtig in einer grofsen Zahl von Sammlungen Europa’s
verbreitet. Die Albertina zu Wien, das Mufeum dafelbft, die Mufeen von
Weimar, Dresden und im Louvre find am reichften hierin. Die Zeichnungen
beftehen in Copien nach italienifchen Meiftern, in Studien nach der Natur, in
Entwürfen zu Gemälden, alle mit der Rubens kennzeichnenden Breite und
Sicherheit der Hand hergeftellt. Werfen jedoch die Zeichnungen anderer
grofser Meifter, eines Rafael, Dürer und Holbein z. B., über das Entfliehen und
Reifen ihrer Compofitionen manches Licht, fo ift diefs bei Rubens Zeichnungen
nicht in dem Maafse der Fall. Wenn nicht der gröfste Theil derfelben ver-
loren gegangen, was man indefs nicht annehmen kann, fo geht aus ihrer kleinen

* F. Verächter, Genealogie de P. P. Rubens. Anvers. 1S40.

** Die erften Ausgaben wurden von Jan van Meurs in Antwerpen gedruckt, die franzöfifche
ward wieder abgedruckt im Catalogue d’ Estampes von del Marmol (Brux. 1794) und in Michel,
Histoire de la vie de Rubens (Brux. 1771). Der englifche Text wurde wieder abgedruckt
in Smiths Catalogue Raisonne, Vol. IX. und für fich in Yarmouth 183S und 1839.
 
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