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Rooses, Max
Geschichte der Malerschule Antwerpens: von Q. Massijs bis zu den letzten Ausläufern der Schule P. P. Rubens — München, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.20661#0410
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XI. Die Historienmaler aus Rubens1 Zeit.

In feinen Bildnifsen reiht ftch der grofsherzogliche Hofmaler unmittelbar
an Rubens und van Dijck, welchen er fehr nahe kömmt. Die Gallerien von
Florenz find reich an Werken feiner Hand. In den Uffizien befindet fich die
»Huldigung vor Grofsherzog Ferdinand II.«, (Nr. 139) ein grofses Gemälde
mit vielen Bildnifsen, warm und kraftvoll auf dunklem (etwas zu fchwarz
gewordenem) Grunde gemalt, ebenda das Porträt »Galileo’s« (Nr. 163), ein
Bild voll Wahrheit, fehr fchön im Vortrag, wirkfam im Helldunkel, ein Meifter-
werk in jeder Hinficht, ferner das Porträt eines »Mannes in Schweizer-Tracht«
(Nr. 192), welches den Vergleich mit Rubens’ und van Dijck’s bellen Werken
aushält. In Pitti finden wir »Vittoria della Rovere« (Nr. 116), eine allerliebfte
junge Frau, »Ferdinand II. von Medici« (Nr. 415), ein nicht minder präch-
tiges Stück, und das Bildnifs des Sohnes Friedrich III. von Dänemark (Nr. 190),
vielleicht die fchönfte von Suftermans’ Schöpfungen. Der Prinz mag 15 Jahre
alt fein, trägt einen goldeingelegten Panzer, einen iibergrofsen weifsen Hals-
kragen und eine fchräg über die Bruft gelegte blauweifse Seidenfchärpe. Sein
langes dunkelbraunes Haar ilt, foweit es über die Stirn hereinfällt, parallel mit
den Brauen in gerader Linie verfchnitten und fällt im Uebrigen in fchweren
Locken auf die Schultern, das Geficht ift nicht fein gefchnitten aber doch nicht
ohne Vornehmheit, wenn auch die kirfchrothen Lippen, die lebendigen Augen,
das weiche Fleifch weniger einen Prinzen, als einen gefunden Jungen zeigen.
In fonnigem Schimmer hebt fich das lebensvolle Bildnifs von dem fahlgrünen
Grunde und bildet eine Perle von reinftem Waffer in dem Meer von Meifter-
werken, welche die Wände der überreichen Gallerie fchmücken. Freilich find
nicht alle Werke Suftermans in demfelben Grade vortrefflich: in Florenz wie
anderwärts trifft man deren, welche in der Zeichnung fteifer und in der Licht-
führung härter find. Wahrfcheinlich verlor auch fein Pinfel mit den Jahren
feine Zauberkraft und überlebte fich des Künftlers bewundernswerthes aber
zu wenig bekanntes und gewürdigtes Talent.

Abraham MatthIJS wurde 1581 geboren und ftarb 1649. Zum dritten
Orden des hl. Franciscus gehörig malte er 1632—1634 um eine Vergütung
von 800 Gulden das Bild, welches der Rubens’fchen »Himmelfahrt Mariä« auf
dem Hochaltar von U. L. Frau zu Antwerpen als Rückfeite dient und den
»Tod Mariens« darftellt. Rubens’ Einflufs ift in den breiten Drapierungen und
deren vollen Tönen unfehwer zu entdecken, aber die Anordnung ift un-
zufammenhängend und die Farbe eher hell und bunt als kräftig.

Von Balthasar VAN Cortbemde, 1612 in Antwerpen geboren und
zwifchen dem 18. März 1663 und dem 6. Mai 1670 geftorben, kennen wir nur
das Bild, welches das Mufeum von Antwerpen unter feinem Namen befitzt.
Es trägt die Jahrzahl 1647 und ftellt den »barmherzigen Samaritaner« dar, wie
er dem auf dem Boden liegenden Verwundeten Balfam in die Wunden giefst.
Die Scene geht in einer dicht bewachfenen Landfchaft vor fich, die indefs
etwas zu fchwarz im Ton ift. Die Farben der reichen Kleidung des Sama-
ritaners find energifch, die des nackten Verwundeten entfprechend leuchtend.
Die Malweife ift von einer Solidität und Delicateffe, die an eine frühere Schule
denken läfst.

Diefs find die hervorragendften Hiftorienmaler, welche in Rubens’ Zeit
lebten. Wenige von ihnen entgingen, wie wir gefehen haben, feinem Einflufse,
und felbft die originalften und begabteften, wie Jordaens, Cornelis de Vos,
Theodor Rombouts bezahlten früher oder fpäter ihren Tribut an den Meifter
der Meifter. Aufserhalb der Rubens’fchen bildete fich keine Schule. Jeder
von den felbftändigen Künftlern hatte feine eigene charakteriftifche Art, aber
diefe ift oft unbeftändig und wurde niemals von Anderen aufgenommen. Wie
 
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