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Muzeum Narodowe <Breslau> [Hrsg.]; Muzeum Śla̜skie <Breslau> [Hrsg.]
Roczniki Sztuki Śląskiej — 11.1977

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Rozprawy
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Steinborn, Bożena: "Galeria sławnych" Tomasza Rehdigera
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https://doi.org/10.11588/diglit.13739#0092

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Bożena Steinborn

„DIE GALERIE DER BERUHMTEN" THOMAS REHDIGERS
Zusammenfassung

Der Sohn einer Patrizierfamilie aus Wrocław, Thomas Rehdigers Galerie wird von der Verfasserin der dritten Art

Rehdiger (1540—J 576) reiste von seinem zwanzigsten Lebens- zugeordnet, mit dem VorbehaIt jedoch, daB in ihrer Konzeption

jahr an durch ganz Europa; 1570 hatte er sich in Koln nieder- der Nachhall des mittelalterlichen Modells zum Ausdruck

gelassen, wo er ein Haus erworben hatte, in dem seine Sammlun- kommt: die bosen und guten Helden, Laster und Tugenden

gen von Biichern, MUnzen und Kunstwerken Platz finden konn- werden gegeniibergestellt.

ten. Seinem letzten Willen nach wurden sic spiiter nach Wroc- Zu Anfang der formelien Analyse der Galerie unterstreicht

law befórdert; sie sollten ungeteilt blieben und „nicht nur die Verfasserin, daB die Portratkopie des 16. Jh. nicht a priori

der Familie Rehdiger zu Ehren [...], sondern wahrlich auch ande- entwertet, sondern nach den ihr eigenen ktinstlerischen Kriterien

ren zum Gebrauch und Vergniigen" ausgcstellt werden. Mit betrachtet werden soli; und dies wegen ihrer ungewóhnlichen

der Zeit sind sie in die Museumssammlungen der Sladt gekom- Verbreitung, wie auch — vor allem — wegen ihrer Funktionen,

men. Ihre wechselvollen Schicksale verursachten jedoch, daB die anders waren, ais die Funktionen eines Malkunstwerkes

sich gegenwartig nur ein Teil von ihnen wiederfinden laBt. mit Portriit ais Thema. In den sog. historischen Galerien besteht

Die Verfasserin befaBt sich mit der Rekonslruktion der die Hauptfunktion eines solchen „Portriits des Portriits" in

Gruppe von 57 auf Holz gemalten Bildniskopien, von denen der Repriisentanz einer bestimmten Person in einer gróBeren

nur 18 (erst seit 1956) im Bcsitz des Nationalmuseums zu Wroc- Gruppe. Demzufolge zielt ein solches Bildnis darauf hin, die

ław sind; die ubrigen sind im letzten Weltkrieg verlorengegangen charakteristischen Gesichtsziige zu kondensieren (also nicht

und nur von alten Fotografien bekannt. Der hier angeschlos- imbedingt den Ausdruck einer direkten Beobachtung zu geben)-

sene Katalog hat — genauer ais es in den fruheren Inventare die gegebenc Person mit „Attributen" und Inskriptionen zu

der Fali war — die dargestellten Personen bezeichnet und die versehen, damit sie sofort identifiziert werden kann. Von

Irrtiimer richtiggestellt; in mehreren Fallen wurde auf die diesem Standpunkt her gesehen, niihern sich die Funktionen der

Vorbilder hingewiesen, nach denen dic Bildnissc kopiert waren, Portratkopie in den Portratgalerien des 16. Jh. an die Funktio-

in anderen — lieBen sich die Prototypen nur im allgemeinen nen eines Kultgemaldes; die daraus folgenden formalen

nennen. So beschrieben, wurde die Gruppe zu einer Grundlagc, Konsequenzen,wie z.B. Vereinfachung im Vergleich zu dem

auf der die Betrachtungen zum Programm (I. Kapitel) und zu Vorbild, sollen eher ais eine Abkurzung (so wie das Symbol

den kiinstlerischen Fragen (11. Kapitel) dieser „Galerie" durch- eine Abkurzung eines bestimmten Inhalts ist) und nicht unbe-

gefiihrt werden konnten. dingt ais kiinstlerische Unzuliinglichkeit angesehen werden.

Rehdigers Lebenslauf, der 1921 von Baccker anhand seines Die Verfasserin unterscheidet innerhalb der Galerie Reh-

Briefwechsels nachgebildet wurde, laBt feststellen; daB Rehdi- digers zwei Kopisten, A und B. Der erstere wird mit derjenigen

gers Interesse fiir die Kalvinisten viel gróBer war, ais es nur aus Portratgruppe in Zusammenhang gebracht, die wahrscheinlich

seinem lutherischen Bekenntnis hervorgehen konn te; es gibt eine einheilliche Gruppe von Bildnissen zum VorbiId hatte,

sogar Vermutungen, daB er ein Kryptokalvinist sein kónnte. welche im Umkreis des Mazenats von Margarete von óster-

Im Zusammenhang damit stehen die guten Kenntnisse Rehdi- reich entstanden sind (davon zeugen sowohl die Personenaus-

gers iiber den Verlauf des Konflikts und der Kampfe zwischen wahl, ais auch die Nachwirkung der Malkunst Vermeyens).

der habsburgischen Obrigkeit und dem Befreiungslager in den fon Katalog sind es die Positionen 1 — 6 und 25. Wohl derselbe

Niederlanden. Dies findet seine Widerspiegelung in der Zusam- Kopist hat noch vier weitere Portriits verfertigt, die Katalog-

menstellung der Portriits in der Galerie, wo alle Herrsclicr der positionen 22, 52, 53 und 54. Manche Ausfuhrungsmerkmale des

Niederlande prasentiert werden (von Philipp dem Guten bis Kopisten B, dem die Bildnissc 7,32,33,35,40 und 44 zugeschrieben

Wilhelm von Oranien), und ihre Abstammung wird von der wurden, und der noch vielleicht drei weitere gemalt hatte (Kat.-

burgundischen Tradition hergeleitet. Die Vertreter der Kirehcn- Pos. 12, 16, 17), sind noch an mehreren anderen Portriits zu

reform werden an sechs Beispielen priisentiert (von Fisher bis bemerken; deshalb ist seine Beteiligung an der Galerie nicht

Kalvin); eine gewisse Ergiinzung bieten hier dic Portriits von deutlich abzugrenzen. Die Mchrheit der Arbeiten des Kopisten B

Kiinstlern, die den Ideen der Reformation jiahestanden (Marot, weist Verbindungen mit dem Moro-Kiinstlerkreis auf. Es wird

Michelangelo) und von den Anfiihrem der Hugenotten. Diese nicht ausgeschlossen, daB sie von einem Fliichtling aus

Reihe wird sozusagen gekrónt von einem in solchen Galerien den Niederlanden, von denen viele in Koln arbeiteten, aus-

iiuBerst seltenen Bildnis Poltrots — des Morders Franęois des gefiihrt sein konnten. Einige Portriits der Galerie haben

Guise's. Dagegen wird die Reilie ihrer Antagonistcn, wie z.B. Prototypen auch unter den franzósischen Crayons. Nur in

die Portriits der wichtigsten Mitglieder der kóniglichen Partei in wenigen Fallen lieBen sich die unmittelbaren Vorbilder fest-

damaligem Frankreich, durch die Bildnisse von Philipp II., stellen; die Mehrheit der Bildnissen in der Galerie Rehdigers

Alba und den beiden Papsten auf ihren Hóhepunkt gebracht. gehórt zu einem noch nicht erforschten Feld von Repliken,

Es gibt auch in der Galerie Portriits von Personen, die bereits Wiederholungen und Kopien, die von einem entfernten Vorbild

konvcntionell in den Galerien der Persbnlichkeiten enthalten hergeleitet wurden (so z.B. besteht eine unbestreitbare aber recht

waren (Don Carlos, konigliche Gemahlinen). Rehdigers Galerie lose Vcrwandtschaft zwischen drei Bildnissen der Galerie und

ist also, wenn man die inhaltliche Konzeption berticksichtigt, den Wcrken von Holbein d.J.).

keine einheitliche Sammlung. Nur ein Portriit tragt das Datum: 1572. Die Biographien

Die Verfasserin unterscheidet bei den Portriilsgalerien des mancher der portriitierten Personen lassen vermuten, daB

16. Jh. drei Arlen: 1. Sippengalerien, 2. ,,virorum illustrium", Rehdiger die Bildnisse zu sammeln begann, nachdem er sich

3. Galerien der au^gewiihlten Miinner. Wahrend die zweite Art 1570 in Koln niedergelassen hatte, obwohl die Idee selbst wohl

die der allgemeinen Empflndung beruhmten Personen nach wahrend seiner Italienreisen entstanden mtisste. Man kann an-

umfaBte, so stiitzt sich das Programm der dritten Art auf eigene nehmen, daB der Tod Rehdigers sein Werk unterbrochen hat.
Wahl, dementsprechend — auf die Ansichten des Stifters selbst.

iibersetzt von M. Adamski
 
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