FAMILIENCHRONIK
Alle fünf Handschriften stimmen im wesentlichen miteinander überein. Ihre Textabweichungen erweisen
jedoch verschiedene Vorlagen für ABßG. Die Hss. ß und B sind von derselben Hand geschrieben, gehen
aber auf verschiedene Vorlagen zurück; Hs. A ist vermutlich Kopie nach einer Abschrift des Malers und
Dürerforschers Johann Hauer (1586-1660). Vgl. Lange-Fuhse, S. 2, und F. Fuhse, Mitteilungen aus dem
Germanischen Nationalmuseum Jg. 1895, S. 66 ff. Das allen vier Hss. gemeinsame unrichtige „Haller“
(Z. 40) beweist wohl, daß keine derselben unmittelbar auf das Original Dürers zurückgeht, sondern auf eine
ältere Abschrift, die diesen Fehler bereits enthielt. Unserer Ausgabe wurde die Hs. A zugrunde gelegt.
Drucke: G. A. Will, Nürnbergische Münz-Belustigungen 1 (1764), S. 322 ff.; J. F. Roth, Leben Albrecht
Dürers, des Vaters der deutschen Künstler (Leipzig 1791), S. 112 ff.; Campe, S. 1 ff.; Thausing, S. 69 ff.;
Lange-Fuhse, S. 1 ff.; Heidrich, S. 7 ff.
Übersetzung: Ins Englische bei W. M. Conway, Literary remains of Albrecht Dürer (Cambridge 1889),
S. 34 ff.; 77 ff.; 128. - Ins Niederländische bei F. Verächter, Albrecht Dürer in de Nederlanden (Antwerpen
1840), S. 23 ff.
A° 1524. Nach Weihnachten in Nürmberg.1
Ich, Albrecht Dürrer der jünger, hab zusammen
tragen aus meines vatters Schriften, von wannen
er gewesen sej, wie er herkumen und blieben und
j geendet seeliglich. Gott sei jhm und uns gnädig.
Amen.
A° 1524.
Albrecht Dürrer der eher2 ist auß seim geschlecht
geboren im königreich zu Hungern, nit ferr3 von
10 einen kleinen stättlein, genant Jula4, acht meil wegs
weit unter Wardein5, auß ein dörfflein zu negst
darbej gelegen, mit namen Eytas6 *, und sein ge-
schlecht haben sich genehrt der ochsen und pferdt'.
Aber meines vatters vatter ist genant gewest An-
15 thoni Dürrer, ist knaben weiß8 in daß obgedachte
stättlein kummen zu einen goltschmit und hat daß
handwerckh bei jhm gelernet. Darnach hat er sich
verheurath mit einer jungfrauen mit namen Elisa-
betha, mit der hat er ein tochter Catharina und
20 drei söhn geboren. Den ersten sohn, Albrecht
Dürrer genannt, der ist mein lieber vatter gewest,
der ist auch ein goltschmidt worden, ein künstlicher
rainer mann. Den andern sohn hat er Laßlen9 ge-
nant, der war ein zaumacher10. Von dem ist ge-
1. Nürnberg A. 4. seye G\ herkumen ß; herkommen G.
4f. geblieben auch geendet G. 5. uns und jhm A; genädig G,
später ebenso. 7. A° 1524] fehlt G. 8. seinem G. 9. Hun-
garn nit vehren G. 10. einem G. 11. WardinüG, wardey
ß; eim ß, einem G; zunehst G, so noch öfters. 15. Dürer
welcher ist G. 16. einem A. 18. eine tochter nahmens G.
20. söhn erzeugt G, erz über geb [?] geschrieben. 20 f. Albrecht
genand dieser G. 23. andren A. 24. zaummacherB /3;deme G.
boren mein vetter Niclas Dürrer, der zu Cölln siezt,
den man nent Niclas Unger11. Der ist auch ein golt-
schmidt und hat daß handtwerckh hier zw Nürm-
berg bej meinen vater gelernet. Den dritten sohn
hat er Johannes genant, den hat er studieren lasen.
Derselb ist darnach zu Wardein pfarrer worden, 3°
ob12 30 jahr lang blieben. Darnach ist Albrecht
Dürrer, mein lieber vater, in Teutschland kommen,
lang in Niederland gewest bej den großen künstern,
und auf die leezt her gen Nürmberg kommen13, alß
man geczehlt hat nach Christi geburth 1455 jar, 35
an St. Loyen tag14. Und auf denselben tag hate 25.6.1455
Philipp Birkamer10 hochzeit auf der vesten, und
war ein großer tancz unter der großen linden. Dar-
nach hat mein lieber vatter Albrecht Dürrer dem
alten Jeronimus Holper16, der mein anherr gewessen 40
ist, gedient eine lange zeit, biß man nach Christi
geburth geczehlt hat 1467 jar. Da hat jhm mein an-
herr seine tochter geben, ein hübsche gerade jung-
frau, Barbara17 genant, 15 jar alt, und hat mit 6.8.1467
jhr hochzeit gehabt acht tag vor Vitj18. Auch ist zu 45
wissen, daß mein anfrau, meiner mutter mutter,
ist deß öllingers tochter von Weissenburg gewest,
hat gehaissen Kunigund. Und mein lieber vater
hat mit seinen gemahl, meiner lieben mutter, diese
25. Colin B. 26. deme man den Niclas Ungar nent G;
Ungar ß; dieser ist G. 28. meinem G. 29. dem G; stu-
dirn G. 30. derselbe G; Wardej Bß. 34. lezte G.
35. gezehlet G. 37. Birkaimer Bß, Birckheimer G. 39. den
G. 40. Haller A B ß G. 41. gedienet G; biß daß B ß G.
42. gezehlet G. 43. eine G. 46. alß meiner G. 48. Kuni-
gunda G. 49. seinem G.
28
Alle fünf Handschriften stimmen im wesentlichen miteinander überein. Ihre Textabweichungen erweisen
jedoch verschiedene Vorlagen für ABßG. Die Hss. ß und B sind von derselben Hand geschrieben, gehen
aber auf verschiedene Vorlagen zurück; Hs. A ist vermutlich Kopie nach einer Abschrift des Malers und
Dürerforschers Johann Hauer (1586-1660). Vgl. Lange-Fuhse, S. 2, und F. Fuhse, Mitteilungen aus dem
Germanischen Nationalmuseum Jg. 1895, S. 66 ff. Das allen vier Hss. gemeinsame unrichtige „Haller“
(Z. 40) beweist wohl, daß keine derselben unmittelbar auf das Original Dürers zurückgeht, sondern auf eine
ältere Abschrift, die diesen Fehler bereits enthielt. Unserer Ausgabe wurde die Hs. A zugrunde gelegt.
Drucke: G. A. Will, Nürnbergische Münz-Belustigungen 1 (1764), S. 322 ff.; J. F. Roth, Leben Albrecht
Dürers, des Vaters der deutschen Künstler (Leipzig 1791), S. 112 ff.; Campe, S. 1 ff.; Thausing, S. 69 ff.;
Lange-Fuhse, S. 1 ff.; Heidrich, S. 7 ff.
Übersetzung: Ins Englische bei W. M. Conway, Literary remains of Albrecht Dürer (Cambridge 1889),
S. 34 ff.; 77 ff.; 128. - Ins Niederländische bei F. Verächter, Albrecht Dürer in de Nederlanden (Antwerpen
1840), S. 23 ff.
A° 1524. Nach Weihnachten in Nürmberg.1
Ich, Albrecht Dürrer der jünger, hab zusammen
tragen aus meines vatters Schriften, von wannen
er gewesen sej, wie er herkumen und blieben und
j geendet seeliglich. Gott sei jhm und uns gnädig.
Amen.
A° 1524.
Albrecht Dürrer der eher2 ist auß seim geschlecht
geboren im königreich zu Hungern, nit ferr3 von
10 einen kleinen stättlein, genant Jula4, acht meil wegs
weit unter Wardein5, auß ein dörfflein zu negst
darbej gelegen, mit namen Eytas6 *, und sein ge-
schlecht haben sich genehrt der ochsen und pferdt'.
Aber meines vatters vatter ist genant gewest An-
15 thoni Dürrer, ist knaben weiß8 in daß obgedachte
stättlein kummen zu einen goltschmit und hat daß
handwerckh bei jhm gelernet. Darnach hat er sich
verheurath mit einer jungfrauen mit namen Elisa-
betha, mit der hat er ein tochter Catharina und
20 drei söhn geboren. Den ersten sohn, Albrecht
Dürrer genannt, der ist mein lieber vatter gewest,
der ist auch ein goltschmidt worden, ein künstlicher
rainer mann. Den andern sohn hat er Laßlen9 ge-
nant, der war ein zaumacher10. Von dem ist ge-
1. Nürnberg A. 4. seye G\ herkumen ß; herkommen G.
4f. geblieben auch geendet G. 5. uns und jhm A; genädig G,
später ebenso. 7. A° 1524] fehlt G. 8. seinem G. 9. Hun-
garn nit vehren G. 10. einem G. 11. WardinüG, wardey
ß; eim ß, einem G; zunehst G, so noch öfters. 15. Dürer
welcher ist G. 16. einem A. 18. eine tochter nahmens G.
20. söhn erzeugt G, erz über geb [?] geschrieben. 20 f. Albrecht
genand dieser G. 23. andren A. 24. zaummacherB /3;deme G.
boren mein vetter Niclas Dürrer, der zu Cölln siezt,
den man nent Niclas Unger11. Der ist auch ein golt-
schmidt und hat daß handtwerckh hier zw Nürm-
berg bej meinen vater gelernet. Den dritten sohn
hat er Johannes genant, den hat er studieren lasen.
Derselb ist darnach zu Wardein pfarrer worden, 3°
ob12 30 jahr lang blieben. Darnach ist Albrecht
Dürrer, mein lieber vater, in Teutschland kommen,
lang in Niederland gewest bej den großen künstern,
und auf die leezt her gen Nürmberg kommen13, alß
man geczehlt hat nach Christi geburth 1455 jar, 35
an St. Loyen tag14. Und auf denselben tag hate 25.6.1455
Philipp Birkamer10 hochzeit auf der vesten, und
war ein großer tancz unter der großen linden. Dar-
nach hat mein lieber vatter Albrecht Dürrer dem
alten Jeronimus Holper16, der mein anherr gewessen 40
ist, gedient eine lange zeit, biß man nach Christi
geburth geczehlt hat 1467 jar. Da hat jhm mein an-
herr seine tochter geben, ein hübsche gerade jung-
frau, Barbara17 genant, 15 jar alt, und hat mit 6.8.1467
jhr hochzeit gehabt acht tag vor Vitj18. Auch ist zu 45
wissen, daß mein anfrau, meiner mutter mutter,
ist deß öllingers tochter von Weissenburg gewest,
hat gehaissen Kunigund. Und mein lieber vater
hat mit seinen gemahl, meiner lieben mutter, diese
25. Colin B. 26. deme man den Niclas Ungar nent G;
Ungar ß; dieser ist G. 28. meinem G. 29. dem G; stu-
dirn G. 30. derselbe G; Wardej Bß. 34. lezte G.
35. gezehlet G. 37. Birkaimer Bß, Birckheimer G. 39. den
G. 40. Haller A B ß G. 41. gedienet G; biß daß B ß G.
42. gezehlet G. 43. eine G. 46. alß meiner G. 48. Kuni-
gunda G. 49. seinem G.
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