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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 1): Autobiographische Schriften ; Briefwechsel ; Dichtungen ; Beischriften, Notizen und Gutachten ; Zeugnisse zum persönlichen Leben — Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.29731#0037
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FAMILIENCHRONIK

200

30.11.1486

20s

11.4.1490

18.5.1494

210

77-1494

21s

220

20.9.1502

22s

jhn reuet die verlorne zeit, die ich mit goltschmid
lehr hete zugebracht. Doch ließ er mirs nach, und
da man zehlt nach Christi geburth i486 an St. En-
dres tag, versprach mich mein vater in die lehr jahr
zu Michael Wohlgemuth47, drei jahr lang jhm zu
dienen. In der zeit verlihe mir gott fleiß, daß ich
woll lernete. Aber ich viel von seinen knechten
mich48 leiden muste. Und da ich außgedient hat,
schickt mich mein vatter hinwegg49, und bliebe vier
jahr außen, biß daß mich mein vater wider fodert.
Und alß ich im 1490 jar hinwegg zog, nach Ostern,
darnach kam ich wider, alß man zehlt 1494 nach
Pfingsten. Und alß ich wider anheimbe50 kommen
was, handelt Hanns Frej51 mit meinen vater und
gab mir seine tochter mit nahmen jungfraw Agnes02,
und gab mir zu ihr 200 fl.53 und hielt die hochzeit,
die was am montag vor Margarethen im 1494 jar.
Darnach begab sich auß Zufall, daß mein vater
kranckh ward an der rühr, also daß jhm die nie-
mand stellen54 mocht. Und da er den todt vor
seinen äugen sähe, gab er sich willig drein mit
großer gedult, und befahl mir mein mutter, und be-
fahl uns göttlich zu leben. Er empfieng auch die h.
sacrament und verschiedt christlich, wie ich daß in
ein andern buch00 nach der leng beschrieben hab, jm
jahr 1502, nach mitternacht vor St. Mattheus
abendt°6, dem gott gnädig und barmhertzig sei.
Darnach nam ich mein bruder Hannsen zu mir, aber
den Endressen schickten mir57 weg.

198. ihm reut A. 199. hatte G. 200. zahlt B ß G. 204.
viel] fehlt A. 205. außgedinet ß, außgedienet hatte G. 207.
wider] jehlt A. 210. anheimbsA ß, anheims G. 211. meinem G.
218. doreinß, darein G. 222. lengeG ; habeG. 225. meinenG.

Darnach zwej jahr nach meines vaters todt nam ich
mein muter zu mir, dan sie het nichts mehr. Und
da sie bei mir wohnete, biß daß man zeit 1513 jar,
da ward sie an einen erigtag früe tödlich und geh-
ling kranckh, darin sie ein gancz jar lang lag. Und
von den ersten tag an über ein jahr, alß sie kranckh
worden, was an einen erigtag, am 17. tag deß Mai58
im 1514 jar, nach empfahung deß h. Sacraments,
ist sie christlich verschieden, zwo stund vor nachts,
der ich selbst vorgebett hab. Der allmächtig gott
sei jhr gnädig.

Darnach im 1521 jar, am sontag vor Bartholomäi,
was der 18. tag deß Augustmonats im Zwilling,
war mein liebe schwiger, die Hanns Freyin kranckh.
Darnach am 29. tag des herbstmonats, nach emp-
fahung der h. sacrament, verschidt sie in der nacht
zu der neunden stundt nach der Nürmberger uhr59.
Der allmächtig gott sei ihr gnädig.

Darnach als man zehlt 1523 jar, an unser lieben
Frauen tag, alß sie in dem tempel geopffert ward,
früe vor den garauß60, ist verschieden Hanns Frey,
mein lieber schwehr, der bej sechs jahren kranckh
was, und der auch in der weit gleich unmüglich
widerwertigkeit erdultet hat, der auch mit den
sacramenten verschieden ist61. Der allmächtig gott
sej jhm gnädig.

Albrecht Dürer.

228. hat G ; mehrs ß. 229. do G. 230. do G; frü G\ todtlich
G. 231. ganzes G\ lag] fehlt G. 232. vber G. 233. einem
G; Erichtag G. 236. allmechtige G. 240. Freyn AB ß G.
242. der sacrament A B, der sacramente ß. 243. Nürnberger/!.
246. den tempel B ß G. 249. war B ß G; und] fehlt A B.
250L dem sacrament G. 253. Albrecht Dürer] fehlt B ß G.

ANMERKUNGEN

1 Flechsig I, S. 4 macht darauf aufmerksam, daß man
damals das Neue Jahr nicht mit dem 1. Jänner begann,
sondern mit dem 25. Dezember. „A° 1924. Nach Weih-
nachten“ heißt daher, Dürer hatte die Familienchronik
in den letzten Tagen des Jahres 1523 zusammengestellt.

2 Albrecht Dürer d. Ä. (1427-1502).

3 fern.

4 Gyula (spr. Djula), heute eine Stadt von 25 000 Ein-
wohnern im Bekeser Komitat.

5 Groß-Wardein.

6 Das ehemalige Dorf Ajtös. Ungarisch ajtö bedeutet
Tür; Ajtösy wäre „der aus Thür gebürtige, der Thürer“.

Vgl. zu der Übereinstimmung des Orts- und Familien-
namens auch Dürers Fiolzschnittwappen aus dem Jahre
1523 mit dem weitgeöffneten Tor über einem Dreiberg.
Eytasch heißt auch die Niederlassung. Da die Familie
sich aber nicht Ajtösy wie das nach dem Dorf benannte
ungarische Adelsgeschlecht, sondern Dürer nennt und
auch die Formen aller angegebenen Taufnamen (ein-
schließlich Laßlen) deutsch sind, hat man es zweifellos
mit einem Geschlecht ehemaliger deutscher Einwanderer
zu tun, welche zuerst in der Nähe von Gyula Landbau
und Viehzucht trieben. Aus der Familie kehrten Albrecht
Dürer d. Ä. und sein Vetter Niklas als Rückwanderer

23O

16.5.1514

235

18.8.1521

240

29.9.1521

245

21.II.1523

25°

31
 
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