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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 1): Autobiographische Schriften ; Briefwechsel ; Dichtungen ; Beischriften, Notizen und Gutachten ; Zeugnisse zum persönlichen Leben — Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.29731#0059
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AN WILLIBALD PIRCKHEIMER

khawffen. So jch sy hab, will jch sy dem jungen Im
s° Hoff24 geben, daz er sy ewch einschlache. Awch will
jch sehen noch den kranchs federen25, jch hab noch
keine gvunden. Aber schwanen federen, domit man
schreibt, der sint jr vill. Wy wen jr ein weill26 der
selben awff dy hüt steckett?
js Awch hab jch ein puchtrucker gefrogt, der spricht,
er wiß noch nix Krichisch, daz jn kurtz sey aws
gangen, was er aber erfar, daz will er mich wissen
lassen, daz jch ewchs schreibn müg. Jtem last mich
wissen, was papirs jr meint, daz jch kawffen soll,
60 wan jch weis kein subtillers den als wir doheim
kawft hand.

Jtem der historien27 halben sy jch nix besunders,
daz dy Walhen machen, daz sunders lustig jn ewer
studorium28 wer. Es jst vmer daz vnd daz ein29. Jr
wist selber mer weder sy molen. Jtem jch hab ewch
kurczlich geschriben pey potten Kantengysserle30.
Jtem jch west ach geren, wy jr noch mit dem Kuncz
Im Hoff31 eins werd. Hy mit last mich ewch be-
fohlen sein. Sagent mir vnserem prior32 mein willig

49. hkawffen. 50. einschlachen. 52. gvunden] aus vinden
verbessert. 62. historium.

dinst, sprecht, daz er gott vur mich pit, daz jch phüt 70
werd vnd sundelich vor den franczosen33. Wan jch
weis nix, daz jch jtz vbeller fürcht, wan schir jder
man hat sy, vill lewtt fressen sy gar hin weg, daz
sy also sterbn. Awch grüst mir Steffen Pawm-
gartner34, her Lorentz30, all vnser pulen vnd dy jn 7s
gut noch mir fragen. Tatum Fenedig 1506 am
18. Awgustj.

Albertus Dürer
Norikorius cibus36.

Jtem Endres37 jst hy, lest ewch sein willing dinst
sagen, jst noch nit am schtercksten, hatt mangell an
gelt, wan sein lange kranckheit vnd verschuld38 hat
jms als gfressen. Jch hab jm selbs acht dugaten ge-
lihen. Aber saget nymantz dorfon, das es jm nit
für kum, er mocht sunst gedencken, jch thettz aws 85
mis trew. Jr solt awch wissen, daz er sych also eyns
erberen weisen Wesens heit, daz jm jder man woll
will.

Jtem jch hab jm willen, wen der kung jns Welsch-
land will39, jch woll mit jm gen Rom etc. 90

74. grüst] über der Zeile. 89. den kung.

ANMERKUNGEN

1 dice.

2 io udii.

3 piacere.

4 onore.

5 meraviglio.

6 come voi.

7 Tiraybuly] so die Hs.; v. Murr „Tirasibuly“, in der
Anm. „Trasibulo“; Campe „Tirasibuly“; Thausing, be-
raten durch A. Mussafia, trennt in „tiranni“ und „buli“;
Lange-Fuhse „Tiraisbuli“. Am sinnvollsten scheint mir
die Annahme Murrs, der an Thrasybulus (Tyrann von
Syrakus, 446 v. Chr.) dachte. Doch auch er übersah,
daß griech. Thrasy-bulos dasselbe bedeutet wie Konrad,
mhd. Kuon-rät. Der des Griechischen wohl kundige
Pirckheimer pflegte offenbar im Freundeskreis den
Konrad Schott Thrasybulus zu nennen, oder hatte ihn
brieflich so bezeichnet. Vgl. auch Panofsky I, S. 109.

8 lat. nisi.

9 fysa de cacza] Dürer vertauscht die Buchstaben a und
o (grondo-grande; hanor-onore); fysa de cacza darf
man daher als altvenezianisch „viso de cazzo“ lesen.
Wenn Dürer statt italienisch v ein f schreibt (fysa), so
hat ihn dabei der deutsche Schreibgebrauch, z. B,. vater,
gesprochen fater, beeinflußt. In der gemeinen Volks-
sprache der Italiener spielte cazzo eine ebenso bedeu-
tende Rolle wie carajo in der des Spaniers und das ent-

sprechende Wort zur geringschätzigen Bezeichnung
männlicher Personen (Schmeller1 2 3 4 5 6 7 8 9 II, Sp. 642) in der
deutschen Volkssprache.

10 Übersetzungsversuch der italienisch-lateinischen Sätze:
„An den größten und ersten Menschen der Welt, euer
Diener, der Knecht Albrecht Dürer, sagt Heil seinem
hochherzigen Herrn Willibald Pirckheimer. In Treue
und gerne vernahm ich mit großem Vergnügen euer
Wohlbefinden und große Ehre. Mich wundert, wie es
möglich war, daß ihr ein Mann allein gegen so viele
Krieger des überaus geschickten Konrad habt bestehen
können; gewiß auf keine andere Weise denn durch die
Gnade Gottes. Als ich euren Brief las über diese grau-
lichen Priapsvisagen, da erfaßte mich große Furcht und
es schien mir eine gewaltige Sache.“ K. Giehlow, Die
Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie
der Renaissance besonders der Ehrenpforte Kaisers
Maximilian I., Jahrbuch der Kunsthistorischen Samm-
lungen des Allerh. Kaiserhauses 32 (1915), S. 96, hat an-
genommen, daß Dürer in diesem italienisch-deutschen
Kauderwelsch „paroli di Poliphilo“, d. h. die Sprache
der „Flypnerotomachia Poliphili“ des Francesco Colona
gebraucht und mit 'diesem hochtrabenden Schwulst über
die Modetorheit der schöngeistigen Kreise Venedigs
scherzen wollte. Durch einen glücklichen Fund G. Lei-
dingers wissen wir, daß Dürer tatsächlich die zu Venedig
1499 erschienene Ausgabe des Romanwerkes besaß. Er

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