AN ALBRECHT VON BRANDENBURG UND AN WILLIBALD PIRCKHEIMER
Nr. 42
DÜRER AN WILLIBALD PIRCKHEIMER
[Nürnberg 1523.]
Lremder Entwurf zur Widmung der Proportionslehre von 1523.
Da auf der Rückseite des Briefes Nr. 43 (unter Nr. 65) die Worte stehen: „Hanns Ebners“, nehmen Lange-
Fuhse S. 332 an, daß der Entwurf möglicherweise von Ebner stammt. Hans Ebner (gest. 1553) hatte sich
1508 mit Ursula Harsdörfer vermählt, war seit 1512 Ratsherr und wurde 1526 alter Bürgermeister. Dürer
erwähnt ihn öfter im Tagebuch der Reise in die Niederlande. Vgl. Biedermann, Geschlechtsregister, Tab. 28.
London, Britisches Museum Add. 5230, fol. 45 a-47 b (III, 45 ff.; IV, 2, 3, 4). Regelmäßige Kanzleischrift.
Weder von Dürers noch von Pirckheimers Hand.
Drucke: Conway, S. 254 ff.; Lange-Fuhse, S. 332 ff.
Dem fursichtigen hochachtparn vnnd erbern Willi-
balden Birckhaimer, des rats zu Nurmberg, meinem
günstigen herrn vnd gepieter, empewt jch Albrecht
Dürer daselbst, mein willig dienst mit sonnderem
5 genaigtem vleiß vnnd willen.
Wiewol jch on zweiffenlich dafür acht, das diß mein
furgenommen wergk von etlichen nit wenig ge-
strafft1, mir auch für ein vnwissenhait vnnd furne-
mische durstigkhait2 verwißen werd, darumb das
10 jch mich alls der, so mit geringer vernufft begabt
vnnd keiner sonnderen konnst'! vnnd schickligkhait
fursehen4 ist, das, so jch nye geleßen oder von ye-
mand gelernet, zu beschreiben vnd annderen anzu-
zaigen vnterstee, hab jch doch gedacht vnd mich deß
15 entschlosßen, vngeachtet vorsteender verhassung
vnd neyds, der mir hierauß vermutlich eruolgen
mag, euch, meinem sonderen vertreulichen herren
vnnd freund vff ewr ansuchen, deßhalben mermalen
an mich beschehen, vil mer willfarige gehorsam zu
20 laisten dann durch abschlag vnnd waygerung des-
selben vndanckparlich zuerscheinen. Zweiffel doch
nit, dhweil gemelt mein anzaigen deß, so ich nit mit
geringem vleiß, auch stetter anheltiger muhe vnnd
arbait vnnd darzu mercklicher versaumnus meiner
25 narung5 vil zeit erlangt hab, auß einem gutenn ge-
trewen grund, vnnd nemlich darauß fleust, solchs
alles gemainem geprauch zu nutz zueröffnen, das
Interpunktion: 3. gepieter/ 4. daselbst/ willig/ 6. acht/
7. etlichen/ 7 f. gestrafft/ 10. begabt/ 12. ist/ 14.
vnterstee/ 17. mag/ 19. beschehen/ 20. laisten/ 21.
zuerscheinen/ 22. nit/ 25. narung/ 26. grund/ 27.
zueröffhen/
mir das durch keinen frommen, redlichen oder ge-
schickten zu vngutem außgelegt vnnd verwißen,
sonnder mein gutwillige begirliche naigung wolge- 3°
f eilig angenommen vnnd gelobt werd. Vnd nach-
dem ich nun dafür hallt, daß gemelter mein vleiß
vnd langwirige arbait nit gantz vergebenlich vnnd
on frucht sein soll, will ich dester mit mynderer be-
schwerd solchs vorsteenden haß (der nymands ver- 35
schont) gewarten, vnnd meinen mißgönnernn vnnd
neydernn angezaigts wergks allein mit dieser ant-
wurt begegnen, das vil geringer sey, ein solch fur-
nemen zu straffen dann zuuolbringen. Vnnd ist
wol war, wo die bucher vnnd anzaigung der alten 4°
meister, so von der kunst des malens geschriben
haben, noch vor äugen were, diese mein arbait nit
allein vermessenlich, sonnder auch als vberflussig zu
achten. Dhweil aber die pucher Pamphilj Macedo-
nis6, der anfengklich in der kunst des malens mit sonn- 45
der schickligkhait begabt geweßen ist, vnnd zuuor
jn arithmetica vnd geometria, an die er vermaint
diese kunst nit volkommenlich zu sein, deß gleichen
des hochgeachten malers Appellis' vnnd annderer
bucher, jn denen die 1er mergemelter kunst begriffen 5°
gewest ist, durch leng der zeit vergangen sein, so
acht jch nit für vngeschickt, ob ich mich nach ge-
wonhait der alten diß mein furgenommen werck in
schrifften zubringen vnterstee, vff das solche kunst
47. arithmetrica Hs.
29. verwißen/ 31. werd/ 32. hallt/ 33. arbait/ 34. soll/
36. gewarten/ 38. begegnen/ 39. straffen/ zuuolbringen/
40. war/ 42. were/ 46. ist/ 47. geometria/ 48. sein/
51. ist/ sein/ 52. vngeschickt/ 54. vnterstee/
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Nr. 42
DÜRER AN WILLIBALD PIRCKHEIMER
[Nürnberg 1523.]
Lremder Entwurf zur Widmung der Proportionslehre von 1523.
Da auf der Rückseite des Briefes Nr. 43 (unter Nr. 65) die Worte stehen: „Hanns Ebners“, nehmen Lange-
Fuhse S. 332 an, daß der Entwurf möglicherweise von Ebner stammt. Hans Ebner (gest. 1553) hatte sich
1508 mit Ursula Harsdörfer vermählt, war seit 1512 Ratsherr und wurde 1526 alter Bürgermeister. Dürer
erwähnt ihn öfter im Tagebuch der Reise in die Niederlande. Vgl. Biedermann, Geschlechtsregister, Tab. 28.
London, Britisches Museum Add. 5230, fol. 45 a-47 b (III, 45 ff.; IV, 2, 3, 4). Regelmäßige Kanzleischrift.
Weder von Dürers noch von Pirckheimers Hand.
Drucke: Conway, S. 254 ff.; Lange-Fuhse, S. 332 ff.
Dem fursichtigen hochachtparn vnnd erbern Willi-
balden Birckhaimer, des rats zu Nurmberg, meinem
günstigen herrn vnd gepieter, empewt jch Albrecht
Dürer daselbst, mein willig dienst mit sonnderem
5 genaigtem vleiß vnnd willen.
Wiewol jch on zweiffenlich dafür acht, das diß mein
furgenommen wergk von etlichen nit wenig ge-
strafft1, mir auch für ein vnwissenhait vnnd furne-
mische durstigkhait2 verwißen werd, darumb das
10 jch mich alls der, so mit geringer vernufft begabt
vnnd keiner sonnderen konnst'! vnnd schickligkhait
fursehen4 ist, das, so jch nye geleßen oder von ye-
mand gelernet, zu beschreiben vnd annderen anzu-
zaigen vnterstee, hab jch doch gedacht vnd mich deß
15 entschlosßen, vngeachtet vorsteender verhassung
vnd neyds, der mir hierauß vermutlich eruolgen
mag, euch, meinem sonderen vertreulichen herren
vnnd freund vff ewr ansuchen, deßhalben mermalen
an mich beschehen, vil mer willfarige gehorsam zu
20 laisten dann durch abschlag vnnd waygerung des-
selben vndanckparlich zuerscheinen. Zweiffel doch
nit, dhweil gemelt mein anzaigen deß, so ich nit mit
geringem vleiß, auch stetter anheltiger muhe vnnd
arbait vnnd darzu mercklicher versaumnus meiner
25 narung5 vil zeit erlangt hab, auß einem gutenn ge-
trewen grund, vnnd nemlich darauß fleust, solchs
alles gemainem geprauch zu nutz zueröffnen, das
Interpunktion: 3. gepieter/ 4. daselbst/ willig/ 6. acht/
7. etlichen/ 7 f. gestrafft/ 10. begabt/ 12. ist/ 14.
vnterstee/ 17. mag/ 19. beschehen/ 20. laisten/ 21.
zuerscheinen/ 22. nit/ 25. narung/ 26. grund/ 27.
zueröffhen/
mir das durch keinen frommen, redlichen oder ge-
schickten zu vngutem außgelegt vnnd verwißen,
sonnder mein gutwillige begirliche naigung wolge- 3°
f eilig angenommen vnnd gelobt werd. Vnd nach-
dem ich nun dafür hallt, daß gemelter mein vleiß
vnd langwirige arbait nit gantz vergebenlich vnnd
on frucht sein soll, will ich dester mit mynderer be-
schwerd solchs vorsteenden haß (der nymands ver- 35
schont) gewarten, vnnd meinen mißgönnernn vnnd
neydernn angezaigts wergks allein mit dieser ant-
wurt begegnen, das vil geringer sey, ein solch fur-
nemen zu straffen dann zuuolbringen. Vnnd ist
wol war, wo die bucher vnnd anzaigung der alten 4°
meister, so von der kunst des malens geschriben
haben, noch vor äugen were, diese mein arbait nit
allein vermessenlich, sonnder auch als vberflussig zu
achten. Dhweil aber die pucher Pamphilj Macedo-
nis6, der anfengklich in der kunst des malens mit sonn- 45
der schickligkhait begabt geweßen ist, vnnd zuuor
jn arithmetica vnd geometria, an die er vermaint
diese kunst nit volkommenlich zu sein, deß gleichen
des hochgeachten malers Appellis' vnnd annderer
bucher, jn denen die 1er mergemelter kunst begriffen 5°
gewest ist, durch leng der zeit vergangen sein, so
acht jch nit für vngeschickt, ob ich mich nach ge-
wonhait der alten diß mein furgenommen werck in
schrifften zubringen vnterstee, vff das solche kunst
47. arithmetrica Hs.
29. verwißen/ 31. werd/ 32. hallt/ 33. arbait/ 34. soll/
36. gewarten/ 38. begegnen/ 39. straffen/ zuuolbringen/
40. war/ 42. were/ 46. ist/ 47. geometria/ 48. sein/
51. ist/ sein/ 52. vngeschickt/ 54. vnterstee/
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