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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 1): Autobiographische Schriften ; Briefwechsel ; Dichtungen ; Beischriften, Notizen und Gutachten ; Zeugnisse zum persönlichen Leben — Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.29731#0135
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DICHTUNGEN

3-

20 Mit grosser begier, ehr vnnd lob

Bitte jch gott vmb die acht gab2.

Oder also:

Mit allem vleiße darnach streb,

Daz dir gott die acht weißheit3 geb.

25 Billich wird der ein weiß mann gnendt,

Den reichtumb vnd armut nit plendt.

Der mann pflegt auch grosser weißheit,

Der wollust vnd trauren gleich treidt4.

Auch ist der ein fast weißer mann,

3° Der ehr vnd schandt gleich tragen kan.

Wer sich erkenndt vnnd vbel lat5,

Der mann ist auf der weißheit pfadt.

Wer für rach erbarmbt6 sein feündt thut,

Deß weißheit veriagt die helln glut.

35 Wer teüfels anfechtung erkenndt,

Der bsteht sie, dem gott weißheit sendt.

Wer inn allem sein hertz rain bhellt,

Der hat der weißheit krön erwöhlt.

Vnnd wer gott gantz recht liebent ist,

4° Der ist ein frommer weißer Christ.

Das obgemellt gefiel herrn Wilibald Pirckamer aber
nit. Da bat jch Lasarus Spengler7, das er mir den
sinn inn reimen machet. Do thet er alß hernach ge-
schrieben steet:

4*

4s Wer vmb gott dise gnad erwürbd,

Fehrt wol ohn zweifei, so er stirbt.

Der wirdt ein weiser mann gespürt,

Den gold vnd armuet nicht verfürth.

Dem zel ich auch groß weißheit zu,

5° Dem frid vnd trauren bringt gleich ruh.

Dem ist groß weißheit zugethan,

Der ehr und schandt gleich tragen kan.

Wer sich erkenndt vnd vbels meidt,

Der hat sich mit vernunfft bekleidt.
ss Welch mann sein feündt erbarment thut,

Der hat für böß erwöhlt daz guet.

Der hat deß teüfels list gesailt8,

Dem gott hat weißheit mitgetheilt.

21. bitt ^4 M. 23. vleiß A M. 25. gnendt] aus gnandt
verbessert A. 33. rath ^4 M; erbarmn C. 34. hellen A.
50. ruhe A. 53. Welchm . . . erbarmen M.

Wer sein hertz alweg rain behellt,

Dem hat sich weißheit zugesellt. 60

Vnd wer gott von hertzn liebent ist,

Der hat die höchste weißheit kiest9.

Do er mir das obbemellt geben hate, da schickt er
mir bey herrn Wilibaldt Pirckamer das nachfol-
gendt gedieht: G

5-

Wiewol vil Sachen sich begeben,

Die vnnser gwonheit widerstreben
Vnnd deßhalb zuuerwundern stehn,

So mag ich doch nit wol vmbgehn,

Euch einen hanndel zuentdecken, 7°

Der eüch zu lachen wirdt bewecken10.

Vnnd ist darumb also gethan:

Ihr kenndt ohn zweifei einen mann,

Hat kraußes haar vnnd einen bart,

Der ist auß angeborner art 7s

Ein maler ye vnnd allweg gwesen.

Vnd darumb daz er schreibn vnnd lesen
Zwo eien vnnd ein virtel kan,

Vermeint er sich zu vntersthan,

Die kunnst der schreiberey zu treiben, 80

Hat angefanngen reimen schreiben.

Daz will im doch nit gleich an sthan,

Vnd möcht im wol also erghan,

Wie auf ein zeit aim schuester11 bschach,

Do er eins malers bild ansach, 8,

Das er hett an die sonnen gstellt.

Sprach er: „daz bild mir wolgefellt,

Allein die schue sindt vngestallt.“

Der maister, der solchs hett gemahlt,

Do er das inn der still vernam, 90

Den manngel er dem bild benam,

Laindt daz alßbaldt ans vorig endt12.

Da kam den anndern tag gerendt
Der altreüß13, so es vor hett gsehen,

Der macht sich brait vnd thet sich plehen. 95
Vnd alß er aber sah daz gmäl,

Redt er: „es hat noch einen fehl,

61. htrtz&n AM. 67. gewonheit A M. 74. krauß A M. 77.
schreiben A M. 78. ein A M. 80. schreiberey] ein %weites
ey durchgestrichen und zu üb er ge schrieben A. (ji.mannglH. 94.
gesehen A M. 95. plechen A M. 96. sähe A.

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