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sollen, zu sehen, wie ihr rascher Verstand, ihr emp-
fänglicher Sinn allen Lehren der Kunst ihrer Vor-
fahren offen standen, in ihr beglückt, tiefer und
lebendiger vielleicht als in den Tagen, wo Frühling
um Frühling sie zur Schlacht aufrief und jeder Herbst
rot dastand von ihrem Blut. Jetzt aber fanden sie
sich unter den Gesetzen wie unter den Herren, denen
sie gehorchten, unglückseliger in schalem Leben als
vordem in jähem Tod. Und niemand da, um sie
zu lehren, sie zu trösten, ihrem Fleiß die rechte
Richtung zu geben, ihre Genüsse neu zu beleben
oder auch nur für ihre einfachsten Rechte aufzustehen
gegenüber der immer wachsenden Bedrückung ge-
wissenlosen Geizes und unbarmherzigen Reichtums.
§ 66. All dies aber, wie so manches andere, habe
ich zu spät in mein Gefühl aufgenommen und erkannt.
Die überstrenge Abgeschlossenheit meiner ersten Er-
ziehung ließ mich lange Zeit hindurch ohne den Wunsch
nach Sympathie für meine eigene Person; das Mit-
gefühl aber, das ich andern gewährte, war nicht von
der Hoffnung begleitet, ihnen förderlich werden zu
können — bis für mich der Höhepunkt tätigen Le-
bens überschritten war. Auch war ich noch zu eng
in meinem Denken, um empfinden zu können, wie
der Campo Santo mehr seinem eigenen Volke gehöre
als mir. Wahrlich, die Lehren, die er zu geben hatte,
hatte ich selbst not zu lernen, ehe ich sie auslegen
konnte. Man ist ziemlich allgemein der Ansicht ge-
wesen, ich sei eher zu früh als zu spät an meine


 
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