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unterrichteten dazumal noch nie von Ghirlandajo ge-
hört. Der Sakristan empfing regelmäßig seinen täg-
lichen Obolus, ob er sich nun um mich kümmerte
oder nicht. So konnte ich in der liebreizenden Ka-
pelle mit ihren gemalten Fenstern, in Gesellschaft
alter Florentiner den ganzen Vormittag machen, was
•eh wollte. Ich schrieb denn auch einen vollständigen
historisch-kritischen Bericht nieder über die Fresken
von A bis Z, meistens rittlings auf den Pulten sitzend,
bis ich eines schönen Tages da, wo am Ende des
Ganges die Stufen hinabführen, zu Fall kam, ohne
jedoch Schaden zu nehmen, obgleich die Sache schlim-
mer gewesen war, als irgend ein Fall in den Alpen.
Die Tinte war über den historischen Bericht geflossen,
und die Schlußperioden waren ein wenig verkürzt
worden — eine Ersparnis an wertvoller Zeit.
§ 69. Wenn sich dann nach den Morgenmessen die
Hauptgeschäftigkeit in der kleinen Sakristei gelegt
hatte (es war eigentlich nur ein Vorratsschrank, eine
Art geistliche Speisekammer, zwei Stufen hoch ge-
legen vom Querschiff aus), dann ließ man mich hinein
zu der Verkündigung Fra Angelicos. Obgleich das
Bild, soviel ich weiß, nur elf zu vierzehn Zoll maß,
zählte es doch zu den größten Kleinodien von Flo-
renz. Es war damals noch in dem kleinen Schrein
ausgestellt, für den es ursprünglich gemalt worden
War; jetzt ist es republikanischer Plünderungslust zum
Opfer gefallen und irgendwo in den allgemeinen Rum-
pelkammern, den großen Aufnahmebehältnissen für
 
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