Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III. DAS PORTRÄT KONONS

Auf Grund antiker Nachrichten ist bekannt, daß die bedeutenderen Phidias-
schüler noch bis in die Zeit 'um die Jahrhundertwende’ gearbeitet haben. Durch die
plastische Überlieferung lassen sich ihre Werkstätten bis in die Jahre des Korinthi-
schen Krieges nachweisen, wodurch das Nebeneinander verschiedener Kunstströ-
mungen in dieser Zeit erklärt wird. Die Übergänge sind gleitend, es gibt keine schar-
fen Zäsuren. Obwohl Athen als künstlerisches Zentrum nach dem Ende des Pelo-
ponnesischen Krieges zunächst an Bedeutung verliert, und mancher Künstler
abgewandert sein mag, weil es in Athen an größeren und besonders staatlich ge-
lenkten Aufträgen mangelte, läßt sich die Entwicklung doch klar an der reichen
Fülle der Grab-, Weih- und Urkundenreliefs ablesen. Als Folge des erschütterten
Polisgedankens sah sich der einzelne Bürger plötzlich dem Verfügungsrecht ent-
bunden, das die Obrigkeit bis zu diesem Zeitpunkt in hohem Maße über ihn gehabt
hatte. Damit ist die Zeit des individualistisch gesinnten, begüterten Bürgertums
angebrochen. Eine von der Polis gelöste große Kunst aber ist für diese Zeit noch
undenkbar. Das Nachlassen der künstlerischen Tätigkeit in Athen in diesen Jahren
kann deshalb nicht als Folgeerscheinung einer allgemeinen Erschöpfung gedeutet
werden, vielmehr handelt es sich um eine Verschiebung der Akzente besonders auf
rein geistige Gebiete, wie die Philosophie Platons beweist. Die zunehmende Apolitie
des Bürgers aber ist weniger Ergebnis des verlorenen Krieges, als einer veränderten
Geisteshaltung, die ihre Wurzeln in dem Verhalten Einzelner zu haben scheint. Der
blendendste Vertreter dieser Gesinnung war Alkibiades. Die Voraussetzung für die
Konzentration auf eine neue künstlerische Form, in der die klassische Polisidee
noch einmal Ausdruck finden konnte, lag in der Beschränkung auf die Werke der
großen Vergangenheit. Aus der Besinnung auf die Vorbilder erwuchs der Hang zur
Reflexion.
Die attische Tradition der Peplosstatue, der Alkamenes durch seine Götterbilder
neue Vertiefung verliehen hatte, läßt sich stilistisch in ungebrochener Linie weiter
verfolgen; über Gestalten an den Erechtheionfriesen, das Urkundenrelief von
406/05125, die Athena Ince Blundell um 400128, ein Weihrelief im Akropolismuseum127,
die Athena des Urkundenreliefs von 398/97128 — bis sie durch den ersten Vertreter
125 Süsserott Taf. 1, 2. 126 Süsserott Taf. 28, 1.
127 O. Walter, Beschreibung der Reliefs im kleinen Akropolismus. Nr. 51.
128 Süsserott Taf. 1, 4.
 
Annotationen