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VIII. DER ANTEIL DES TIMOTHEOS AM
SKULPTURENSCHMUCK DES MAUSOLEUMS
VON HALIKARNASS

a) DIE HISTORISCHEN VORAUSSETZUNGEN
Als Maussollos II. nach dem Tode seines Vaters Hekatomnos 377 v. Chr. als
ältester Sohn das Erbe antrat und die Satrapie Karien übernahm, scheint er bereits
kurz danach den fortschrittlichen und seinem Ehrgeiz entsprechenden Plan ins Auge
gefaßt zu haben, die Residenz aus dem binnenländischen Mylasa wieder ans Meer,
nach Halikarnaß, zurückzuverlegen201. Mit diesem Schritt sicherte er sich durch die
von der Natur begünstigte Lage der alten Hafenstadt einen besseren Überblick über
seinen schnell anwachsenden Herrschaftsbereich, sowie eine regere Beteiligung am
Seehandel. Mylasa blieb mit dem benachbarten Labranda zwar Kultmittelpunkt,
die Gelder aber flössen zum glänzenden Ausbau der neuen Hauptstadt jetzt wieder
nach Halikarnaß. Dieser Ausbau muß infolge des erzwungenen Synoikismos von
sechs binnenländischen Lelegerstädten im wesentlichen spätestens im Jahre 362
abgeschlossen und der Bau der relativ gut erhaltenen Stadtmauer beendet gewesen
sein. Vorderasiatischer Tradition folgend gedachte der karische Dynast bereits bei
Lebzeiten seines Grabmals und ließ sich dafür von seinem Stadtbaumeister den
beherrschenden Mittelpunkt im Plan der neu entstehenden Straßenzüge reservieren.
Zwei spätbyzantinische Schriftsteller überliefern ausdrücklich, daß Maussollos noch
persönlich seinen Grabbau beginnen ließ202.
Eine Untersuchung der seit etwa hundert Jahren bekannten Reste der Architektur
und des Skulpturenschmucks des berühmtesten Grabmals der klassischen Antike
sollte daher eher von diesen historischen Voraussetzungen ausgehen, als von der
Angabe des Plinius203, der Bau sei von Artemisia zu Ehren ihres im Jahre 353 ver-
201 Diod. 15, 90. Vitr. 2, 8, n.
202 Vgl. C. T. Newton - R. P. Pullan, A History of Discoveries at Halicarnassus . . . (1862) 55. Dies.,
Travels and Discoveries in the Levant II (1865). Die Mausoleums-Literatur findet sich übersichtlich zu-
sammengestellt bei H. Riemann in seinem für die RE. bestimmten Pytheos-Artikel, der uns in Druck-
fahnen vorlag.
203 36, 30—31. Die Quellen, außer den bedeutendsten bei Vitruv und Plinius, chronologisch aufge-
führt von Dinsmoor, AJA. 12, 1908, 167 ff. J. v. Breen, Het Reconstructieplan voor het Mausoleum
6 ff. Die Überlieferung des Plinius wurde bereits von Wolters und Sieveking (Jdl. 24, 1909, 171 ff.) als
verdächtig erkannt, ohne daß diese Mahnung von der späteren Forschung genügend beachtet wurde,
 
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