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NACHWORT

Das Ergebnis dieser Untersuchung über die Künstlerpersönlichkeit des Timotheos
sei kurz zusammengefaßt.
Für den Stil ließ sich wahrscheinlich machen, daß er nicht in der nachpolykleti-
schen argivischen Kunsttradition beheimatet war, sondern eher aus der inselioni-
schen (parischen ?) abzuleiten.
Auf Grund der überlieferten Werke zählt der Meister zu den Agalmatopoioi. Aus
der stilistischen Nähe zu den Werken des Agorakritos wurde ein unmittelbares,
durch die Zusammenarbeit an der Nike-Balustrade begründetes Lehrer-Schüler-
Verhältnis erschlossen.
Da sein Stil in der Hauptsache ein Marmorstil war, darf Timotheos sicher nicht
mit dem Künstler gleichen Namens, den Plinius (34, 91) unter den Erzgießern als
Verfertiger von »Athleten, Bewaffneten, Jägern und Opfernden« nennt, gleichgesetzt
werden253.
In stilistischer Hinsicht, weniger in der Wahl seiner Themen, wurzelt Timotheos
noch im Reichen Stil. Innerhalb seiner langen künstlerischen Entwicklung hat er
sich nie entscheidend von ihm gelöst und sich der spezifisch attischen Richtung des
Schlichten Stils nicht angeschlossen. Er war infolgedessen auch nicht an der Ausbil-
dung des spätklassischen attischen Götterbildes beteiligt — wie Kephisodot, der
junge Praxiteles und Leochares. Die Gestalten des Timotheos sind weniger olympi-
sche Gottheiten, als hauptsächlich mythologische Wesen zweiten Ranges, Heroinen
und Nymphen oder Auren. Seine vereinzelten Götterbilder (Asklepios, Aphrodite,
Athena, Artemis) sind unmonumental und kaum berühmt gewesen. Gemeinsam ist
ihnen eine bezaubernd eigenwillige Darstellungsweise, die sich zu beispielhafter
Charakterisierung des Typus nicht eignete.
Im Gegensatz zu den Athener Meistern läßt sich der Stil des Timotheos in keinem
Grabrelief jener Zeit nachweisen. Das Grabmal des Aristonautes, das ihm öfter zuge-
schrieben wurde, gehört frühestens ins dritte Viertel des vierten Jahrhunderts254.
Verglichen mit der vornehmen Isolierung, der Ausgewogenheit und Linienschön-
heit praxitelischer Schöpfungen — sichtbarer ©so! peicc ^ooovts;255 — hat Timo-
theos die Pose nicht gescheut. Seine Gestalten sind immer bewegt, ihre innere Er-
regung klingt in dem erhobenen Kopf aus. Dadurch weisen die Figuren über sich
selber hinaus und teilen sich dem sie umgebenden Raum mit. Die konkreten Bewe-
gungsmotive dienen dieser neuartigen Eroberung des Raumes. In der gebeugten
 
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