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Haltung der Gestalten und durch Überkreuzen der Beine wird der Raum in die
Tiefe hinein erschlossen.
Unter den jüngeren Künstlern des vierten Jahrhunderts scheint sich besonders
Skopas von Paros an unseren Meister angeschlossen zu haben. Sein Stil gleicht einer
innergesetzlichen Fortführung der Bestrebungen des Timotheos, wie der Vergleich
der Epione aus Epidauros mit der Dresdener Mänade zeigt. Erst das Werk des Skopas
ist von allseitiger Beweglichkeit durchdrungen. Die Torsion erreicht einen Höhe-
punkt.
Auch im Emotionellen erweist sich Timotheos als Lehrer des Skopas. Die rraQ-q
des Euripides, die seelischen Konflikte im Menschen, spiegeln sich jetzt auch in den
Zügen der Dargestellten, die Erregung bricht aus dem ziellos schweifenden Blick.
Zu der verkörperten Darstellung der Leidenschaft in den Gestalten des Pothos oder
Himeros aber wagt erst Skopas den Schritt256.
Generationsmäßig läßt sich Timotheos im wesentlichen mit Kephisodot und
Euphranor zusammenstellen. Er kann der älteste gewesen sein, etwas älter noch als
Kephisodot, den er aber überlebt zu haben scheint. Seine Arbeiten am Mausoleum
sind die spätesten erhaltenen. Das Ende der Spätklassik hat er nicht mehr erlebt —
in der 'zweiten Hälfte’ des vierten Jahrhunderts läßt sich seine Hand nicht mehr
nach weisen.
Als Meister und Vertreter der Übergangsepoche bis zur Blütezeit der spätklassi-
schen Bildhauer, und ihnen zur Seite, verband Timotheos in seinem Werk Altes mit
Neuem, blieb aber als Ionier zugleich ein eigenwilliger Außenseiter. Was wir ihm
verdanken, sind einige wertvolle Beiträge zur griechischen Plastik — sind aber vor
allem einige der schönsten Frauengestalten griechischer Meißelführung.

253 Anders H. Brunn, Geschichte der griech. Künstler2 I 383.
254 Athen, Nat. Mus. 738. BrBr. 470. EA. 695—97. A. Conze, Die att. Grabreliefs 1151 Taf. 245.
H. v. Buttlar, Griech. Köpfe Abb. 67. Diepolder 52 f. Taf. 50. Rodenwaldt, KdA.4 449.
Zuerst von Winter, Jdl. 38/39, 1923/24, 51 als Werk des Timotheos bezeichnet, zuletzt noch von
Lippold, Plastik 221. Anders bereits A. v. Salis, Das Grabmal des Aristonautes, 84. BWPr. (1926) mit
Taf. 1—3. A. Rumpf, Griech. und röm. Kunst (Einleit, in die Altertumswiss. II 34) 60 f.: »lysippisch«.
Buschor, Maussollos 51: »Schule des Leochares«; dem gleichen Kreis, im Anschluß an das Lysikrates-
Monument (334 v. Chr.), gibt Kleiner das Grabrelief (Festschr. Schweitzer 233). — N. Himmelmann-
Wildschütz, Studien zum Ilissos-Relief 30. Vgl. Anm. 228.
255 Vgl. G. Rodenwaldt, AbhBerl. 1943 Nr. 13. 256 Vgl. Dohrn, Gymnasium 58, 1951, 235.
 
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