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dem siegreichen Strategen und Erneuerer der athenischen Macht ist in beiden Fällen
gleich stark.
Die Porträtstatuen des Konon auf der Agora und der Akropolis stehen am Beginn
einer Reihe von Ehrenstatuen, die den bedeutenden Strategen Athens der ersten
Hälfte des vierten Jahrhunderts mit öffentlichen Mitteln gesetzt wurden. Es folgten
Standbilder des Timotheos149, des Chabrias150, des Iphikrates151, des Phokion152.
Keine dieser Statuen wird vor 375 entstanden sein. Chabrias erhielt die seine nach
dem Seesieg bei Naxos 376/75, Timotheos wohl entsprechend nach dem Sieg bei
Leukas 375. Leider ist von diesen Bildnissen keines mit Sicherheit identifiziert. Die
Münzen von Kyzikos mit dem Kopf eines bekränzten, halb kahlköpfigen Mannes,
in dem man Timotheos erkennen wollte, können sich nur auf die Intervention des
Feldherrn in den Jahren 364/63 beziehen. Timotheos war damals etwa 48 Jahre alt153.
Die groben, etwas barbarischen Züge mögen ein Erbteil seiner thrakischen Mutter
sein.
Gegen 370 entstand das nächste bedeutende Strategenbildnis: der sogenannte
Phokion154. Das Porträt setzt die Stilrichtung des älteren Konon-Bildnisses fort.
Der Kopf ist noch spontaner aus der Achse heraus bewegt, der Grad der seelischen
Erregtheit erscheint gesteigert.
Die Wurzeln dieser Porträtkunst reichen ins fünfte Jahrhundert zurück, wie der
Vergleich mit einem Kopf mit Pilos im Thermenmuseum zeigt155. Aber das schärfere
Erfassen der Persönlichkeit, die 'Entmythologisierung’ ist eine Tat der Meister des
frühen vierten Jahrhunderts, an der Timotheos mit der Formung des ‘Konon-
Porträts’ bahnbrechend beteiligt war. Während der Kopf mit Pilos noch in mythische
Bereiche zu führen scheint, zeigt das eigenwillige Porträt des Kopenhagener Strate-
gen das Bild eines bestimmten Menschen vor dem Hintergrund einer krisenhaften
historischen Epoche. Sucht man jedoch in den Zügen dieses bestimmten Menschen
nach besonderen physiognomischen Kennzeichen, ergibt sich, daß der Meister die
Bindung an den Typus des ‘klassischen Menschen’ (Perikiesporträt) im Grunde
noch nicht überwunden hat, ihn jedoch ins Heroenhafte steigert156. Er schafft die
Ansätze und Voraussetzungen für die in der Folgezeit immer schärfer um die Wieder-
gabe des Persönlichkeitsgehalts bemühte Porträtkunst. Bereits bei einem Jugend-
werk — dem Euripides Farnese — konnte sich Lysipp dann berufen fühlen, die
neuen Möglichkeiten voll auszuschöpfen (vgl. Anm. 143).
149 Die Statue dürfte sich sehr wahrscheinlich auf den Seesieg bei Leukas 375 beziehen.
150 Chabrias war 390/89 Stratege. Die Ehrenstatue auf der Agora erhielt er zusammen mit einem
goldenen Kranz nach der Schlacht bei Naxos 376/75. Aeschin. c. Ctesiph. 83. Corn. Nep. Chabr. 1. 2.
Diod. Sicul. 15, 32. Die Textstellen leicht greifbar bei L. Laurenzi, Ritratti Greci 71 Nr. 314—316.
151 373/72 Stratege. Paus. 1, 24, 7, vgl. Laurenzi a. O. Nr. 317.
152 Geb. 402/01. Plut. Phoc. 38, vgl. Laurenzi a. O. 72 Nr. 324.
153 Corn. Nep. Timoth. 1, 3. Picard, Manuel III 1, 207—209 Abb. 68 r. 69.
154 Laurenzi a. O. 96 Nr. 25 Taf. 8. G. M. A. Richter, Cat. of Greek Sculpt. Metr. Mus. New York Nr.
104 Taf. 84. EA. 4735/36. 155 Jdl. 71, 1956, 20 f. Abb. 9. 10.
156 Vgl. diesen neuen heroenhaften Zug auch auf attischen Grabreliefs, z. B. dem Hippomachos-Relief.
hier Taf. 9.
 
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