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Die aus der Petersfeste geborgene, einzige vollständige Platte aus der Kentauro-
machie des Mausoleums, Brit. Mus. 1032, muß zu den zeitlich jüngsten Arbeiten an
den Friesen gerechnet werden und legt die Vermutung nahe, daß die Kentauren-
Platten erst nach den Amazonen-Friesen entstanden, also etwa gegen Ende der
fünfziger Jahre (s. auch Anm. 206). Stilistisch dieser Platte an die Seite stellen läßt
sich die Amazonen-Platte 1020, die in den Gestalten des von hinten gesehenen
speerschwingenden Kriegers und der lebhaft bewegten Amazone den Gestalten der
Kentauren-Platte am nächsten kommt. Es könnte sich in beiden Fällen um den-
selben entwerfenden Meister (Leochares ?) handeln.
Zwei Kriegertorsen aus der Kentauromachie, Brit. Mus. 1035 und 1034, scheinen
aus der Werkstatt des Timotheos zu stammen221. Zwei sehr ähnlich aufgebaute
Gestalten auf den Amazonenplatten 1006 und 1022 lassen sich zum Vergleich da-
nebenstellen222.
Die Freiplastik: Der Erhaltungszustand der Porträtstatuen der Angehörigen
der Hekatomniden-Dynastie ist kaum besser als der der dekorativen Friese. Wie
steht es hier mit dem Anteil der vier Meister ?
Der leider stark bestoßene bärtige Kopf Brit. Mus. 1055 (Taf. 21a), der von Buschor
dem Timotheos zugeteilt wurde, ist bereits bei der Behandlung des Strategenkopfes
'Pastoret’ zum Vergleich herangezogen worden (vgl. oben S. 46).
Er wurde aus einer der unterirdischen Galerien vor der Südseite des Mausoleums
geborgen223 und deshalb von K. A. Neugebauer für älter als die Mausoleumsplastik
Figur bedroht wird. Auf diese Weise gewinnen wir mindestens sechs Platten der Nordseite wieder —
die Dreieckkonstruktion auf 1009 könnte dann die Friesmitte gebildet haben, eine Vermutung, die sich
auch durch die besondere Qualität dieser Platte begründen läßt.
Der Kopf des Kriegers aus der Dreieckkonstruktion erinnert trotz seines schlechten Erhaltungszu-
standes im Aufbau so stark an den 'Apollon’-Kopf 1058 (Buschor, Maussollos Abb. 58: »West-Werkstatt
II ?«), daß man auch dieses bedeutende Werk dem Bryaxis geben muß. Diese Zuschreibung kann durch
den Vergleich mit dem Kopf des Maussollos (Brit. Mus. 1000, Buschor, Maussollos Abb. 22) erhärtet
werden: die bewegte Modellierung und besonders die Durchformung der Augenpartie sind außerordent-
lich ähnlich und unterscheiden den 'Apollon’-Kopf wesentlich von dem weiblichen Kopf mit Ringel-
löckchen, in dem wir mit Buschor ein Werk des Leochares sahen (vgl. Anm. 216). Buschor kann jedoch
die Beziehungen dieses Kopfes zu Leochares insofern richtig gedeutet haben, als nicht ausgeschlossen
erscheint, in Bryaxis einen engeren Mitarbeiter des Leochares zu sehen. Gewisse Beziehungen zwischen
den Leochares- und Bryaxis-Platten lassen sich sicher nicht leugnen, man vergleiche etwa die beiden von
rückwärts gesehenen speerschleudernden Griechen auf den Platten 1020 und 1010 oder auch die beiden
fast spiegelbildlich dargestellten berittenen Amazonen auf 1012 und 1010.
Bryaxis könnte in Athen seine künstlerische Ausbildung erfahren haben und dort unter den Einfluß
des Leochares geraten sein, um dann gemeinsam mit dem etwas älteren Meister an das Mausoleum be-
rufen zu werden. In der Überlieferung galt er seiner Herkunft nach später auch als Athener, eine Angabe,
die sich mit seinen Grundanlagen aber nicht in Übereinstimmung bringen läßt.
221 AD. II Taf. 18 A und F.
222 Den von Buschor für die Bryaxis-Werkstatt erschlossenen Fragmenten Brit. Mus. 1026 u. 1027
(Maussollos Abb. 20. 21) läßt sich das Fragment AD. II Taf. 18, 85 anschließen; man vergleiche die
stilistisch nahestehende berittene, lanzenschwingende Amazone auf 1010 (Buschor, Maussollos Abb. 25).
223 C. T. Newton - R. P. Pullan, A History of Discoveries at Halicarnassus . . . 153.
Die aus der Petersfeste geborgene, einzige vollständige Platte aus der Kentauro-
machie des Mausoleums, Brit. Mus. 1032, muß zu den zeitlich jüngsten Arbeiten an
den Friesen gerechnet werden und legt die Vermutung nahe, daß die Kentauren-
Platten erst nach den Amazonen-Friesen entstanden, also etwa gegen Ende der
fünfziger Jahre (s. auch Anm. 206). Stilistisch dieser Platte an die Seite stellen läßt
sich die Amazonen-Platte 1020, die in den Gestalten des von hinten gesehenen
speerschwingenden Kriegers und der lebhaft bewegten Amazone den Gestalten der
Kentauren-Platte am nächsten kommt. Es könnte sich in beiden Fällen um den-
selben entwerfenden Meister (Leochares ?) handeln.
Zwei Kriegertorsen aus der Kentauromachie, Brit. Mus. 1035 und 1034, scheinen
aus der Werkstatt des Timotheos zu stammen221. Zwei sehr ähnlich aufgebaute
Gestalten auf den Amazonenplatten 1006 und 1022 lassen sich zum Vergleich da-
nebenstellen222.
Die Freiplastik: Der Erhaltungszustand der Porträtstatuen der Angehörigen
der Hekatomniden-Dynastie ist kaum besser als der der dekorativen Friese. Wie
steht es hier mit dem Anteil der vier Meister ?
Der leider stark bestoßene bärtige Kopf Brit. Mus. 1055 (Taf. 21a), der von Buschor
dem Timotheos zugeteilt wurde, ist bereits bei der Behandlung des Strategenkopfes
'Pastoret’ zum Vergleich herangezogen worden (vgl. oben S. 46).
Er wurde aus einer der unterirdischen Galerien vor der Südseite des Mausoleums
geborgen223 und deshalb von K. A. Neugebauer für älter als die Mausoleumsplastik
Figur bedroht wird. Auf diese Weise gewinnen wir mindestens sechs Platten der Nordseite wieder —
die Dreieckkonstruktion auf 1009 könnte dann die Friesmitte gebildet haben, eine Vermutung, die sich
auch durch die besondere Qualität dieser Platte begründen läßt.
Der Kopf des Kriegers aus der Dreieckkonstruktion erinnert trotz seines schlechten Erhaltungszu-
standes im Aufbau so stark an den 'Apollon’-Kopf 1058 (Buschor, Maussollos Abb. 58: »West-Werkstatt
II ?«), daß man auch dieses bedeutende Werk dem Bryaxis geben muß. Diese Zuschreibung kann durch
den Vergleich mit dem Kopf des Maussollos (Brit. Mus. 1000, Buschor, Maussollos Abb. 22) erhärtet
werden: die bewegte Modellierung und besonders die Durchformung der Augenpartie sind außerordent-
lich ähnlich und unterscheiden den 'Apollon’-Kopf wesentlich von dem weiblichen Kopf mit Ringel-
löckchen, in dem wir mit Buschor ein Werk des Leochares sahen (vgl. Anm. 216). Buschor kann jedoch
die Beziehungen dieses Kopfes zu Leochares insofern richtig gedeutet haben, als nicht ausgeschlossen
erscheint, in Bryaxis einen engeren Mitarbeiter des Leochares zu sehen. Gewisse Beziehungen zwischen
den Leochares- und Bryaxis-Platten lassen sich sicher nicht leugnen, man vergleiche etwa die beiden von
rückwärts gesehenen speerschleudernden Griechen auf den Platten 1020 und 1010 oder auch die beiden
fast spiegelbildlich dargestellten berittenen Amazonen auf 1012 und 1010.
Bryaxis könnte in Athen seine künstlerische Ausbildung erfahren haben und dort unter den Einfluß
des Leochares geraten sein, um dann gemeinsam mit dem etwas älteren Meister an das Mausoleum be-
rufen zu werden. In der Überlieferung galt er seiner Herkunft nach später auch als Athener, eine Angabe,
die sich mit seinen Grundanlagen aber nicht in Übereinstimmung bringen läßt.
221 AD. II Taf. 18 A und F.
222 Den von Buschor für die Bryaxis-Werkstatt erschlossenen Fragmenten Brit. Mus. 1026 u. 1027
(Maussollos Abb. 20. 21) läßt sich das Fragment AD. II Taf. 18, 85 anschließen; man vergleiche die
stilistisch nahestehende berittene, lanzenschwingende Amazone auf 1010 (Buschor, Maussollos Abb. 25).
223 C. T. Newton - R. P. Pullan, A History of Discoveries at Halicarnassus . . . 153.