Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schmarsow, August
Grundbegriffe der Kunstwissenschaft: am Übergang vom Altertum zum Mittelalter kritisch erörtert und in systematischem Zusammenhange dargestellt — Leipzig [u.a.], 1905

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15210#0228
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XV.

LANGBAU (BASILIKA) UND ORGANISATION

Die Apsis als Zentralstelle für die Gegenwart des unsicht-
baren Gottes der Christenheit macht auch die Basilika, d. h. die
Königshalle oder den Audienzsaal des Basileus, geeignet zur Adop-
tion für den Gottesdienst der altchristlichen Gemeinde, mag diese
Eingewöhnung sich schon in der Privatbasilika der Wohnhäuser,
oder in der Herrichtung anderer Säle für den neuen Zweck heraus-
gebildet haben. Die Ähnlichkeit mit dem Saalbau der Diadochen-
paläste und ihren weiteren Abkömmlingen im Römerreich gab dem
christlichen Gotteshaus den Namen, wie der Basilica forensis, von
der man es unmittelbar herzuleiten versucht, wo es gilt, sozusagen
auf dem römischen Boden zu bleiben.1) Ein überdachter Hofraum
war die Königshalle in der alexandrinischen Welt gewiß ursprünglich
ebenso, wie die Markthalle mit angehängtem Richtertribunal es
war und bleiben durfte. Das gemeinsame Merkmal aller drei Hallen-
formen ist jedoch im Grunde nur der entscheidende, nicht variable
Bestandteil mit dem Träger der Dominante an der Zentralstelle,
nämlich die Tribuna oder Apsis, nicht der Sammelraum, an den
sie sich anschließt, der sich aber seinerseits nach der besonderen
Aufgabe verändern mag. Bei der Markthalle ist es gleichgültig,
welche von beiden Richtungsachsen durch ihre Länge das Uber-
gewicht bekommt: der Verkehr der Leute und die Verteilung der
wechselnden Gruppen steht in keiner dauernden Beziehung zum
Richterstuhl, der an einer Langseite ebenso gut wie an einer Quer-
seite angesetzt werden kann. Die Markthalle selbst kann alle übrigen
Seiten dem freien Zutritt offen halten, die geschlossene selbst ihre
Eingänge überall anbringen; denn sie ist nur ein überdachter Platz

i) Vgl. neuerdings AI. Riegl, Zur Entstehung der altchristlichen Basilika im
Jahrb. d. K. K. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale. Bd. L
Wien 1903. S. 195 ff.
 
Annotationen