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Schmarsow, August
Grundbegriffe der Kunstwissenschaft: am Übergang vom Altertum zum Mittelalter kritisch erörtert und in systematischem Zusammenhange dargestellt — Leipzig [u.a.], 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15210#0311
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XX.

DIE AUFLÖSUNG DES PLASTISCHEN RELIEFSTILS
FLACH-, HOCH-, TIEFRELIEF - HINTERGRUND — RELIEFBILDER —
HELLDUNKELREIZE - RELIEFKOMPOSITION - BILDKOMPOSITION —
SYSTEMATISCHES SCHEMA

Allmählich erst entwindet sich die Malerei — das haben die
wenigen Stichproben aus ihrer Geschichte im Altertum gezeigt —
als eigene Kunst aus der Flächendekoration auf der einen und
mimischem oder poetischem Bestreben auf der anderen Seite. Mit
dem Sehfeld, auf der Grenze zwischen unserer Tastregion und der
fernen Außenwelt, war freilich der Wirkungskreis für sie gefunden.
Sie breitet die Körper und ihren Raum, wie sie dort erscheinen,
im Nebeneinander auf die Fläche, verfolgt also die zweite Dimen-
sion als die bevorzugte Ausdehnung, auf die sie besonders ange-
wiesen ist, und sucht in solcher Zusammenfassung zweier Werte,
d. h. der Gestalten und der Zwischenräume, die neue Aufgabe, die
sie von den Schwesterkünsten, der Architektur als Raumgestalterin
und der Plastik als Körperbildnerin, unterscheidet. Kein Wunder
jedoch, wenn auch bei ihr anfangs die Figuren, sowohl als mensch-
lich interessante Dinge wie als tastbare Körper, noch fast allein
die positiven Werte, die Raumteile dazwischen nur negative Inter-
valle bedeuten, oder doch wie Hebungen und Senkungen einander
gegenüberstehen. Die Erfassung des Zusammenhanges, auf den es
ihr eigentlich ankommt, je mehr sie sich auf ihr selbständiges
Wesen besinnt, wird zunächst nur möglich, indem sie auf einen
Teil der vollen Wirklichkeit beider Faktoren verzichtet, nämlich
auf die dritte Dimension. Ein zweidimensionaler Auszug aus
Körpern und Raum ist das Ergebnis ihrer Tätigkeit, das Bild, so-
weit wir es im Altertum verfolgt haben. Die Fläche selbst ist die
Einheit, in der Körperschein und Raumschein zum Bilde zusammen-
gehen. Und auf diese Einheit hat es die Malerei immer abgesehen,
seitdem ihr spezifisches Kunstwollen bewußt wird, mag auch noch
 
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