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7 Problematik einer stilkritischen Händescheidung und Datierung
Riemenschneiderscher Bildwerke
7.1 Die Stileinheit in Riemenschneiders CEuvre am Beispiel
der Madonnen-Bildwerke
Die wichtigste Methode des Kunsthistorikers, um ungesicherte Bildwerke datieren, einem
Künstler oder einer Werkstatt zuschreiben und Hände innerhalb einer Werkgruppe scheiden zu
können, ist die Stilkritik. Diese für den Kunsthistoriker unentbehrliche Methode wird einer-
seits in bezug auf das sehr umfangreiche Riemenschneideroeuvre angewendet,721 um neben den
Wenigen datierten und gesicherten auch die Vielzahl der zugeschriebenen Bildwerke ordnen zu
können. Andererseits wird aber immer wieder der sehr einheitliche und auch für die Region
Prägende Werkstattstil Riemenschneiders und seine eklektizisitische Arbeitsweise hervorge-
k°ben, so daß Kalden im Vorfeld ihrer „stilkritischen Untersuchung“ und Händescheidung
konstatieren muß. daß die „Kriterien [fehlen], die eine solche Differenzierung ermöglichen
könnten“.722 Folgerichtig kann sie nur Qualitätsunterschiede feststellen, die aber keine stilkriti-
schen Argumente sind, weil ihre Kriterien nicht auf einer Formanalyse an den zu betrachten-
den Bildwerken beruhen, sondern auf Kriterien, die der Kunsthistoriker, wenn auch in vielen
Fällen sinnvoll, so doch subjektiv bestimmen muß. Eingedenk dieser Problematik erscheint es
^gebracht, einmal grundsätzlich zu prüfen, inwieweit die formanalytisch-stilkritische Metho-
de überhaupt und hinsichtlich welcher Fragstellung sie im Riemenschneideroeuvre sinnvoll
ar|gewendet werden kann. Die diesem Kapitel zugrundeliegende These besagt, daß verschie-
denste Bildwerke, wie z. B. auch der Creglinger Marienaltar, zwar Riemenschneider und sei-
ner Werkstatt aufgrund stilistischer Argumente sicher zugeschrieben werden können, eine stil-
^'lische Händescheidung oder Datierung dieser Bildwerke aber grundsätzlich scheitern
müssen.723
Der Nachweis dieser These bedarf aber einiger theoretischer Vorbemerkungen. Es gehört
Zur Notwendigkeit einer jeden Wissenschaft, die Bedingungen und Voraussetzungen ihrer Me-
thoden zu reflektieren, welche überhaupt erst die Anwendung spezifischer Methoden oder An-
^ätze in bezug auf ihre Fragen legitimieren. An dieser Stelle soll keine allgemeine theoretische
Auseinandersetzung mit der Stilkritik als historische Methode und ihrer Entwicklung innerhalb
721
’s 81. u. a. Bier 1975; Ausstellungskatalog Berlin 1981; Katalog Würzburg 1982; Ruppert 1992.
k,'Lden 1990, S. 102. - Vgl auch Bier 1978, S. X; Ausstellungskatalog Würzburg 1982, S. 12; Baxandall 1985,
723 s- 28.
Nit dieser These wurde eine Diskussion in der Forschung angestoßen, die allen voran von Chapuis im
^OSstellungskatalog Washington 1999 kritisch geführt wurde, ohne daß er aber eine zufriedenstellende Antwort
8eben konnte. Vgl. dazu auch Simon (Hl. Barbara) 2000 und Simon (Riemenschneiderforschung) 2000.
 
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